ROBERT GLASPER EXPERIMENT - BLACK RADIO

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  19. April 2012, 20:14  -  #Jazz

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Tauchen Sie ein in das Universum eines Robert Glasper

Es gibt unendlich viel zu bestaunen, entdecken und zu bewundern. Black Radio ist ein Album geworden, das schwer in Worte zu fassen ist. Wirklich, glauben Sie mir! Diese Musik muss man hören.

Die Platte ist so unendlich komplex, dass man die Absicht dahinter beim ersten Hören gar nicht nachvollziehen kann. Es ist ein Hochgenuss, auf der mentalen und emotionalen Ebene. Der Kopf versteht gar nicht, wohin man sich beim Hören begeben soll, der übrige Teil des Körpers wippt, swingt und freut sich an der lockeren und zwanglosen Atmosphäre, die durch die Musik verströmt wird.

Black Radio erfreut sich bei mir einer Heavy Rotation und seit dem ersten Mal lässt es mich nicht mehr los. Woran das liegt? Mit welchem Superlativ soll ich anfangen? Ganz ehrlich: Die Platte enthält alles was Spaß macht und das in einem erlesenen Potpourri, sowohl musikalisch-stilistisch betrachtet als auch die Interpreten betreffend. Es ist eine Melange aus Jazz, HiP-HoP und R&B, enthält eine Prise PoP und Noten von Avantgarde. 

Die Musiker, die hier auftreten sind u.a. Mos Def (yasiin bey), Erykah Badu, Meshell Ndegeocello, Ledisi und Bilal. Nicht, dass Glasper diese Ladies & Gentlemen bitten musste, es sind alles seine Freunde! Auch Hindi Zahra.

http://www.bluenote.com/

Das erste Mal, dass ich Mr. Glasper für mich entdeckte war 2007 mit dem Titel F.T.B. auf dem Album 'In My Element'. Bereits damals empfand ich seine Vorgehensweise und sein Spiel beeindruckend. Interessanterweise schliessen sich mit diesem Album auch Kreise, die vor Jahren begannen: Erykah Badu gehört zu meinen Favoriten seit dem grandiosen 'Baduizm' und 'Erykah Badu Live', Lupe Fiasco imponierte mir mit dem Titel 'Daydreamin' zusammen mit Jill Scott, Mos Def ist sowieso Legende seit 'UMI Says' (wer die LP oder EP mit diesem Titel in die Hände bekommt SOFORT zugreifen!).

Dass ich diese Musiker zusammen mit einem Jazzpianisten zusammen im Jahr 2012 wieder hören würde ... . Cool!

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http://robertglasper.com/

Ich muss nochmals auf den Titel des Albums zurückkommen, denn darin steckt eigentlich die Kernaussage: Robert Glasper Experiment. Letzteres kann eine Untersuchung mit bestimmten Methoden zur Gewinnung von Informationen sein. Ist es in diesem Fall aber nicht. Robert Glasper mixt Genres, führt dadurch bestimmte Situationen herbei und lässt sich überraschen - so wie wir das auch tun sollten!

Mir gefällt dieses Album sehr, weil es nicht zurück, sondern in die Zukunft blickt. Es ist innovativ und wie die meisten Dinge die neu sind, braucht es Zeit, damit es sich erklärt. Gerade beim Jazz ist das eine wichtige Erkenntnis wie ich finde, denn stets wird dem Vergangenen gehuldigt, ohne zu sehen was das Jetzt bietet.

Angelika Beener aus den Liner Notes:

"Additionaly, it is a statement that while the overabundance of mediocrity surrounds our present, the solution is not to keep reaching behind us for autheticty. Retrospection should influence, but cannot be the sole definer of legitimacy. Modernism is now! We stand on the shoulders of our predecessors, but fly with our own wings. (...)."

Eine mutige, aber auch wahrhaftige Aussage wie ich finde und sie trifft den musikalischen Kern des Albums. Black Radio ist Fusion im besten Sinne, aber nicht im Verständnis der Jazz-Historie, sondern den Möglichkeiten der Moderne. Wer bei den einzelnen Titeln genau hinhört, der wird erkennen, wie fein musikalisch es ausgearbeitet ist. Glasper ist hierbei ein wahrer Gentleman, der sich selbst und mit seiner Formation dezent im Hintergrund hält. Jazz ist auf dem Album keineswegs bestimmend, sondern das Gitter, durch das R&B, Hip-HoP und der Soul zusammengehalten werden.

Why Do We Try ist hierfür ein perfektes Beispiel. Was für ein Drumming! Oder der Rap von yasiin bay aka Mos Def auf dem titelgebenden Track. Elektronische Verzerrungen, ein progressiver Flow und dazu Glaspers Spiel auf dem Piano! Immer wieder ändert sich der Rhythmus, der Takt. Kein Stillstand, nach einer Pause wird der Song sogar durch ein Pfeifen zu Ende gebracht ... . Das schöne Fever mit Hindi Zahra! Es ist unfair einzelne Titel hervorzuheben.

Das Album macht der Bezeichnung Black Radio alle Ehre und diese Umschreibung hat mir ausserordentlich gut gefallen. Würde doch nur solche Musik im Radio gespielt werden! Aber von so etwas sind hiesige Sender Lichtjahre entfernt.

Black Radio mit dem Robert Glasper Experiment ist definitiv eines der interessantesten, spannendsten und entdeckungswürdigsten Alben des Jahres 2012!

Rick Deckard

 

 

 

Bildquelle/ Copyright: Robert Glasper/ Blue Note Records
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