Offener Brief an Robert Gwisdek

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  25. November 2014, 18:12  -  #Filme

Offener Brief an Robert Gwisdek

Lieber Robert,

ich bin leider zu alt, um Dir zu sagen, dass Du mein Held bist. Ich müsste 16 – 18 Jahre alt sein, damit dieser Personenkult persönlich funktionieren könnte. Nun bin ich aber 14 Jahre älter und möchte Dir doch zumindest mitteilen, dass ich Dein zielgerichtetes künstlerisches Prüfverfahren sehr bewundere. Als Mensch kenne ich Dich ja nicht, aber eben als Sänger, Autor, Filmemacher, Schauspieler.

Zufällig und angefangen hat der oben umschrieben Tatbestand mit Deiner Band Käptn Peng & Tentakel von Delphi. Insbesondere das Album „Expedition ins O“ halte ich für die beste deutsche alternative Hip-Hop-Schallplatte, nach „Die hohe Kunst der tiefen Schläge“ der unvergesslichen Kinderzimmer Productions. Insbesondere das liebenswerte und zugleich eskapistische „Liebes Leben“ schwirrt täglich in meinem Kopf rum.

Danach habe ich Dich als Schauspieler in ein paar deutschen Filmförderprojekten gesehen - und Filmförderprojekt ist für diese wirklich schlechten Filme im politischen Kontext „Geld rauswerfen“ gesehen, noch mehr als förderlich formuliert – deren Namen ich vergessen habe.

Ich urteile nicht allzu schnell, daher habe ich es dann noch mit dem possenhaften „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ versucht. Irgendwie vermute ich seit dem, dass der Lehmann, den Du dort spielst, Deiner schwer zu fassenden durchgedrehten Art nahe kommt. „Durchgedreht“ ist ein altertümlicher Begriff, den ich übrigens gerne in Deinem Fall ehr mit philosophischer Meta-Ethik, als mit slapstickhafter praktischer Philosophie übersetzen würde. Vielleicht mit der Überschrift „The Comedy of Philosophy“. Das Wort „Comedy“ ist dabei natürlich bedeutungslos.

Deine Eltern finde ich übrigens sehr sympathisch. Mehr noch Deine Mutter Corinna Harfouch, als den sehr guten Schauspieler Michael Gwisdek. Dieser Blick ist natürlich total, aus meiner Sicht als Zuschauer und nicht persönlich zu verstehen. Berichte Deiner Mutter bitte, dass ich Ihre Kunst tatsächlich und kürzlich in dem Dir bekannten Filmförderprojekt „3 Zimmer/Küche/Bad“ bewundert habe. Diese selbst zerstörte Frau dort war wirklich glaubhaft, bei der Sturmsequenz in dem verlassenen Familienhaus sogar richtig umwerfend, meinetwegen, Weltklasse.

Dann habe ich Dein Buch „Der Unsichtbare Apfel“ gelesen, welches mir sehr gut gefallen hat, da ich die Sprache sehr mag, die Du dort verwendest. Außerdem gefällt mir Logik und in sich liegende Unlogik zu Fragen der Existenz. Ein wunderbares Buch!

Der Brief würde eigentlich hier enden, wenn ich nicht gestern Deinen Kurzfilm „Circuit“ gesehen hätte, der mich zu tiefst bewegt hat. Gerne supporte ich ihn auch auf meiner blogseite und hoffe das noch viel mehr Menschen, diese surrealen Verrücktheit, die in der echten Welt sicherlich aufwendiger war als verhaltensgestörte 3D-Popcorn Cineasten und tumbe VL-Nachos-Fressende-HippeldiHopster das jemals sehen werden können.

Mal den ewigen Kreislauf, bei Seite gelassen, aber warum treffen Igor und der Fahrstuhlführerjunge noch den Elektriker in Deinem Buch? Es ergeben sich mehr Fragen die wohl eine Korrespondenz in Folge hätten.

Nun soll es aber erstmal reichen! Wie schreibst Du, zu dem –inzwischen– über den prämierten Kurzfilm: „Licht aus, Fiebertraum an“.  Persönlich abgeleitet und hoffnungsvoll beendet: Du Talent!

Alan Lomax

 

CIRCUIT

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