Mission To Lars – William und Kate Spicer

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. September 2013, 13:28  -  #Filme

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Die Möglichkeiten sich Filme anzusehen, auszuleihen und runterzuladen sind in diesen Zeit so groß, dass es eigentlich viel zu wenig aktuelle Spielfilme aus den Studios gibt . Zahlreiche Plattformen bieten daher neben dem aktuellen Spielfilmangebot, auch Dokumentarfilme an, die so dermaßen Independenten sind, dass sie früher nicht mal im kleinsten studentischen Off-Schuh-Karton-Kino gezeigt worden wären. Ein Vorteil den man sich zu nutzen machen sollte. Denn in diesem schon fast neuen Genre der Real-Life-Dokumentation gibt es zahlreiche Perlen zu entdecken.

Eine dieser Perlen ist die sehr persönliche Dokumentation der englischen Geschwister Spicer über Ihren am Fragile X Syndrom leidenden Bruder Tom. Das Fragile X Syndrom ist eine erbliche kognitive Behinderung. Tom führt ein beschauliches Leben in einem Heim und fühlt sich eigentlich sehr wohl. Er geht seiner Arbeit in einer Papierfabrik nach, hört gerne harte Rockmusik, kennt seine Umgebung und die Menschen die sich um ihn kümmern. „Wanne meet Lars“, sagt er seit Jahren. Mehrmals täglich! Gemeint ist Lars Ulrich der Drummer von Metallica. Ulrich ist Tom’s größter Held.

Ab diesem Moment kommen seine Geschwister Kate eine Journalistin und William ein Filmemacher ins Spiel. Beide haben das Gefühl sich zu wenig um ihren Bruder gekümmert zu haben. Sie beschließen Tom’s verbal geforderten Wunsch Ulrich zu treffen, in die Tat umzusetzen. Kate bewegt alle journalistischen Hebel um die richtigen Leute zu kontaktieren, die ein Treffen, während der laufenden US-Tour von Metallica möglich machen können.

Ein unterhaltsames Roadmovie beginnt. Dabei ist natürlich das finale Treffen zwischen Tom und seinem Helden der Gefühlshöhepunkt. Bemerkenswert ist aber die überhaupt nicht ideal verlaufende Reise der drei Geschwister, die feststellen, dass Wünsche erfüllen, auch etwas mit persönlicher Befriedigung zu tun hat und nicht unbedingt etwas mit Helfen zu tun hat, wenn der Betroffene als „erkrankt“ verstanden wird und nicht als eigene Persönlichkeit.

Diese Erkenntnis ist eigentlich das Schönste an diesem Film. Kate und William verstehen sehr schnell, dass es ihr gemeinsamer Wunsch ist dem Bruder zu helfen, ohne dabei hinterfragt zu haben, welche Ängste der Bruder bei dieser Reise eigentlich hat. Lautstärke, Konfliktsituationen und Chaos sind autistische Alpträume für Tom.

Der Spannungsbogen, die Dramaturgie, die Normalität, die Menschlichkeit, der Humor, aber auch insbesondere das gemeinsame Abenteuer machen diese Geschichte zu einem packenden Film.

„Mission To Lars“ ist extrem lebensbejahend, zeigt uns besser als jeder vergleichbare Hollywoodfilm das jede geistig Behinderung bei einem Menschen keine eigentliche Krankheit ist, sondern eine Persönlichkeitserweiterung und mit welchen großen Emotionen Menschen zu kämpfen haben, die in ihrem Umfeld einen Menschen mit einem Handicap haben.

Ganz nebenbei ist der Film aber auch ein Film über die unerreichbare und kaum zu erklärende Liebe zur Musik und eine Verneigung vor dem Gefühl Helden- und Fantum(-sein). Die großen Momente sind Tom’s Eindrücke bei den Konzerten, seine Sicht auf die Erlebnisse und seine Reaktionen. Diese Reaktionen und menschlichen Gefühle sind aufgrund seiner Sprachstörung und seiner Intelligenzminderung von so großer Intensität, dass sie wirklich einen neuen Blick und eine weitere logische Erklärung für das Phänomen „Begeisterung“ und „Leidenschaft“ geben können.

Unbeding zu Empfehlen!

Alan Lomax

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