ARRIVAL - Denis Villeneuves

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  30. Dezember 2016, 14:43

ARRIVAL - Denis Villeneuves

 

Jedes Wort, jeden Satz, jede Besprechung und jeden Trailer sollte man am besten vermeiden, bevor man sich ARRIVAL ansieht.

 

Daher lesen Sie bitte am Besten nicht weiter, falls Sie den neuen Film des aktuellen Masterclass Regisseurs Denis Villeneuves  noch nicht gesehen haben.

 

Denn es ist die gleiche Unvorgenommenheit die man genießen sollte, mit der die Hauptfigur des Filmes, Louise Banks (Amy Adams), nach der Rekrutierung in das Raumschiff gelassen wird und das erste mal mit den Außerirdischen konfrontiert wird.

 

Diese Sequenz ist der zentrale Punkt des Filmes, der definitiv in die Filmgeschichte eingehen wird. Schon lange nicht mehr habe ich es erlebt, dass das Rascheln und Geknöttere um mich herum aufhört und das Kinopublikum tatsächlich 10 Minuten den Atem anhält vor Spannung, vor Angst, aber auch vor Neugierde auf das was kommt. 

 

Es ist schlicht weg eine Sensation, wie Drehbuchautor Eric Heisserer, Villeneuves selbst und Kameragenie Bradford Young uns ca. 40 Minuten auf diesen Plot vorbereiten. Denn wir lernen, endlich mal in Tiefe und mitreissenden Rückschnitten das Leben und den Charakter der jungen Professorin Banks kennen, die in einem bemerkenswerten Einklang zu der Geschichte steht. Und das nicht nur aus der menschlichen Perspektive, sondern auch in anscheinend beiläufigen, wie dem schönen Architektenhaus am See in dem sie lebt und der interessanten Räumlichen Ähnlichkeit der Muscheln, die in früheren Filmen mal Raumschiffe oder Ufos genannt wurden.

 

Dieser Wahrhaftige Umgang mit der Figur und dem gleichzeitig gelungen Underacting und des niemals zur „Schaugestellten“ Spielers, sondern in der Priorität der zentralen Verschiebung der inhaltlichen Figur, gelingt Villeneuves hier etwas besonderes.

 

Die Erhabenheit der Bilder, die Spannung und dann die Musik von Jóhann Jóhannson, der mich bereits bei PRISONERS mit seinem Einsatz der Arrangements zwischen Klavier und Posaune beieindruckte, flammt hier förmlich auf, in der die tiefsten, atonale Töne gesucht und gefunden hat, die ihm zur Verfügung stehen. Das Aufflammen der Lautstärke und das brachiale Abklingen, lässt einen im Kinosessel förmlich verschwinden.

 

Man kann dem Film dann im weiteren Verlauf keinen Fehler vorwerfen, sondern bleibt sonderbar erstarrt und fragt sich permanent was es denn dann nun ist, was ich mit einer irritierenden Erfahrung gleichsetzen würde, aber von einer direkten Schönheit des Kinos gleichsam sprechen möchte.

 

Alle Vergleiche mit anderen Regisseuren und Genreverwandten Filmen, wie Kubrick oder Spielberg, sind nahliegend, aber auch falsch. Ein Paradoxon, welches sich am besten mit dem nächsten Gedanken wiederlegen lässt:

 

Es ist toll, vielleicht etwas größenwahnsinnig, aber treffend! Denis Villeneuves interpretiert hier Terrence Malick und zwar auf einer erhaben und wunderschönen Art und Weise und schafft es tatsächlich den Meister in Bildgewalt und inhaltlicher Logik zu übertreffen. 

 

Denken Sie mal drüber nach und es ist ja nichts schlimmes, außer vielleicht, dass Sie sich nun ein paar Meisterwerke von Malick ansehen müssen. Starchild und Monolithen erinnern zu dem an…; …ach komm lassen wir das!

 

Dieser Film ist mutig, den er ist kompliziert. Sozusagen ein Schaf im Wolfspelz. Erinnerung, Kosmos, Tod, Gewalt, Liebe, Familie, Wissenschaft, Politik, von allem erzählt dieser Film. Eine etwas größenwahnsinniger Gedanke, der aber überhaupt nicht zu viel ist, sondern jeder Zeit nachvollziehbar und wunderschön. Ich sage es gerne und nicht inflationär. Dieser Film ist ein Meisterwerk.

 

Und zwar möchte ich gerne noch kurz erklären warum! Sehen Sie sich nur die Vielzahl von Filmen an, die in den letzten 12 Monaten ins Kino gekommen sind. Entweder sie basieren auf einer Comicvorlage oder auf einem Film den es schon gibt oder es kommen kleine Zeichentrickfiguren drin vor oder Stereotypen, in meist gewaltsamen, menschenverachtenden und im Hinblick auf die Liebe zur Cinematographie katastrophalen Ergebnissen zwischen Widerschein, Kopie oder nett gesagt fehlender Kreativität.

 

Villeneuves Anspruch ist ein anderer. Er möchte das Kino neu erfinden. Neue Erzählstrukturen, Stilistiken und Ansätze finden um das Kino, den Film, wieder groß zumachen. Dabei weiß er, dass die besten Filme bereits gedreht sind, aber er weiß auch, dass sich Kunst modular auf bereits erschaffenes aufbaut. Und das das Publikum lernt, neue Sehgewohnheiten und Erzählungen durchaus anzunehmen, wenn es langsam, nachvollziehbar herangeführt wird. ARRIVAL ist ein neuer Film. Im wahrsten Sinne des Wortes! Und somit ein Meilenstein…

 

Ich befürchte nur das ihm der BLADE RUNNER nicht liegen wird! Aber warten wir ab...

 

Kreise malend!

Alan Lomax

 
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