LICENCE TO KILL - La La Land Records - 35th Anniversary Expanded Edition
Es mutet widersprüchlich an und ist es vermutlich auch. „Er war seiner Zeit voraus“. Diese Aussage, die naturgemäß nur rückblickend erfolgen kann, wird stets von etwas altklugem begleitet, hinterher weiß man es ohnehin immer besser.
Zum Zeitpunkt seiner Erscheinung in den Kinos Ende der 80er Jahre war LICENCE TO KILL eine Kehrtwende zu den Anfängen von Bond in der Connery-Ära, aber auch der Versuch das Bond-Franchise für die Zukunft auszurichten. Ein hehres Unterfangen, das rückblickend betrachtet zum Teil geglückt ist, zu der damaligen Zeit aber keineswegs immer auf Gegenliebe stieß, zumindest bei mir.
La-La Land Records hat im Zuge seiner Veröffentlichung der Scores zu den James Bond Filmen eine weitere Pressung auf den Markt gebracht und sie ist natürlich üppig ausgefallen. Waren es auf der ursprünglichen Veröffentlichung lediglich 29 Minuten der Musik von Michael Kamen, so sind es jetzt satte 2:29:01 Minuten! Die gesamte Filmmusik, einschließlich Additional Music, Source Music und der Original Soundtrack liegen auf der Doppel-CD bei.
Action-Fans, die mit der Musik von Michael Kamen zu den LETHAL WEAPON Filmen und dem Action-Klassiker der 80er Jahre, DIE HARD, aufgewachsen sind, werden Kamens Stil sofort wiedererkennen. Der Vollblutmusiker, ausgebildet an der Oboe an der Juilliard School und Leiter eines „Rock & Roll Ensembles“ setzt auch hier seine charakteristische Akustik- und E-Gitarre ein, um dem karibisch-südamerikanischem Flair der Locations musikalisch Ausdruck zu verleihen, neben Kastagnetten und Percussions.
Daraus ist – zu meiner Überraschung – eine durchaus hörenswerte Filmmusik entstanden, die abseits der zu dieser Zeit bereits eingetretenen Barry Pfade erfrischend klingt. Natürlich zollt Kamen John Barry seinen Respekt und erweist ihm Tribut, aber er untermalt die Handlung auf seine ganz eigene Weise. Das ist vielleicht nicht der ganz große Wurf, besitzt aber doch hohen Unterhaltungswert, nicht nur in den Action-Passagen, sondern auch in den ruhigeren Momenten des Films. Eine willkommene Abwechslung!
Timothy Dalton, der es lediglich auf zwei Einsätze als Geheimagent Ihrer Majestät brachte, hatte Pech. THE LIVING DAYLIGHTS hatte im Grunde alles, was ein Bond Film brauchte, wäre da nur nicht die viel zu verworrene und komplizierte Handlungen gewesen, zudem ein klassischer Bösewicht fehlte.
In LICENCE TO KILL taucht der wiederum als Schurke auf, in Form des von Robert Davi gespielten – Achtung! Ultrakult und Ultratrash zugleich – Franz (!) Sanchez. Der Versuch des Filmteams Bond gemäß Ian Fleming wieder näher an die Realität zu führen, glückte, aber nur zum Teil, denn was nutzt die Idee, wenn der Gegner ein drittklassiger Mime ist? Da ist Benicio del Toro als Killer in seiner (zweiten) Rolle deutlich furchteinflößender.
Beginnt der Film mit einer mitreißend gefilmten Pre-Title-Sequence, so ist er am Ende doch nur ein (durchaus gut gemachter) Action- aber eben kein Bond Film. Er entfernte sich zu sehr von der Ironie eines Roger Moore, die vielen gegen Ende auf den Geist ging, aber doch stets etwas Leichtigkeit und Amusement in die Handlung brachte.
Betrachtet man LICENCE TO KILL aus filmhistorischer Perspektive, so hat er zweifelsohne mit seinem grimmigen Unterton und seiner Brutalität den Weg für Daniel Craig geebnet, nachdem Pierce Brosnan zwischendurch in alten Klischees wandelte. Die Autoren um Craig machten es besser und verhalfen ihm zu großen Hits: CASINO ROYALE und SKYFALL.
Ich bin gespannt, wer die Nachfolge von Craig antreten wird und wer die Musik zum neuen Bond Thriller schreiben wird.
Es wird langsam Zeit.
Von den Keys,
Rick Deckard