Zwei unvorstellbar schöne Schallplatten – The Feelies und J Mascis
Wir Musik- und Schallplattennerds neigen ja dazu alles über den blauen Klee zu loben, was unsere Vegangenheit angeht. Da war man in den späten Achtziger Jahren bei einem der besten Konzerte aller Zeiten in Bielefeld bei den Feelies und hat Dinosaur Jr. noch auf zu SST (Label)-Zeiten in Hannover live gesehen, bevor sie dann 1991 wirklich groß geworden sind, bevor alle Nirvana Jünglinge ihre Scheiße aus den Windeln kratzten. Danach dann immer, insbesondere bei diesen beiden Bands, Nennungen von Namen, raren Vinlys und Anspielungen, bei allen und jeden den es interessiert oder halt auch nicht.
Fakt ist, dass beide Independent-Legenden immer noch da sind. Beide Bands bzw. Interpreten sind die Bewahrer des guten Geschmacks aber auch einer Haltung zur Gattung der unabhängigen, alternativen Musik.
Man könnte nun Bücher und Lexiken (-xas, was würde Ted sagen?) über beide Institutionen schreiben. Wurde und wird ja auch gemacht. Das Heiligtum "bewahren könnte", wird ein Anspruch der ewig Gestrigen sein, ich möchte es aber genau an andere Menschen tragen. Da wir es, abgesehen von der Historie, mit total fantastisch schönen, zeitgemäßen und einfachen Popsongs zu tun haben, muss ich anders vorgehen....
Das Feelies Album „Here Before“ ist überhaupt nichts Schwieriges oder Anstrengendes. Sondern wie immer durch einen einfachen Beat getragen, mit angedeuteten verzerrten Gitarren und verzweifelten Melodien komponierte Ehrlichkeit. Es kann keinen Menschen geben, der sagen würde, dass das nervt, anstrengend oder laut ist oder sonst was ist. Das ist einfach wunderschöne Musik.
The Feelies haben sich bereits 1976 gegründet und haben inkl. der neuen Scheibe nur sechs Alben aufgenommen, haben sich somit permanent über die Jahrzehnte rar gemacht. Ein kluger Trick, aber wirklich reflektiert hat diese Bands keine Tricks. Sondern nur treibende schöne Musik, die ehrlicher als 98 % alller anderen Musik ist. Mal drüber nachdenken! Aber wichtig, wirklich wichtig ist, dass das alles egal ist und auch schon wieder Musikergewäsch, hören, fühlen, glücklich sein. Keine Kompromisse. Und es ist eben auch das unauffällige was diese wohl beste unbekannte Band der Welt ausmacht.
Etwas anders Joseph Donald Mascis Jr. von Dionsaur Jr. Der schon aufgrund seiner merkwürdigen Frisur (grau, brustlang) auffällt. Generationen von Skateboard fahrenden, der Gitarre nahe liegenden jugendlichen sind ihm auf Grund seiner wirksamen Gitarrendarstellung (Marshallwänden) verfallen. Mascis wäre Schlagzeuger von Nirvana geworden, lehnte allerdings ab. Interessant in dem Zusammenhang, wäre die Frage, ob er ähnlich wie Dave Grohl (erfolgreich und sympathisch, aber nicht akzeptiert von uns, von mir ja) geworden wäre? Mascis hat einen etwas stärkeren Hang zum Hardrock (wie er in Deutschland definiert wird) gehabt. Und würde, wahrscheinlich ehr Black Sabbath als Inspiration nennen, als Sonic Youth. Was ihn zunehmend interessanter gemacht hat, auch bei Konzerten, weil nicht immer nur das übliche verdaddelte Independent Publikum am Start ist.
Mascis hat eine gute Marketingnase und will auch den Flächen deckenden Erfolg, im Gegensatz zu seinen Neffen von den Feelies.
Nun ist es so, dass wenn man z. B. „Several Shades of Why“ hört sofort denkt, ist das schön! Weil es eben schön ist und nicht danach trachtet, wichtig zu sein. Nicht irgendwelchen Erinnerungen an längst vergessenen Schallplattenveröffentlichungen nachzuhängen, sondern einfach nur einen Fokus auf den Aspekt der Melodie legt, vielleicht sogar auf den durchschnittlichen Rocksong, wie ihn eben niemand mehr schreibt. Warum? Weil die Protagonisten zu verkopft geworden sind, ebenso, wie das Publikum, dass alles ablehnt oder besser weiß. Hauptsache mus(s)eal, die Platte im Schrank haben, sie als erster entdeckt zu haben und eben den längsten Schwanz zu haben. Zurückgeschaltet! ...konzentriert Euch auf solche Songs, hierum geht es. Zumindest mir. Das ist wahrhaftige Schönheit und Anmut im Kontext der unabhängigen >Musik und dem damit verbundenen Anspruch die Welt etwas besser zu machen. Doch halt! Und das ist wesentlich! Nicht für sich selbst, sondern für alle, die da sind. Das ist der Kampf, die Aufgabe, das Modell, der Motor und das Motiv für alle Aktivitäten in der Richtung. Das meine ich nicht nur ernst, sondern sehr ernst.
Diese Platte von J Mascis ist von so einer schönen, erhabenen Ehrlichkeit, dass ich jetzt sofort anfange große Worte zu schwingen (eingeschränkt):
Es gibt einige Ben Folds und Rufus Wainwright Schallplatten die ich dafür opfern würde!
Die Menschen die ich kenne und das sind nicht nur Menschen die ich kenne, sondern Menschen, die wir alle sind, sind alle ständig auf der Suche. Manche vergessen das, mache Menschen machen sich über diese Suche ständig Gedanken, mache denken sie haben es gefunden, manche Menschen, glauben sie finden es nie. Für ALLE ist diese Platte. Es ist ein Wunderwerk, dann aber auch nicht, weil es eine ganz normale Scheibe ist. Für Menschen, für uns alle! Sie MUSS entdeckt werden als allgemein gültige Schönheit. Als Benchmark für alles verstanden werden, als Meilenstein der Suche, der Findung, der Ehrlichkeit, unabhängig von Status, Herkunft oder Wissen über die Musik. Sondern als Meilenstein für unser Sein!
An diesem Samstag den 14. Mai 2011 ist mir einiges Bewusst geworden. Wir alle sind unterschiedlich. Wollen unterhalten werden (ESC), haben aufgegeben zu Suchen, zu Entdecken oder finden uns mit den richtigen Dingen ab (Make it Right) und stehen zu der Musik der Vergangenheit (zu den alten Hits), haben aber alle die Chance ein neues Kapitel aufzuschlagen. Das der Rockgeschichte, ohne Allüren, aber mit Anstand und Erhabenheit, wenn wir diese wundervolle Musik dieser beiden Protagonisten hören. Die unser Leben und den kulturellen Kontext soweit nach vorne gebracht haben. Aber der Aspekt ist nicht wichtig, wie gesagt, es geht immer nur um die Schönheit der Musik und der Perspektive des eigenen Seins.
Ein Meilenstein: J Mascis und The Feelies! HURRA, HURRA, VORRAN, VORRAN! HEUREKA!!!!!
Alan Lomax