Gaby Moreno - Illustrated Songs

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  19. April 2012, 19:53  -  #Populäre Musik

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Was für eine stark bildhafte Wirkung Musik als abstrakte Kunst entwickeln kann, beweist Illustrated Songs von Gaby Moreno. In etwas mehr als 40 min tritt der Hörer eine Reise voller Bilder und Assoziationen an. Moreno bzw. ihre Songs lassen einem keine Wahl, so sehr nehmen sie Einfluss auf unsere Gedankenwelt. Wer wissen will, in welcher Ära oder anders gesagt in welcher Zeit wir uns befinden, der braucht sich nur das Cover genauer anzusehen.

Doch klingen die Songs nicht angestaubt oder altmodisch, sondern rufen lediglich eine Erinnerung wach an Zeiten, die wir so nur aus Film und Fernsehen kennen, aber nie selbst erlebt haben.

Was nach den 12 Songs haften bliebt, ist die wunderschöne Stimme. Mal verführerisch-sirenenhaft, mal ruchlos-schmutzig, ein anderes Mal kratzig mit Power und grosser Nachhaltigkeit. Hier und dort kamen mir Gedanken an Isobel Campbell.

Bereits der erste Titel Intento verströmt nostalgische Atmosphäre. Eine Stimme singt zu uns und suggeriert dabei eine Nähe zum Volk. Geerdet, reich an Lebenserfahrung. Der Song selbst mit seinen Harmonien und seinem Arrangement erinnert ein wenig an Rufus Wainwright ohne Pomp. Mess A Good Thing mit seinen Twang-Gitarren und Bläsern verleitet zu sinnlich-ruchlosen Gedanken. Man steht irgendwo in einer Bar und lauscht in der Ecke stehend dem Gesang. Y Tu Sombra beginnt mit einer akustischen Gitarre und beeindruckt mit einer betörenden Stimme. Ein Song mit herrlichen Akkorden und Harmonien und einem beruhigendem Charakter. Das sind doch Südsee-Klänge! Ein schönes Song-Kleinod.

Garrick eröffnet mit Klarinette und Gitarre. Spätestens jetzt hat uns Moreno mit ihrem Timbre voll im Griff. Das Lied verströmt Schunkelstimmung zum mitsingen. Die Stimme verrät ein gewisses Wehklagen und Bedauern ohne Melancholie. 

Bereits innerhalb der ersten 4 Titel wird einem bewusst, dass Gaby Moreno mit keinem Song stehen bleibt, die Reise geht weiter. Mit Mean Old Circus werden die Bilder im Kopf vielfältig. Ein Akkordeon spielt, wir hören ein Glockenspiel. Tempo- und Rhythmuswechsel sorgen für Stimmung. Einerseits erinnert der Song fragmentarisch an die Schlager der 70'er Jahre, dann wieder an Revue-Nummern der 40'er Jahre. Oder ist das ein Jukebox-Hit?

Interludio.

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Fin: wir sind definitiv im Pazifischen Ozean angekommen. Wer anderes hier heraushören will oder mag ist ein Alien. Ave Que Amigra fängt bescheiden an und hat PoP Qualitäten. Plötzlich wird es rockig. Sing Me Life besticht durch kurze, knackige Gitarren-Akkorde unterstützt durch Bläser. Ist das nicht Soul? Lejos führt uns wieder in ruhigere Gefilde, ein Besen streichelt das Schlagzeug.

No Regrets ist Bossa Nova pur.

Das Album endet mit Daydream By Design. Abschiedsstimmung macht sich breit. Der Song erinnert mit seiner Pianobegleitung und Melodie, sowie die Art zu singen an die 20'er oder 30'er Jahre.

Die Reise ist zu Ende. Eine schöne Reise.

Gaby Moreno stammt aus Guatemala. Ihre Liebe zur Musik und im Speziellen zum Blues wurde als Teenager geweckt, im Rahmen eines Aufenthaltes in den USA, New York. Trotzdem der Hang zum Singen bereits seit frühester Kindheit vorhanden war, so wurde doch erst in diesem Alter, bei dieser Reise die Leidenschaft voll entfacht.

Illustrated Songs wurde binnen weniger Tage aufgenommen. Unterstützt wurde Gaby Moreno u.a. von Patrick Warren (Piano), Larry Goldings (Hammond Orgel), Bob Mintzer (Saxophon) und Greg Leisz (Slide-Gitarre). Die Streicher- und Bläsersätze wurden arrangiert von Paul Bryan.

Nostalgikern wie gefühlsbetonten Menschen sei dieses Album ans Herz gelegt, aber auch denjenigen die wissen wollen, was für schöne Musik es abseits der Charts zu entdecken gibt.

Aus dem Kopfkino,

Rick Deckard

 

http://www.gaby-moreno.com/

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