von Alan Lomax Rick Deckard Blog
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14. Juli 2009, 20:06
- Kategorien:#Kommunikation
Nach den Feierlichkeiten zum 04. Juli wollte ich wissen wie es alles angefangen hatte und unabhaengig davon wollten wir auch unsere alte Freundin und Bekannte Tyke P. wiedersehen, also lag nichts naeher als in die Hauptstadt des Bundesstaates Massachusetts zu fahren, nach Boston. Das was fuer uns Berlin ist, ist fuer die Amerikaner Boston, die Stadt welche auch als 'Birthplace of the Nation' bezeichnet wird, denn hier fing alles am 16.12.1773 an: schon lange schwelte ein Streit zwischen den nordamerikanischen Kolonien und dem Mutterland Grossbritannien. England versuchte durch Steuererhoehungen die leeren Kassen auf zu fuellen. Diese Politik fuehrte zur aeusersten Unzufriedenheit und Bostoner Buerger drangen als Indianer verkleidet in den Hafen ein und loeschten die Tee Ladung 3'er Schiffe der East India Trading Company. Das war, um es ganz kurz zu machen, der Beginn des Unabhaengigkeitskrieges, welcher zur Gruendung der Vereinigten Staaten von Amerika fuehrte.
Das ist der Grund, warum so viele Amerikaner als Touristen jedes Jahr nach Boston fahren. Sie lernen selbstverstaendlich viel darueber in der Schule in Geschichte und wollen dann spaeter die historischen Staetten auch sehen. Ich war ueberrascht, wie viele Einheimische in dieser Stadt unterwegs waren. Aber in Anbetracht der Lage am Meer, dem kurzen Urlaub den die Amerikaner haben und der Geschichte, sowie den warmen Sommerwochen ist es durchaus verstaendlich.
Insbesondere, da die Stadt auch architektonisch einiges zu bieten hat. Alte (fuer amerikanische Verhaeltnisse) und sehr moderne Gebaeude nebeneinander, was fuer einen sehr schoenen und interessanten Kontrast sorgt. Jede Stadt, die in irgendeiner Form Wasser in ihrer unmittelbaren Naehe zu bieten hat, wertet ihr Bild automatisch auf und liefert zudem immer ein praechtiges Panorama. So liegt Boston am Charles River und bietet damit einen der beliebtesten Anlaufpunkte fuer Menschen aus aller Herren Laender und auch die Einheimischen. Man sieht jede Menge Segelbote auf dem Wasser, Surfer und Motorboote. Entlang des Wassers die Esplanade mit Raeumen fuer Konzerte und viele andere Open Air Veranstaltungen. Eine wunderschoene Skyline umrahmt das Wasser. Ganz in der Naehe befinden sich das weltbekannte MIT (Massachusetts Institute of Technology) und das MGH (Massachusetts General Hospital). Keine Ahnung wie die Menschen das mit der Hygiene halten, aber gelgentlich sah ich Mitarbeiter des Krankenhauses "in Gruen" in die U Bahn einsteigen. Sehr cool, aber auch sehr merkwuerdig. Apropos Farben: Die U Bahnen sind hier in verschiedene Farben eingeteilt ( Green, Red, Blue Line) usw., was das Reisen unter der Erde sehr einfach und angenehm gestaltet.
Die linke Fussspitze dieses Herren ist wie man erkennt "golden" im Vergleich zu dem uebrigen schwarz. Das liegt daran, dass irgendwann einmal jemand behauptet hat, das Anfassen wuerde Glueck bringen, vielleicht waren es Studenten, ich weiss es nicht. Auf jedenfall sieht man in der Vorlesungsfreien Zeit Trauben an Menschen, die diesen Fuss anfassen, damit es Ihnen Glueck bringt (nein, ich habe den Fuss nicht angefasst). Es handelt sich hierbei um John Harvard (vermutlich), der sein Vermoegen und seine Bibliothek an ein College (im damaligen Ort, heute Ortsteil von Boston) in Cambridge vermachte. Ihm zu Ehren wurde nachfolgend dieses College dann zur weltberuehmten Harvard University umbenannt. Der Campus ist sehr schoen zu Fuss zu begehen und man kann nur staunen, wieviele beruehmte Menschen hier gelehrt und gelernt haben. Ausserhalb der Mauern bietet sich ein skurriles Bild: Ueberall Touristen, Haendler, Shops, ein Kiosk mit Zeitschriften aus aller Welt, Penner, Punker, Strassenmusiker und andere Menschen. Der Platz heisst Harvard Square.
