Villagers – Gestaltenwandler und Türen
Da steht er also der kleine Conor O'Brien. Man kann nicht sagen, dass er ängstlich aussieht oder wenig selbstbewusst. Sondern ehr würdevoll und irgendwie nachvollziehbar. Und er weiß sehr genau, wann er sich vom Mikrofon entfernen muss, wann er seine Stimme öffnen sollte und an welcher Stelle er den richtigen Akkord laut oder leise spielt, auf seiner miesen, destaströs, aber seltsam warm und angenehm klingenden Wandergitarre.
Es hat mich wirklich wie den berühmten Schlag in die Fresse getroffen, als ich vorgestern den Auftritt von den Villagers bei “Later Live….with Jools Holland gesehen habe.
„Becoming A Jackal“ singt der junge, zerbrechlich wirkende Mann da und klar: so muss ein Köperwandler aussehen. Oder ist der Typ doch nur ein moderner Klagesänger, einer von vielen?
„Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.“ …
Schubladen öffnen sich, alte „The Immediate“ Scheiben werden aufgeregt im Regal gesucht. CDs gecheckt. Sampler geprüft. Wie konnte der Mann an mir vorbei gehen. Schließlich ist seine erste EP bereits 2009 erschienen. Da ein kleiner Hinweis auf einem Musikabend. Gott sei dank! Aber ist es nicht wieder nur einer von vielen interessanten Menschen, die alleine mit der Gitarre versuchen an die reine Schönheit eines Schillergedichtes wie „Nänie“ zu kommen?
…„Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich;
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.!
Germanisten sprechen gerne von dem „Schönen“ oder „das Vollkommene“.
Dieser Doppelschlag hält bei mir schnell Einzug. Ich habe einiges gehört von diesem jungen Knaben und ständig muss ich an morbide Romantik denken. Vielleicht auch an etwas Nostalgisches, auf jeden Fall an etwas poetisches.
Eine ähnliche unerklärbare Faszination übt auch die Band Midlake auf mich aus, insbesondere wenn ich mir zu der Musik von The Trials of van Occupanther“ dieses immer noch nicht begriffene Cover ansehe. Außerdem weckt sie Gefühle die ziemlich ehrlich sind und sich mit „einem Vergänglichkeit von Gefühlen“ zusammenfassen lassen.
Man sollte nun nicht Eindruck bekommen, dass dieser scheinbar traurige Sänger, auch ein trauriger Mann ist. In dem brodelt mehr, denkt man dann auch gleich. Und so bestätigt sich das dann auch umgehend in seiner Biographie die zusammenfasst, dass er Autodidakt, Maler, Dichter, Musiker ist und allein auf seine Eingebung vertraut.
Ich finde wir sollten das Klagelied im Allgemeinen doch noch nicht aufgeben und diesem interessanten Mann und Künstler Aufmerksamkeit schenken, ihm zumindest die Chance geben, seine traumhaften lyrischen Erscheinungen ein offenes Haus/Herz zu geben.
Und Sie wissen ja wie das bei Vampiren und Gestaltenwandlern ist!? Wenn man sie nicht explizit ins Haus bittet, werden Sie nicht eintreten! Gefahr erkannt, Gefahr verbannt, Leidenschaft allerdings vertan.
Die Türen oben auf dem Bild sind auch so merkwürdig, wie das alles hier! Zeigen aber das Geburtshaus von Herrn O’Brien in Dublin….
Alan Lomax
Bildquelle: Stock.XCHNG / Mathias Mazzetti