American Highway

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  13. Juli 2009, 12:27  -  #Kommunikation

Es ist hoechst amuesant auf amerikanischen Highways zu fahren und ein Abenteuer dazu. Von Freitag bis Sonntag war ich unterwegs auf der Interstate 95 in Richtung Boston und wieder zurueck. Der Mensch wird immer neues mit altbewaehrtem vergleichen und mir erging es nicht anders, was ist naheliegender, als der Vergleich mit unseren Autobahnen? 

Was zunaechst auffaellt: Die Amerikaner haben einen etwas "rabiaten" Fahrstil, was natuerlich auch regional begruendet sein kann. Einfaedeln z.B. in klassischem Reissverschlussmuster ist hier fremd. Es klappt zwar alles irgendwie, aber eben nur irgendwie. Warum Autos Blinker haben, ist mir seit den letzten Tagen ein Raetsel. Nun ist es nicht so, dass die hier keiner benutzt, aber mann muss schon wachsam fahren.

Eine andere wunderbare Begebenheit sind die 3-spurigen Bahnen. Ich musste lachen und zwar nicht zu wenig. Bei uns haben diese 3 Bahnen eine gewisse Funktion: rechts die langsamen und Lastwagen, in der Mitte zum uerberholen und schnellerer Verkehr, ganz links die (Achtung!), "die tagsueber das auf dem Gaspedal haben, was abends in der Hose fehlt!"

Hier ist das gaenzlich anders. Grandiose und actionreiche Szenen spielen sich ab. Es wird links, rechts und mittig uerberholt, Lastwagen, Wohnmobile und andere schwere Automobile fahren auf allen Spuren mit einer halsbrecherischen Geschwindigkeit. So sah ich mich zwischendurch beideits eingekeilt von schweren Trucks und mir wurde ein wenig mulmig, musste ich doch auch an Spielbergs' "Duell" denken. 

Wunderbar auch, wie gelassen die Menschen hier Unfaellen und anderen Gegebenheiten begegnen: Auf der Hinfahrt kam es zu einem kilometer langen Stau und als ich den Grund sah war ich etwas verwirrt aber auch amuesiert: Ein Polizist hatte einen Autofahrer auf der linken Spur (!) angehalten, weil dieser vermutlich zu schnell gefahren war, zumindest waren keine Kollisionen etc. erkennbar. Deswegen staute sich der Verkehr nach hinten. Unglaublich! Ein anderes mal kam es auf dem Rueckweg zu einer kleinen Kollision zweier Autos, die dann einfach auf der mittleren Spur stehen blieben(!), bis die Polizei kam, obwohl nur minimaler Blechschaden vorlag.

Die Motorradfahrer sind ein Spektakel fuer sich, was ich hier gesehen habe hat Lachsalven ausgeloest: fast alle ohne Helm unterwegs, in T-Shirt, mit einem unfassbaren Tempo (erlaubt sind meistens nur 55 bis 65 miles per hour), wurden die Autos umkurvt, man konnte regelmaessig in die Ritze der beginnenden Gesaessbacken einsehen und keiner dieser Typen scherte sich auch nur einen Dreck um das alles. Ehrlich: Gewisse Mythen sieht man hier in Reinkultur und in natura. Filme wie 'Easy Rider' sind nicht nur Fiktion.

Ich selbst musste in meinem Ford Explorer SUV ueber mich schmunzeln, wie ich da die Kilometer langen Highways entlang fuhr, weil ich ploetzlich Teil dessen war, was schon immer mein Traum war und den ich den groessten Teil des Jahres auf der flachen Glasscheibe bewundere. Erinnerungen kamen hoch an Barry Newman und 'Fluchtpunkt San Francisco', Kris Kristofferson als Rubber Duck in dem Peckinpah Movie 'Convoy', oder auch den Debil-Klassiker 'Auf dem Highway ist die Hoelle los', den ich zu Schulzeiten im Kino am Kroepcke in Hannover sah. 

Das Fahren auf den amerikanischen Highways ist, wie ich finde, extrem entspannend. Man darf zwar nicht schnell fahren, aber irgendwie reichen diese 65 mph. Man kann wunderbar zu Musik die Strasse entlang fahren, keiner draengelt, keiner faehrt dicht auf und im wahrsten Sinne des Wortes: You keep rollin'. 

Ich kann sehr gut verstehen, warum es die Menschen immer wieder reizt dieses Land mit dem Auto von Osten nach Westen zu bereisen: Es ist so unendlich gross und so vielfaeltig insbesondere auch seitens der Natur. Wenn es mein Traum ist am North Shore von Oahu auf einem Surf Brett zu stehen, dann auch dieser: mit einem Auto den Pacific Coast Highway von San Diego nach Seattle zu fahren.

Zwischen den Staaten,

R.D. 
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