Flowerpornoes – Ich Liebe Menschen Wie Ihr

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  21. November 2012, 13:20  -  #Populäre Musik

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Genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber es muss auf der Popkomm 1995 gewesen sein, als ich die Flowerpornoes das erste Mal gesehen habe. Ich war alleine dort! Meine Kollegen und Freunde konnten nicht mehr. Es war der 3 oder 4 Messetag. Müdigkeit, Sattheit machte sich breit!

An dem Abend spielten weitere Bands im Bürgerhaus Stollwerk. Ich habe vergessen welche es waren. Aber ich erinnere mich daran, wie die Flowerpornoes eine wunderbare Coverversion von „Heaven“ (Talking Heads) gespielt haben. Fassungslos machte mich dann später ihr eigener Song „Stolz“. Ich war begeistert…

Seitdem bin ich Fan, aber auch aufmerksamer Beobachter! http://www.lomax-deckard.de/article-tom-liwa-goldrausch-100623127.html

Tom Liwa habe ich noch einmal bei einem magischen Moment in Haldern erlebt. Es war ein Samstag, ca. 5 Jahre später. Bei schönstem Sommerwetter spielte er sehr alleine und verloren auf dem alten Reitplatz zwischen Embrace und Paul Weller. Es war wunderschön eigenwillig!

Wer sich mit der Musik der Flowerpornoes und der von Tom Liwa beschäftigt wird immer wieder das Gefühl haben, vor eine Mauer zu rennen. Tom Liwa polarisiert. Da sind auf der einen Seite seine unfassbar gelungenen Songs. Die einen melodisch und lyrisch extrem befriedigen und glücklich machen! Manchmal sind da aber auch extrem unerträgliche persönliche Texte, Arrangements und Ideen dabei, die zwischen esoterischen Schlager und längst vergessenen Space Rock taumeln. Die Spannbreite ist enorm und ich würde gerne den Menschen treffen, der alles und jeden Song grandios findet. Was muss das für ein Mensch sein? Aber was für ein Mensch ist Tom Liwa? Zumindest ein ehrlicher, denn offensichtlich besteht seine Kunst auch aus dem Moment und dem Mut zur peinlichen Ehrlichkeit – Authentizität!

Vielleicht ist diese Unbeständigkeit auch der Grund für eine ungenügende Wahrnehmung im deutschen Musikkosmos. Bei analogischen Gedankengängen um die deutsche Musik werden die Flowerpornoes gerne als einflussreich bezeichnet, gleichzeitig verbindet man aber auch ein  antikommerzielles Selbstverständnis und einen fehlenden Anschluss an die Szene mit den Duisburgern die nicht aus Bad Salzuflen kommen und sich eben nicht später in Hamburg niedergelassen haben.

Auf der neuen Platte ICH LIEBE MENSCHEN WIE IHR sieht man eine Fliege auf weißen Grund. Welche Metapher soll man da bemühen? Wer weiterhin das tut, was er immer getan hat, braucht sich nicht zu wundern, wenn er weiterhin das bekommt, was er schon immer bekommen hat? Oder etwas pathetischer: Auf Leben und Tod!?

Ich weiß es nicht! Ebenso weiß ich nicht, wie man so grauenvolle Lieder wie COUNTRY schreiben und veröffentlichen kann, um diese neben so schöne Popperlen wie PAZIFIKA, CHINESE INCA oder LAND zu stellen. Aber so sind sie halt die Flowerpornoes. Abgehalfterter Spruch meinerseits: Zwischen Genie und Wahnsinn.

Wenn diese Band nicht polarisiert weiß ich es auch! So kann sich aber jeder seinen ganz persönlichen Flowerpornoes-Song aussuchen. Die Reise dahin ist lang, hart, schön und man wird sich gerne daran zurück erinnern. Und dann hat man ja auch bestimmt DEN Song gefunden. Sie können dann alles andere Abschalten, denn der Himmel wird voller Geigen sein. Ich verspreche es ihnen.

Und so einfach ist es eigentlich auch den Schlüssel zu der Musik von Tom Liwa zu finden. Das ist Musik, das sind Texte zum alleine hören und sein!

Was für eine spannende Band!

Alan Lomax

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