Ein Blumenladen in Watertown

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  14. Juli 2009, 15:51  -  #Kommunikation

1946 kam eine Frau mit armenischen Wurzeln in Ellis Island, New York an. Allein der Anblick der Freiheitsstatue muss Ihr die Traenen in die Augen getrieben haben. Reisen war damals nicht so einfach wie heute und trotz der Industrialisierung erschwerlich. Was fuer Hoffnungen muss diese junge Frau in sich getragen haben, was mag wohl in Ihr vorgegangen sein? Wer jemals einmal auf Ellis Island und in der Naehe der Statue of Liberty war wird diese Gedanken verstehen koennen.

Alle Aus-, bzw. Einwanderer wurden hier zunaechst katalogisiert, untersucht und mit Papieren ausgestattet und es wurde Ihnen dann nach bestimmten Kriterien die Einreise erlaubt. So muss es dieser Frau damals auch ergangen sein. Mit nur minimalem Kapital ausgestattet und grossen Erwartungen zog es Sie dann weiter nach Boston mit Ihrer Tochter. In Watertown einem Vorort von Boston liess Sie sich nieder und eroeffnete auf kleiner Flaeche einen Blumenladen, der langsam im wahrsten Sinne des Wortes florierte.

Nach und nach konnte Sie sich erweitern und vergroessern und hatte eine gute Grundlage fuer die Ernaehrung und Ausbildung Ihrer Kinder. Ihre Tochter wiederrum uebernahm das Geschaeft, heiratete einen russischen Juden und sie bekamen eine Tochter mit Namen Tyke, die ihrerseits mit meiner Schwester befreundet ist und uns fuer 3 Tage eine Unterkunft in Boston zur Verfuegung stellte.

Am Ende der 3 Tage fuehrte Tyke uns voller Stolz durch den immer noch existierenden Blumenladen der Familie in dem Kurse u.a. in Blumenbinden abgehalten werden. Der Laden ist gross und verwinkelt und nach einigen Minuten kamen wir in Ihr Buero. An der Wand hingen viele Bilder von den Anfaengen, von Ihrer Grossmutter und Ihren Eltern, sowie zahlreiche Auszeichnungen.

Ein Bild zog meine Aufmerksamkeit auf sich:

Auf diesem Bild sieht man die Eltern von Tyke im 'Weissen Haus' in Washington D.C., sie durften die Weihnachtsdekoration im White House ausrichten, amtierender Praesident war Richrd Nixon. Den Public Relation Leuten war zu Ohren gekommen, dass eine Floristin aus Boston mehrere Auszeihnungen gewonnen hatte und luden Sie ein den Sitz des US Praesidenten fuer die Weihnachtsfeierlichkeiten auszustatten ... .

Diese Bild haengt unscheinbar in der Mitte vieler anderer Bilder irgendwo hinten im Buero.

Wie stolz muessen diese Menschen gewesen und was mag wohl in dieser aelteren Dame bei einem solchen Erfolg vorgegangen sein, die alles in Ihrer Heimat aufgab um auszuwandern und in einem Vorort von Boston namens Watertown einen Blumenladen aufzumachen?

Eine faszinierende (fuer mich sehr bewegende) und uramerikanische Geschichte im besten Sinne.

Mit grossem Respekt,

R.D. 

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