Der Mann aus dem Westen - Anthony Mann

von Rick Deckard  -  7. Januar 2013, 18:14  -  #Filme

Man Of The West

Es ist faszinierend zu sehen, mit welcher Ökonomie Regisseur Mann diesen Western im Jahr 1958 drehte. Präzise, ohne Schnörkel erzählt er die Geschichte, ohne sich an Nebenhandlungen aufzuhalten. Diese Einfachheit und zugleich Bestimmtheit ist es, die diesen Western auszeichnen. Im Vergleich zu heutigen Zeiten, in denen Filme immer länger und aufwendiger werden, zeigte Mann in den 50er Jahren wie man eine Handlung in etwas über 95 min so präsentieren kann, dass Zeit relativ wird.

Ein Mann aus dem Westen kommt in eine Stadt geritten um einen Zug zu besteigen. Im Gepäck hat er Geld, welches er und die Bewohner seines Ortes gesammelt haben, mit dem eine Lehrerin für die ansässige Schule angeheuert werden soll. Wie es kommt, wird just dieser Zug überfallen, der Mann beraubt und ohne sein Willen mit der Vergangenheit konfrontiert.

Dieser Mann wird dargestellt von Gary Cooper, nicht nur dem damaligen Superstar des amerikanischen Kinos, sondern einem im Allgemeinen sehr versierten Darsteller, gerade in Western. Schauspieler dieses Formats waren und sind Helden für alle Zeiten, v.a. geschuldet ihrer Leinwandpräsenz, ein Begriff, der sich nur schwer umschreiben lässt. Mit der ihm bekannten sparsamen Gestik und den langsamen Bewegungen porträtiert er auch diesen Charakter. Keine Geste zu viel, keine übertriebene Körpersprache. Es war eine grosse Freude diesen Schauspieler wieder zu sehen, in dessen Filmografie sich Klassiker wie 'High Noon' oder auch der legendäre Western 'Vera Cruz' von Robert Aldrich einreihen.

Anthony Manns Regieleistung ist beachtlich. Schritt für Schritt baut er eine Spannung auf, die sich mitunter in einer Szene, mit der für die damalige Zeit bemerkenswert harter und eruptiver Gewalt entlädt und die weiter im Showdown nicht einfach verpufft. Zusätzlich zu der Regieleistung anzumerken sind der beachtliche psychologische Unterton in der Handlung und die z.T. wie in einem Theaterstück bzw. wie in einem Kammerspiel angelegten Szenen. Wie in jedem Film von Mann spielt die Landschaft eine bedeutende Rolle. Ist die Umgebung zu Beginn grün und von fast unheimlicher Stille, Gleichmässigkeit und Ruhe geprägt, so wird sie gegen Ende immer rauer und unzugänglicher.

Coopers Gegenspieler ist Lee J. Cobb, der den Banditen und Bösewicht mit unterschwelliger Maliziosität darstellt. Viele spannungsgeladene Momente beziehen in dem Film ihren Reiz aus dieser Gegenüberstellung, gerade, weil Coopers Vergangenheit im Film nicht blütenweiß ist. An der Seite von Gary Cooper und Cobb spielt Julie London, die zu der Zeit viele LPs mit Songs aus dem Great American Songbook herausbrachte.

'Der Mann aus dem Westen' wurde zu seiner Zeit erstaunlicher Weise von der Kritik wenig beachtet und bekam erst nach und nach den Status eines Klassikers. Die Regisseure der Nouvelle Vague, allen voran Godard, verhalfen ihm gerade in Europa zu Ruhm.

Filme dieser Art und Güteklasse waren es übrigens, warum Jungs früher 'Cowboy & Indianer' spielten, heute tut man das an der Konsole.

Grossartiger Western!

Rick Deckard

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