Jeremiah Johnson
John Milius und Edward Anhalt ('Becket', 'Die jungen Löwen') lieferten das Drehbuch zu diesem Film von Sydney Pollack mit Robert Redford in der Hauptrolle aus dem Jahr 1972. Als ich mir den Film nach über 20 Jahren wieder angesehen habe war der Vergleich zu Kevin Costner und seinem 'Dances With Wolves' sofort gegeben. Dieser viel früher gedrehte Film ist mit Sicherheit einer der Blaupausen für letzteren gewesen: Ein Soldat über dessen Vergangenheit wir nichts erfahren beschliesst aus Gründen die wir nur erahnen können aber nicht definitiv wissen, ein 'Mann der Berge' zu werden. Im Jahre 1850 macht er sich in Colorado auf in die Rocky Mountains zu reiten und die Zivilisation hinter sich zu lassen mit vielen Erwartungen. Ob diese erfüllt werden und wie es sich mit seinen Vorstellungen verhält erfährt der Zuschauer im Laufe der Handlung, wer hinhört schon im Titelsong.
Er macht die Bekanntschaft mit einem erfahrenen Trapper, geht in dessen Schule, lernt die Natur zu lesen und macht Bekanntschaft mit den Indianern. Weiter möchte ich die Handlung nicht verraten, denn mit einer gewissen Ironie und auch vielleicht boshaften Attitüde gehen hier sowohl die Drehbuchautoren und auch der Regisseur zu Werk. Letztens habe ich in den Liner Notes zum Score dieses Films gelesen, dass Milius am Ende mit der Version nicht einverstanden war und wer John Milius und seine Haltung kennt, der wird nach dem Film verstehen können warum das so ist.
Trotzdem ist 'Jeremiah Johnson' ein absolut sehenswerter Western und Film mit ausserordentlich beeindruckenden Aufnahmen und Farbfotografie des Kameramanns Duke Callaghan, der später leider bis auf 'Conan der Barbar' fast nur noch Fernsehserien wie 'Miami Vice', 'Magnum' und 'Columbo' fotografierte. Unglaublich, wenn man sich seine Bildkompositionen in diesem Film ansieht. Die raue, harte und kalte Welt der Rocky Mountains und der archaischen Landschaft werden in fantastischen Bildern eingefangen. Mit Sicherheit ein wesentliches Element dieses Filmes und wohl auch mit ein Grund, warum der Film so erfolgreich war.
Es gab auch ein reales Vorbild für diese Filmfigur, nämlich John Jeremiah Johnson, der auch den Beinamen 'Leberfresser Johnson' hatte. Johnson soll einen Rachefeldzug gegen die Crow Indianer gestartet haben, nachdem diese seine Frau ermordeten. Wie nicht anders zu erwarten wollte John Milius den kannibalistischen Aspekt dieser Figur weiter ausbauen, stiess aber letztendlich bei Regisseur Pollack auf Widerstand. Wie man auf imdb.com nachlesen kann sollte zuerst Clint Eastwood den Charakter verkörpern und Sam Peckinpah die Regie übernehmen - was da für Film entstanden wäre ?
Ein interessanter weiterer Aspekt dieses Films ist die Tatsache, dass er nicht romantisierend und verherrlichend ist. Redford aka Johnson macht letztlich nichts anderes, wonach viele Menschen sich sehnen: Zurück zur Natur, die Sehnsucht nach der Natur und die Flucht aus der Zivilisation (aus welchen Gründen auch immer). Im Grunde wird diese Suche, diese Erwartung realistisch demontiert und zeitgleich auch erklärt warum eine solche Flucht in der Gegenwart von Menschen nicht möglich ist. Eine sehr ernüchternde und desillusionierende Wahrheit. Damit passt der Film aber auch sehr gut in den allgemeinen Konsens und der kritischen Betrachtung der Gesellschaft in den 70'er Jahren.
'Jeremiah Johnson' ist ein brillant fotografierter und vielerlei Hinsicht aussergewöhnlicher Western, der sich nicht ohne weiteres in die lange Geschichte dieses Metiers einfach eingliedern lässt. Der Kampf Pollack gegen Milius wird einem immer wieder bewusst beim sehen, liefert vielleicht aber auch gerade deswegen einen prächtigen Film. Hätte ihn zu gerne auf der grossen Leinwand gesehen.
For Good,
Rick Deckard