Il Grande Silenzio - Sergio Corbucci

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  21. April 2012, 14:53  -  #Filme

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Sergio Corbucci dreht einen Western mit Inhalten, die eigentlich keiner sehen will (wir erinnern uns an den Handel mit Träumen) und trotzdem war und ist der Film sehr erfolgreich. Der Film ist durch und durch analysiert worden mit seinen politisch-religiösen Motiven und der Mythenabkehr ad absurdum.

Mir geht es aber nicht um eine Analyse im tieferen Sinn, ich bin kein Filmkritiker, sondern schlicht um die Grandezza dieses Western im Allgemeinen. Wenn man sich Il Grande Silenzio ansieht, versteht man vielleicht, was ich jüngst mit der Kritik am zeitgenössischen Film meinte. Es war wieder ein ganz besonderer Genuss einen solchen (analogen) Film zu sehen.

Corbucci war ein Regisseur mit Mut. Einer, der Wege ging, die nicht konform waren und es trotzdem schaffte eine packende, provokative und auch verstörende Inszenierung hinzulegen. Auch jetzt nach mehreren Jahrzehnten hat der Film nichts von seiner Wirkung eingebüßt.

Der Western ist bei aller Boshaftigkeit und Sarkasmus meines Erachtens v.a. eines: realistisch ohne zu langweilen. Corbucci beherrscht in diesem Zusammenhang mit seinen anderen 3 Drehbuchautoren die Kunst der Inszenierung und sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, den Film zum ersten Mal sehen, so machen Sie sich auf etwas gefasst. Ohne viel verraten zu wollen: der "Held" reitet hier am Ende nicht in den Sonnenuntergang des Monument Valley ... .

Der Kameramann Silvano Ippoliti fing hier beeindruckende Landschafts- aber auch intensive Nahaufnahmen der Protagonisten ein. Erstaunlich wenn man bedenkt, dass Ippoliti sich später eher für unterdurchschnittliche Streifen und Trash ala Spencer-Hill verantwortlich zeichnete.

Ennio Morricone hat für den Film eine absolut passende und hoch effektive Filmmusik geschrieben, aus der der wunderschöne Main Title mit seinem leicht poppigen Charakter durch Melodie und Stimmung herausragt. Aber auch viele andere Szenen sind vom Timing und der Atmosphäre, die der Maestro kreiert, fabelhaft gelungen.

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Weltklasse auch die beiden Hauptdarsteller Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski, die beide, gerade durch diesen Film, Kultstatus erreicht haben. Der Humor von Corbucci ist einmalig: ist der Held in Western sonst wortkarg, ist er hier stumm und heisst im Film Silence! Ist das nicht einzigartig? Sein Gegner hat blonde Haare, grün-blaue Augen, heisst Loco und wird verkörpert von Klaus Kinski mit einer diabolischen Mischung aus Unbekümmertheit und schier grenzenlos-amoralischer Boshaftigkeit.

Ich sprach von Realismus. Dieser beeindruckte mich am meisten, nicht nur weil Corbucci Mut hatte, sondern weil die Aussage im Kern dieses Films wahrhaftig ist, ohne dass man mich gleich zum Kulturpessimisten abstempelt. 'Gut versus Böse' erfährt hier eine in der Konsequenz des Handelns ehrlichere Bedeutung.

Vielleicht war dies der Grund, warum 'Leichen pflastern seinen Weg' (so die Trash Übersetzung) ein sehr erfolgreicher Film war und nichts von seiner Popularität über die Jahre einbüßte. Der Zuschauer wurde sich der Tatsache bewusst, dass die Welt nicht nur aus eitel Sonnenschein besteht, sondern auch auch kalt, niederträchtig und heimtückisch ist (nicht sein kann).

Die Kunst besteht darin, das unterhaltsam aufzuführen.

In der Beziehung ist Corbucci ein Künstler.

Aus Utah,

Rick Deckard

 

Man achte bitte auf den Sprecher aus dem Off ... . Wie oft wird der Titel genannt?

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