In der Innenstadt selber liegt natuerlich der Business District, bzw. Downtown mit den Bankengebaeuden, einer Touristenmeile, aber auch wunderschoenen oeffentlichen Parks und auch dem Hafen mit den Piers, im Norden der Mystic River (Location und Namen gebend fuer die Verfilmung des gleichnamigen Dennis Lehane Romans, verfilmt von Clint Eastwood, ein grandioser Film nebenbei!) und auch der Bezirk, in dem u.a. Martin Scorsese seinen Film mit Jack Nicholson und Leonardo Di Caprio gedreht hat: Departed. Ganz oben sieht man auch das Bild fuer die Aussenaufnahme der Serie 'Cheers', in weiterer Naehe auch die Locations fuer 'Boston Legal' mit William Shatner und auch die Gebaeude fuer 'Ally McBeal'. Aber der absolute Hoehepunkt (fuer mich) war das Viertel 'Beacon Hill', der letzte Huegel in Boston, der im Rahmen der historischen Stadt-Ausweitung um Bauland zu gewinnen nicht abgetragen wurde und eines der schoensten Wohnviertel beinhaltet, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Sehr schoene kleine Gassen, Haeuser mit sehr unterschiedlich gestalteten Tueren, viel gruen und unglaublich schoener Architektur. Natuerlich wohnen hier die Priveligierten und VIP's, so z.B. der ehemalige Kanditat fuer die Praesidentschaft, John Kerry, aber auch frueher residierten hier so bekannte Menschen wie John F. Kennedy. In unmittelbarer Naehe befindet sich die Charles Street, in der viele Handwerker und gewerblich taetige ihre Geschaefte haben. Man erkennt das an den sehr individuell gestalteten (und schoenen) Schildern. Ich kann jedem der sich hierhin verirren sollte, diese Strasse und dieses Viertel fuer einen schoenen Spaziergang empfehlen.
Am Ende wurde ich dann Zeuge einer der lustigsten Stadtrundfahrten aller Zeiten: die 'Duck Tours' durch Boston, die es aber auch in anderen amerikanischen Staedten gibt. Jeder Fahrer hat ein bestimmtes Konzept mit dem er die Touristen animiert und auf eine Reise mitnimmt. Was uebrigens auffaellt ist die Tatsache, dass die Amerikaner ohne Scheu und Scham alles mitmachen und Spass dabei haben, das Wort 'peinlich' scheint es hier nicht zu geben. Im Gegenteil, wenn man griesgraemig in der Ecke hockt und einen auf cool oder verstockt macht gilt man als 'Spielverderber'. So "quakten" wir an bestimmten Ecken der Stadt und die Bostonianer "quakten" belustigt zurueck. Ein Heidenspass. Selbst die Raetsel die der Guide stellte wurden durch uns begleitende Autofahrer versucht mit zu loesen. Bei den Fahrzeugen handelt es sich um ausgemusterte Amphibienfahrzeuge des Militaer, auf denen man durch die Strassen und spater auch durch den Charles River gefuehrt wird. Im "Auto" sassen 80% Amerikaner, 1 Paar aus den Niederlanden und eine Familie aus Thailand. Der Sohn hatte einen fuerchterlichen Jet Lag und schlief episodenhaft an meiner Schulter ein, was ihm immer wieder peinlich war.
Das 'Athen Amerikas', wie es die Amerikaner selbst nennen, ist wirklich eine der schoensten Staedte dieses Landes und fuer jemanden der sich im Norden der Ostkueste aufhaelt auf jeden Fall eine Reise wert. Leider konnte ich keine Karten fuer den Fenway Park ergattern, das kleine aber sehr traditionsreiche Stadion der Boston Red Sox. Die sind Jahrzehnte vorher ausverkauft. Schade, das waere es noch gewesen.