Monsieur Claude und seine Töchter - Philippe de Chauveron

von Rick Deckard  -  25. Dezember 2015, 17:55  -  #Filme

Monsieur Claude und seine Töchter - Philippe de Chauveron

Kömodien sind ein schwieriges Genre und die Filme funktionieren nur, wenn das Timing passt, damit die Gags sitzen.

Claude Verneuil und seine Frau Marie leben in dem schönen Chinon in Frankreich und haben 4 Töchter. 3 von Ihnen sind bereits verheiratet, mit einem Chinesen, einem Araber und einem Juden.

Verneuil ist bekennender Gaullist und Katholik und von Beruf Notar. Sein grösster Wunsch ist es, dass seine letzte Tochter einen französischen Katholiken heiraten möge.

Regisseur de Chauveron (und sein Co-Autor Guy Laurent) haben einen entwaffnend ehrlichen Film über Vorurteile und versteckte sowie offene rassistische Ressentiments gedreht, den anzuschauen pures Vergnügen ist. Die Dialoge sind auf der einen Seite sehr komisch und auf der anderen offenbaren sie Wahrheiten, die sich keiner auszusprechen traut und sie lieber hinter vorgehaltener Hand kundtut.

Nicht so in dem Film. Bei einem gemeinsamen Treffen und Essen der Familie am Anfang des Filmes eskaliert die Situation, als die Beteiligten sich rassistische Beleidigungen an den Kopf werfen und keiner einen Deut von seiner Einstellung zurückweicht.

Genau die Stereotypien, die Menschen im Kopf haben, wenn sie einem Fremden begegnen, machen sie den anderen zum Vorwurf. Keiner begegnet dem "andersartigen" Gegenüber unvoreingenommen, sondern das Urteil über diese Person ist bereits von vornherein gefestigt.

Ein Vorurteil eben.

Dieses unüberlegte Denken und die mit diesem "Denken" verbundene Emotion mit dem daraus resultierenden Verhalten, das jedem Menschen zutiefst eigen ist, in das Gewand einer Komödie zu verpacken, einen so komplexen Sachverhalt, mutet zunächst befremdlich an, gelingt jedoch, weil die Komödie in der Lage ist, die Schwere der Thematik aufzulockern und ad absurdum zu führen und die Schauspieler diese Voreingenommenheiten vortrefflich pointiert zu spielen vermögen. 

Wenn man bei diesem Film lacht, dann nicht über die anderen, sondern im Grunde über sich selbst, seine eigenen Einstellungen. Insofern ist diese Komödie eigentlich eine Tragödie.

Christian Clavier spielt den Patriarchen in perfekter französischer Tradition und dass die Franzosen eine grosse und lange komödiantische Tradition besitzen wird einem wieder bewusst, wenn man diesen Film sieht. Es gibt einige urkomische Szenen deren Inhalt wie ein Spiegelbild der Realität anmutet, nur mit dem Unterschied, dass sich im Film alles in Wohlgefallen auflöst ("Wir handeln mit Träumen!").

Kritiker, die es wie immer nicht besser wissen, warfen dem Film genau diese Verharmlosung eines ernsten Themas vor. Ich sehe das überhaupt nicht so (weil wir Zuschauer auch in der Lage sind zu denken) und auch nicht die über 12 Millionen Zuschauer, die den Film in Frankreich zum Hit machten.

Auch wenn es naiv klingen mag und das ist eine keineswegs moralinsaure Botschaft des Filmes: Menschliches Miteinander unterschiedlicher Herkunft ist (im Grunde!) ganz einfach, oder um Erich Kästner zu zitieren:

"Es gibt nichts gutes, ausser man tut es!"

Monsieur Claude und seine Töchter ist eine Komödie, bei der das Timing passt und die Gags sitzen, ein locker-luftig-leichter Film mit einer positiven und lebensbejahenden Energie und Aussage.

Eine grossartige und ehrliche französische Komödie in allerbester Tradition.

Vive la France!

Aus Chinon mit einem Rotwein in der Hand,

Rick Deckard

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