Donald Fagen – Sunken Condos
Dies ist der letzte Versuch. Bereits seit Tagen versuche ich meine Gedanken zu dem neuen Donald Fagen Sunken Condos zu notieren.
Was das Steely Dan Universum für mich bedeutet, hatte ich bereits einige Male versucht darzustellen. Wenn Sie mögen, lesen Sie diese etwas älteren Beiträge:
http://www.lomax-deckard.de/article-30276315.html
http://www.lomax-deckard.de/article-30056619.html
http://www.lomax-deckard.de/article-31241308.html
Eigentlich sollte daraus eine eigene Kategorie entstehen. Denn von allen Bands die es jemals gab und gibt, ist es die Band aus L.A. die ich am häufigsten höre und deren gesamtes Werk mir am wichtigsten ist.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele davon anstrengend und nur unter tausenden von Worten inkl. unerträglicher Nebensätze zu erklären. Andere Gründe sind einfach und mit einem Wort zu beschreiben.
Im Prinzip ist es aber auch bedeutungslos für andere Menschen, da es bei dieser besonderen Liebe zu einer Band nur den Peter Hein Satz „nichts erreicht meine Welt“ gibt. Alle anderen Menschen die das gerade lesen und ebenfalls so eine Lieblingsband haben, werden das nachvollziehen können.
Und vielleicht ist es gut, dass es „die nichts erreicht meine Welt Band“ gibt und jeder sie hat, aus welchen erklär- und unerklärbaren Gründen auch immer.
Im Falle des neuen Fagen Albums fällt es mir schwer eine normale Besprechung zu schreiben. Soll man wiedermal den unglaublichen Perfektionismus der Kompositionen erwähnen, sich über die unglaublichen Metaphern der Text auslassen oder, über die außerordentlichen Melodik bewundernd referieren?
Ja, man sollte! Man sollte aber auch jeden Tag eine gute Tat vollbringen und seine Hände nach dem Toilettengang waschen. Macht auch nicht jeder!
Ich bin außerdem der Meinung das es einige Fallstricke gibt, wenn man nicht alle möglichen Variablen bedenkt. So könnte man z. B. angehende Steely Dan, Walter Becker oder eben Donald Fagen Fans für alle Ewigkeit vergraulen. Mögliche greisenhafte Arrangements (die eben nicht so gemeint sind), vorhandene Altmännerträume (die durchaus so direkt interpretiert werden können, aber aufgrund textlichen Vorwissen eine andere Bedeutung haben) und antiquarische Solis (die so Meisterhaft sind, dass ungeübte Ohren bereits nach dem dritten Mal ranzigen Vergleiche zu ihrer örtlichen Bluesrockband ziehen) könnten ewig falsch interpretiert werden.
Sunken Condos ist ein Alterswerk, welches ohne bio- und diskographisches Vorwissen nicht funktioniert und wahrscheinlich fürchterlich wirkt.
Man sagt populärer Musik ja immer eine gewisse Oberflächlichkeit nach. Aber das Jahr 2012 beweist, dass es immer schwieriger wird, Freude an Schallplatten oder CDs eines Künstlers zu haben, wenn man das Lebenswerk nicht kennt. An Musiker und Bands wie Leonard Cohen (Old Ideas), Mouse On Mars (Parastrophics), Tindersticks (The Something Rain) und The Shins (Port Of Morrow) [sic.!] die 2012 neue Werke an den Start gebracht haben werden sich Beginner die Zähne ausbeißen.
Popmusik war immer schon referenzierend und hat sich immer selbstzitiert. In der bildenden Kunst und in der Literatur ist das nicht anders. Oder? …liebe Germanisten! Würden Sie zuerst „Der Kübelreiter“ empfehlen, wenn Sie Ihren Schülern Franz Kafkas Werk anraten.
Es ist mir halt wichtig, daher schreibe ich das hier etwas neunmal klug. Wenn Sie sich für Donald Fagen Musik interessieren möchten, fangen Sie bitte so an:
Kaufen Sie sich zuerst die beiden Studienalben „Can’t Buy A Thrill“ (1972) und Aja (1977). Hören Sie sich „Do It Again“ und „Black Cow“, dann „Aja“ an. Am besten auf Vinyl, bei maximal möglicher Lautstärke. Finden Sie Gefallen, machen Sie keine Experimente, sondern kaufen Sie sich direkt „Prezel Logic“ und hören Sie diese Platte von 1974 direkt durch. Machen Sie dann eine Pause. Gehen Sie noch einmal genauso vor. Lesen Sie parallel die Texte mit und machen sich dann frei von allen Anweisungen.
Wenn Sie dann euphorisch sind! Kaufen Sie sich eine gute Flasche schottischen Malt und sehen sich den Dokumentarfilm „Aja“ von 2003 und dann als Höhepunkt den Konzertfilm „Two Against Nature (PBS-Show) an. Aber bitte nur auf einem Fernseher mit sehr gutem Klang. Es macht sonst absolut keinen Sinn!
Danach fahren Sie am besten in die USA in den Urlaub. Nehmen Sie sich eine Steely Dan CD auf. Leihen Sie sich ein Cabrio, fahren sie eine Straße am Pazifik ab. Kaufe Sie dann erst die restlichen Studioalben, dann die Kompilationen.
Bitte beschäftigen Sie sich mit den Texten, achten Sie dann nochmal genau auf den Produktionsstil. Lachen Sie dann erst auf Youtube bei Interviews mit Becker und Fagen und schütteln ungläubig den Kopf, wegen so viel verdrossenem Intellekt.
Fangen Sie dann mit der Donald Fagen Diskografie an. Bitte legen Sie zu erst feierlich "I.G.Y." auf. Falls Sie nicht rauchen, fangen Sie jetzt bitte damit an! Hören Sie zum Schluss Sunken Condos und treten Sie ein: In die wundervolle Welt dieser einzigartigen Band und dieser wirklich unvergleichlichen Künstler. Aber lassen Sie die Finger von Walter Beckers Soloplatten!
Es könnte so laufen! Freuen würde ich mich, über ein paar Vorschläge zu alternativen Vorgehensweisen und die „nichts-erreicht-meine-Welt-Platten“ unserer Leser!
Unterwegs!
Alan Lomax