Stockholm

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. September 2013, 13:20  -  #Fernsehen

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Nennt man Charles Dickens Weihnachtsgeschichte hat man sofort ein Bild im Kopf. Ein Bild von Weihnachten. Dann gibt es noch diesen schwedischen Kinderfilm, der so glaube ich „Eine kleine Weihnachtsgeschichte“ heißt. Dort verliert ein kleines Mädchen ihren geliebten Teddybären NooNoo. Während NooNoo -durch eine Reihe von Zufällen- eine Weltreise macht, ist das Mädchen traurig. Im Vorweihnachtlichen Stress wird das Mädchen immer trauriger. Doch Aussicht naht. In einem alten Trödelladen in den Gassen von Stockholm, findet Ihr Bruder den Bären wieder. Dieser schwedische Kinderfilm geht zu Herzen. Und man muss schon völlig blockiert sein, wenn man das nicht sympathisch findet. Am schönsten sind aber die Aufnahmen vom verschneiten Stockholm.

Beruflich komme ich viel rum. Oftmals besuche ich Städte nur für wenige Stunden. Trotzdem genieße ich es, wenn ich mit dem Auto, die Speckgürtel verlasse und immer zentraler Richtung Stadtzentrum fahre. Im Prinzip ist es egal, ob es Paris, Hamburg, Berlin, Würzburg oder Kassel ist. Jede Stadt hat bei der intensiven und instinktiven Neuaufnahme eines fremden Menschen etwas Besonderes. Manchmal etwas bedrohliches (dies empfinde ich in London), manchmal was heimatverbundenes, manchmal etwas entspanntes und manchmal einfach bloß pure Schönheit.

Meine Sommerferien habe ich in Schweden verbracht. Schweden ist ein recht merkwürdiges Land. Natürlich wunderschön, wenn man auf Natur steht. Aber auch sehr weltoffen, entspannt und freundlich von den Menschen her. Soweit man das beurteilen kann. Auf dem Land ist ja meist alles anders. Und die Geschichte(n) die mir dort aufgefallen sind, sollten in einem anderen Kapitel beschrieben werden. Die Einfahrt, der Blick auf die Menschen und das Gefühl, welches ich aber hatte, als ich in Stockholm eingefahren bin, war allerdings besonders auffällig beeindruckend für mich.

Sicherlich ist Stockholm keine Autostadt. Parken, Rushhour, zu wenig Platz, Baustellen Probleme wie in jeder anderen Hauptstadt Europas. Möchten Sie meine Idee vom Gefühl der Einfahrt in die Metropole nachvollziehen, bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als mit dem Auto zu fahren. Aber später wird dieses Vehikel lästig und ein Klotz am Bein. Wahrscheinlich ist ein kleines Schiff und ein Moped das richtige für Stockholm.

Die Einfahrt ist beeindruckend. Es gibt viel Wasser, lange Alleen, scheinbar zusammengeschmolzene alte Stadtviertel, aber dann auch wieder lange, breite innerstädtische Straßen, die an die großen Boulevards von Paris erinnern. Die Bewohner, soweit man sie von den Touristen unterscheiden kann, sind offensichtlich sehr jung und sehen selten schwedisch aus.

Wir sind mit dem Boot gefahren, dass Moped dann das nächste Mal. Viele Stadtteile von Stockholm liegen auf Inseln dem inneren Schärengarten. Die äußeren Schären kennenzulernen bedeutet wahrscheinlich wochenlange Kleinstreisearbeit.

Wer eine geringe Affinität für schönes Licht hat, der wird Schweden an sich lieben. Aber das Licht in Stockholm ist mit Worten und einer durchschnittlichen Digitalkamera nicht zu beschreiben. Die alten Häuser, der wenig moderne Städtebau, die Ostsee die Berge im Norden, alles zusammen ergibt ein Spektakel, ein Kopfkino. Die Gamla Stan (Altstadt) nervt natürlich, ob der zahlreichen respektlosen Touristen.

„Fürchte Gott, ehre den König“ lese ich auf einmal als Inschrift im Zugang zu einer deutschen Kirche. „Fürchte Gott, ehre den König“ höre ich auf einmal hinter mir auf sächsisch vorgelesen. Die deutsche Touristin mit ihrem fünfstöckigem mobil gemachten Freundschaftseisbecher in der Hand, kommentierte anschließend lauthals mit „…so einem Quatsch!“.

Der Königspalast liegt mit drin. Gerade regte sich noch eine weitere deutschsprachige Touristin über das Kopfsteinpflaster auf und ich wollte schon verbal ausholen, besann mich dann aber auf das kleine Mädchen, die ihren Teddy wieder haben wollte. Diesen hatte ich in der Zwischenzeit in einem Antiquitätengeschäft entdeckt. Alles sah aus wie in dem Film.

Und auf einmal, war die Stadt schneeweiß. Ich stellte mir vor, wie Stockholm in der Vorweihnachtszeit sein muss. Wenn man nachts alleine durch diese unglaublich schönen Altstadtgassen läuft, dann wenn sich der Geruch der Weihnachtsmärkte und seinen Besuchern lange verzogen hat. Es steht fest, ich werde wieder kommen. Nur für diesen Moment!

Bei der Rückfahrt ist mir ein weiterer großer Moment für diese Stadt eingefallen und zwar als wir an einer dauerhaft roten Ampel vor dem „Königlich Dramatischen Theater“ standen und ich kurz von dem Weihnachtsfilm in meinem Kopf flüchtete und in die Welt von Ingmar Bergmann abtauchte und mir eine heimliche Liste der 4 liebsten schwedischen Schauspieler(-innen) zusammenstellte (Max von Sydow, Greta Garbo, Ingrid Bergmann und der Typ der den Vater von Michel aus Lönneberga spielt).

Wie es dann so ist und das Kopfkino erst mal am Laufen ist, war die nächste dauerhafte rote Ampel, direkt vor dem Grand Hotel Stockholm. Mir fällt Paul Newman ein, wie er vor einem Hotel steht. Und zwar in Hitchcocks unterbewerteten Spionagemeisterwerk „Der zerrissene Vorhang“ (1966). Aber das habe ich mit Kopenhagen verwechselt.

Was bleibt ist der Eindruck eine der schönste Städte der Welt gesehen zu haben, der Wunsch die Vorweihnachtszeit in Stockholm zu verbringen und einen richtig schönen Film in dieser unglaublichen Stadt zu drehen.

„Prahlen sollst du erst auf dem Heimweg“ Astrid Lindgren

Alan Lomax

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