How To Kiss - Susanne Alt
Wenn man Menschen fragen würde, welches Instrument sie zu aller Erst mit dem Jazz in Verbindung brächten, würde die Mehrheit wahrscheinlich das Saxophon benennen. Es ist vielleicht das Instrument des Jazz schlechthin. Im Jahr 1846 liess es sich Adolphe Sax in Belgien patentieren. Zunächst wurde es in der sinfonischen Musik eingesetzt, erst Ende der 20'er Jahre des letzten Jahrhunderts trat es seinen Siegeszug im Jazz an. Von den sieben Saxophonarten die es gibt, werden das Alt und das Tenor am häufigsten gespielt. So auch von Frau Alt, die ersteres bevorzugt.
Jedes Instrument, egal ob nun Saxophon oder ein beliebiges anderes, hat eine bestimmte Klangfarbe, ein Timbre und jeder Jazzmusiker wird dieses eine Instrument, welches er oder sie spielt, auf eine ganz bestimmte Art und Weise spielen. Menschen, die Jazz häufiger hören, könnten ihnen genau sagen, ob gerade Charlie Parker oder John Coltrane zu hören ist, ob Candy Dulfer oder Susanne Alt.
Susanne Alt hat mit ihrer Band ein neues Album veröffentlicht und es mit 'How To Kiss' betitelt. Es spielen neben ihr:
Thijs Cuppen - Fender Rhodes und Hammond Orgel
Eran Har Even - Gitarre
Sven Schuster - Double Bass
Philippe Lemm - Schlagzeug
Als Gastmusiker treten auf Loey van der Lee (Trompete), Jos de Haas (Percussions) und Thijs van Leer (Hammond Orgel)
Wenn man 'How To Kiss' hört, wird die Marschrichtung gleich zu Beginn bekannt gegeben. Der Groove und Funk bilden das musikalische Fundament auf dem gejammt und improvisiert wird. Mir gefällt der Klang des Alt'schen Saxophons: er ist bestimmend in der Aussage, aber zeitgleich auch offen für Inspirationen und Freiräume. Sie spielt das Instrument mit einem weichen Klang, versehen mit einer wohl dosierten Prise Rauheit hier und dort. Ihre Soli sind nachvollziehbar, trotz des manchmal hohen Tempos. In den langsameren Stücken ist der Klang schmeichelnd, eine Schüchternheit im Ton wird geschickt (und bewusst) überdeckt. Aber das sind nur meine Assoziationen und die müssen nicht stimmen. Finden Sie es selbst heraus, es lohnt sich, denn 'How To Kiss' ist ein grossartiges Album geworden!
Es beginnt mit dem Titel gebenden Track How to Kiss. Die Hauptverantwortung beim Jazz für den Groove hat die Rhythmusgruppe und diese wird von Lemm, Cuppen und Schuster fast beiläufig übernommen. Alt spielt ihr Solo mit einer überzeugenden Leichtigkeit. Die Trompete spinnt die Idee fort. B. Jammin tut das was im Titel steht. Der Track geht in die Beine. Bei Scotheny wird einem langsam das oben erwähnte Timbre von Alt's Saxophon bewusst. Lateinamerikanische Rhythmen sorgen für Stimmung und Abwechslung. Ein Track bei dem man zudem sehr schön heraushören kann, dass das Tasteninstrument dezent im Hintergrund spielt und doch für die Wirkung des Stückes maßgeblich ist.
Hört man die ersten 2 Noten und die ersten Takte von Cold Sweat, so kommt einem sofort ein berühmtes Jazz Album in den Sinn. Das Stück verströmt eine fröhliche Aufbruchstimmung (schnelle Musik!). Wir hören Soli auf der Trompete und dem Hammond L100, sowie fetzige Bläser Riffs und Susanne Alt ist bei alldem eine souveräne Leaderin. Snokie fällt durch seinen rockigen Charakter etwas aus dem Rahmen, ist aber nicht minder interessant. Nach einem harten Gitarren-Solo schält sich das Saxophon in den Vordergrund und erst gegen Ende dominiert wieder der Funk.
Der Klassiker What's Going On wird sehr unbeschwert dargeboten mit lockerem Groove. Der Klang des Saxophons ist sehr geschmeidig aber nie schwülstig und Alt spielt es so, als würde sie den Refrain singen. Grossartig! Hier wird die Nähe des Instruments zur menschlichen Stimme deutlich. Das Fender Rhodes klingt einfach nur wunderbar in diesem Stück. Willow Weep For Me ist eine klassische Ballade mit einem herrlichen Fender Rhodes Intro. Susanne Alt erzählt uns eine Geschichte. Einer der besten Tracks des Albums!
Bei Brothers And Sisters ist der Rhythmus tonangebend, lateinamerikanisch-kubanische Klänge sorgen für exotisches Flair mit einem ausufernden Solo des Tasteninstrumentes. Der Anfang des nun folgenden Stückes, African Dream, ist spannend, fesselnd und musikalisch sehr interessant: geübte, aber auch ungeübte Hörer, werden in den ersten Sekunden heraushören, auch ohne dass der Titel bekannt wäre, auf welchen Kontinent hier verwiesen wird. Durch die Verwendung bestimmter Rhythmusfiguren (später werden die Polyrhythmen eindeutig hörbar) und der Elektronik klingt das Saxophon gerade zu Beginn futuristisch, erst später setzte der bekannte Groove ein und es wird wieder "gängiger".
No Rules klingt genauso wie der Titel es sagt. Ein musikalischer Hybrid an die Bebop Ära erinnernd (durch den Walking Bass) mit Elementen des Fusion-Jazz der 70'er Jahre. Alt spielt dazu ein energisch-muskulöses Solo. Frida's Birds erinnert durch den Wechsel vom Rhodes auf das Hammond an 'From Left To Right' von Bill Evans. Auch dieser Track verströmt cubanisch-lateinamerikanisches Flair.
Auf Just A Little Lovin' singt Frau Alt das erste Mal auf diesem Album und sorgt somit für einen charmanten Abschluss eines gelungenen, packenden und unterhaltsamen Albums.
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Viele Videos zu sehen gibt es hier:
http://www.youtube.com/venustunes
Enjoy the music!
Rick Deckard
Bildquelle/ Copyright: O-Tone Music, Susanne Alt