Saint Etienne – Words And Music By Saint Etienne
Bob Stanley’s Wohnzimmer stelle ich mir voller Schallplatten vor. Mag sein, dass ein paar enzyklopädische Musikbücher dazwischen stehen, aber ansonsten nur Musik.
Stanley ist ein Besessener, einer für den Musik Religion ist und einer der missionieren will. Wahrscheinlich ist er auch noch Fußballfan. Warum sonst hätte er mit seinem Kumpel Pete Wiggs eine Band gründen sollen, die nach einem Fußballverein benannt ist: AS Saint-Étienne? Das würde ja kein Sinn machen!
Ist Ihnen egal? Klar, sie hören Musik auch nicht in erster Linie weil es Ihnen was bedeutet, sondern als Dudelei im Hintergrund! Denn sonst hätten Sie bereits 1991 bei der Veröffentlichung von „Foxbase Alpha“ festgestellt, dass hier Menschen Musik machen denen es nicht nur um die Begleitumstände von Pop geht, sondern um ganz und gar, elementarer und unverhohlener Popmusik. Und zwar zusätzlich ausgestattet mit dem Einfühlungsvermögen Popmusik als Leichtigkeit, Fröhlichkeit zu verstehen, die sich irgendwo hinter französischen Chansons, italienischen Bildern der 1960er Jahre und englischer Popmusik versteckt. Talent und Wissen vereinen sich und machen diese ehr unbekannte Band zu einer der europäischsten Alternativen überhaupt.
Etwas Glamour steu(erten)n die beiden Sängerinnen der Band hinzu. Die heutige Massiv Attack Frontfrau Shara Nelson begann in den frühen Jahren. Ziemlich achtziger; …Girly-Pop-mässig angehaucht, bevor die immer etwas zu glatt, deswegen, aber auch stylische und sehr an Blondie erinnernde, Sarah Cracknell übernahm und der Band ein Gesicht verlieh.
Bereits gestern schrieb ich über die Sterne. Eine Band aus Hamburg die genauso lange professionelle Musik macht wie Saint Etienne. Auch die Britten haben es sich mit ihren sechs Alben nicht immer leicht getan. Insbesondere Album Nummer sechs „Finisterre“ hält zwar die Grundsätzlichkeit des „einfachen Hörens“, punktete aber hin und wieder mit der Ambition die Zuhörerschaft auf einmal tanzen zu lassen. Schlimm wurde es allerdings als auch noch eine Rap-Fusion unternommen wurde.
Auf und ab! Für Songs wie „Milk Bottle Symphony“ (2005) von dem Album „Tales From Turnpike House“ würde ich töten, viele andere Songs finde ich seicht und ich muss es so sagen: langweilig.
Bereits am Beginn dieses Eintrags, sprach ich von Haltung! Von Haltung und Fantum in der Popmusik handelt die inhaltliche Seite des neuen Album „Words And Music by Saint Etienne“. Weiß Gott ich bin ein Mann der ein romantisierender, zum Pathos neigender Popnerd ist und oftmals wie ein fröhlicher Idiot zwischen den leichten Melodien im Land wo Milch & Honig fließt, wandelt. Auch glaube ich an die Segnung und Heilung von Musik. Wenn ich einen Song wie „Over The Border“ höre, in dem es sich auch wiedermal um New Order und andere Lieblingsbands dreht, könnte auch ich das tun, ich meine durch drehen und zwar vor Freude. Aber was bleibt ist dieser seltsame Beigeschmack, diese oftmals aufkommende Langweile.
Und ganz ehrlich: Ich finde es gibt bessere Beispiele für die Besinnung auf retro-musikalische Traditionen….
Liebe Leser, wir kommen nun dort an, wo dieses Medium nicht mehr funktioniert. Treffen Sie mich daher heute Nachmittag auf dem Marktplatz ihrer Stadt und diskutieren sie mit, wenn es wieder heißt: „Saint Etienne ist cool, aber ihnen fehlen kompositorische Fähigkeiten um ihre Musik interessanter zu machen!“
Beim Aufbauen der Sitzgelegenheiten auf Ihrem Marktplatz und auf der Suche nach der Mikrofonanlage…
Alan Lomax