Fehlfarben und D.A.F. - Düsseldorf ZAKK - Samstag, 08. November 2014

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. November 2014, 13:22  -  #Konzerte

Fehlfarben und D.A.F. - Düsseldorf ZAKK - Samstag, 08. November 2014
Fehlfarben und D.A.F. - Düsseldorf ZAKK - Samstag, 08. November 2014

 

„Ratinger Hof präsentiert Fehlfarben und D.A.F.“

 

Wegweisend, historisch, fast museal hängt das Plakat über dem Eingang vom ZAKK. Und es gab viele die sich darunter fotografiert haben, die sonst sicherlich nicht so häufig ihre Handkameras benutzen. Man sieht glückliche, aber auch leicht verschämte Gesichter. Ein Foto muss trotzdem gemacht werden...

 

Natürlich ist der Ratinger Hof Geschichte. Aber was für eine!  Man merkt an diesem Abend das etwas zauberhaftes in der Luft liegt. „Ihr seid ARGE Scheiße“ singt Peter Hein dann wenig später vor ausverkauftem Haus in dem lustigen Politsong „Bundesagentur“ und beweist, dass Provokation und Wut, nicht immer nur rotzig sein muss, sondern auch durch aus würdig ist, wenn man dem ganzen Fürchterlichen mit Humor und einer Portion Albernheit begegnet.

 

Überhaupt sieht man den Gottvater of German Punk in letzter Zeit immer entspannter, selbstironisch und albern. Dass er natürlich immer noch wütend ist und verbaler Krawall immer noch zeitgemässen Sinn macht, beweisen Fehlfarben, dann am Ende des Sets mit dem Klassiker „Paul ist Tod“.

 

Viele hätten sich dann sicherlich ein Mashup mit der Deutsch Amerikanischen Freundschaft gewünscht. „Kebab-Träume“ sang an diesem Abend aber nur einer, obwohl beide Bands 1980 zeitgleich diese visionäre Single veröffentlichten. Dafür spielten die Herren um Kurt „Pyrolator“ Dahlke, dann relativ überraschend den verschmähten, aber immer noch zeitlosen Hit „Ein Jahr (es geht voran!)“. Bewegung kommt ins wissende und feierwillige Publikum.

 

Irgendwo stand auch die Überschrift „Verschwende Deine Jugend“. Jürgen Teilpel fasste ja imJahre 2001 die hiesige Musikszene zusammen. Und erinnert man sich dann richtig, denkt man der Abend sollte eigentlich „Verschwendet den Pyrolator nicht“, denn der Musiker Dahlke war Gründungsmitglied von D.A.F., Fehlfarben und dem massgeblichen Musikverlag der Zeit Ata Tak.

 

 

Und auch der Song „Verschwende Deine Jugend“ wird dann nur von Gabi Delgado-López alleine gesungen. Was im Sinne des geeigneten Line-Up Delgado, Schlagzeug und Playback auch richtig ist. Mehr brauchen die Pioniere der Elektro-Musik nicht. Das Konzept des provozierenden Shouters und der energetische Minimalismus der Musik funktioniert noch immer und klar Kurt Dahlke gehört da nicht rein. 

 

Nach einer furiosen Performance denke ich, dass „Hass wieder interessant werden muss“. Gabi Delgado hat in einem Interview einmal gesagt, dass man auch negative Denkmäler bauen sollte. Die Austauschbarkeit von Ideologien ist dabei immer noch das Prinzip, welches bei D.A.F. funktioniert, beeindruckt und die Band noch immer authentisch und zu einer der erfolgreichsten weltweit macht. In diesem Genre! Schade, denn der Mainstream würde noch immer „Für immer“ entsetzt sein.

 

In einer Ecke habe ich kurz Wolfgang Flür (Ex-Kraftwerk) gesehen! Was für ein unvergesslicher Abend, was für Geschichten:

 

„So wie New Orleans für Jazz und Blues gilt das Düsseldorf der 1970er und 80er als Mekka der elektronischen Popmusik. Hier schraubte »Kraftwerk« im legendären Klingklang-Studio an Klassikern wie »Autobahn« oder »Wir sind die Roboter«, hier schuf »Neu!« den Motorik Beat, hier brachte »DAF« den Sequenzern das Schwitzen bei. Und je größer der Abstand, nach Kilometern wie nach Jahren, umso mythischer erscheint der Ort.“

 

Rüdiger Esch (Die Krupps), beleuchtet die Elektronische Musik aus Düsseldorf in seinem kürzlich erschienen Buch „Electri_City“. 

 

Und zwar sowohl von innen, als Spur aus exklusiven O-Tönen ihrer Protagonisten wie Wolfgang Flür (»Kraftwerk«), Bodo Staiger (»Rheingold«), Gabi Delgado (»DAF)«, Jürgen Engler (»Die Krupps«), Ralf Dörper (»Propaganda«), wie zugleich von außen, in exklusiven Statements von Giorgio Moroder, Ryuichi Sakamoto, Andy McCluskey (»OMD«), Martyn Ware (»The Human League«), Glenn Gregory (»Heaven 17«) u. v. a. nebst Dokumenten aus der Rezeptionsgeschichte. 

 

„So wird sowohl die Wirklichkeit des Mythos wie die Wirklichkeit hinter dem Mythos sichtbar, die Weltmetropole des Modernismus genauso wie das Dorf in Düsseldorf.“

 

Besser kann man alles nicht zusammenfassen!

 

Alan Lomax

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