Alles muss raus - Dan Rush

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  22. Januar 2012, 11:08  -  #Filme

alles-muss-raus-4.jpg

Stellen Sie sich vor Sie verlieren morgen Ihren Job, Sie sind Alkoholiker, Ihre Frau reicht die Scheidung ein, es ist Winter, sie leben in Mitteldeutschland! Wohin ist wohl die erste Frage? Nick Halsey passiert dies alles in wenigen Stunden. Aber er lebt in Arizona. Durchschnittliche 28 Grad, das ganze Jahre. Nachts nicht weniger als 20 Grad, wundervolle Sonnenuntergänge, ebenso schöne Aufgänge. Warum also nicht in den Vorgarten ziehen? Das private Zeug inkl. Fernsehsessel, Schallplatten und Minikühlschrank hat ihre Ex-Frau sowieso bereits dort hingestellt. WC kein Problem: Der Koi-Karpfenteich im hinteren Bereich des Gartens...

Nick Halsey wird gespielt von dem wohl derzeit anarchistischsten und besten Komiker der USA: Will Ferrell und somit auch der Welt! Nach dem grandiosen Streifen "Stranger Than Fiction" (2006) http://www.lomax-deckard.de/article-29891650.html habe ich mir gedacht, dass man Ferrell eigentlich immer eine Chance geben sollte. Also auch den Filmen die gänzlich unbekannt sind und sogar in den Videotheken ein verstaubtes Dasein hinnehmen. Und es hat sich gelohnt.

Ferell bestätigt in diesem Streifen etwas, was er all* seinen Kollegen voraus hat. Er kann sich bei seiner Rollenanlage zurücknehmen, gleichzeitig merkt der Zuschauer aber, was für eine ungemeine Aggression und Wut in ihm schlummert. Ferell/Halsey ist eine tickende Zeitbombe. Ferrell ist ein extrem körperlicher Schauspieler. Komiker von heute müssen dieses Attribut haben. Vielleicht sind Adam Sandler und Ben Stiller noch mit einem ähnlichen Gen ausgestattet, sonst aber wohl kaum noch jemand. Hätte z. B. Michael Douglas dieses Gen, dann wäre sein Film "Falling Down" nicht nur ein sehr guter Film sondern ein Klassiker.

"Alles muss raus" ist eine geklonte Mischung aus eben diesem Film, "Gran Torino" (Eastwood) und "About Schmid" von Alexander Payne, dessen neuen Film "The Descendants" ich mit sehr großer Vorfreude erwarte.

Nick Halsey hat sich aufgegeben, er beobachtet seine Nachbarn, baut einen enormen Zivilisationshass auf und ist kurz davor durchzudrehen. Aber es gibt ein paar Menschen die ihn retten, die uneigennützig sind und tja, menschlich. Diese Tatsache des Drehbuchs ist eine Entscheidung des Drehbuchautors und Regisseurs. Man kann daher auch den Plot, der leider etwas beliebig ist und den Film den vierten und fünften Stern nimmt, nicht vorwerfen! Es ist eine aber eine Entscheidung für Will Ferrell, dessen unausgelebte Wut damit noch mehr unterstrichen wird und es ist eine Entscheidung für den Mainstream.

Trotzdem lohnt es sich diesen Film anzusehen. Er nimmt sich Zeit für seine Charaktere, ist gemässigt fast kammerspielartig inszeniert und begeistert durch Einfühlungsvermögen. Eine kleine Perle!

Würde es noch Regisseure wie Stanley Kramer, Robert Aldrich oder John Sturges geben, sie würden eine Heerschar von Autoren an ein Script für Ferrell setzen und ihn zum größten Schauspieler auf diesem Planeten machen. So bleibt ihm nichts anderes übrig, als ab und zu zu brillieren und zu hoffen, dass es Menschen wie mich gibt den das auffällt.

Alan Lomax



Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: