Bonnefantenmuseum Maastricht

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  10. Januar 2012, 11:27  -  #Kommunikation

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Wer in der Nähe des Länderdreiecks wohnt, war auch wahrscheinlich häufiger mal in Maastricht.

 

Maastricht ist eine der ältesten Städte der Niederlande und für jeden Hollandliebhaber ein Muss. Es gibt einen Fluss, eine schöne Altstadt, wunderbare Restaurants, tolle Geschäfte (u.a. ein Buchladen in alter Kirche) und jede Menge Flair.

 

Kulturell hat Maastricht weniger zu bieten, als angekündigt wird. Die Region Limburg ist ein Reise wert, sollte aber lieber zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkundet werden. Sehr interessant sind die Kasematten, aber hier soll es heute um Kunst gehen. Wenn man so etwas in Maastricht sucht, sollte man die zahlreichen Galerien aufsuchen oder das Bonnefantenmuseum.

 

Dieses Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht moderne Kunst ab 1980 zu zeigen. Gleichzeitig soll dem Besucher die Kunst der südlichen Niederlande bis 1625 vermittelt werden. Ein wilder Ritt also zwischen Klassik und Moderne.

 

Es wird sich für Ausstellungsbesucher merkwürdig anhören, aber ich schätze an Museen zu erst einmal die Architektur. Unter uns: Ich schätze bei der Architektur von Museen hauptsächlich den Größenwahn und die Eitelkeiten die in den Bauten stecken. Denn primär ist so ein Stadtmuseum ja erstmal ein Aushängeschild bzw. Prestigeobjekt.

 

Waren Sie schon einmal im Arp Museum Bahnhof Rolandseck oder im Guggenheimmuseum Bilbao? Dann wissen Sie was ich meine!

 

Beim kritischen Betrachten dieser Tempel muss ich oft an die Wahnsinnigen Hitler/Speer denken. Die mit ihren geplanten Monumentalbauten ihre eigene Eitelkeit bzw. Herrschaftsanspruch unterstreichen wollten. Die großen Kunstmuseen handeln, bauen und planen im Prinzip nach gleichen Maßstäben.

 

Es ist keine Frage des Geschmacks oder des Wohlfühlens oder der Begeisterung für schöne Räume und Bauten, es ist eine Frage des Größenwahns, die bei mir oftmals viele Fragen hinterlässt.

 

So auch beim „wandeln“ -durch das von Stararchitekten Aldo Rossi entworfene- 4.000 qm große Museum. Die Bezeichnung „Seh-Fabrik“ ist passend, beschreibt aber auch den bereits angesprochenen Größenwahn.

 

Architekturinteressierte können sich den -eigentlich- schönen Bau hier ansehen: http://www.bonnefanten.nl/en/about_us/building_en_architect

 

Was aber soll so ein Tempel, wenn es keine große Kunst zu zeigen gibt bzw. sich dem Besucher kein Konzept erschließt? Rossis Anspruch war es, den „Verlust der Mitte“ darzustellen. So gibt es Seitenflügel, einen beeindruckenden vorgelagerten Kuppelsaal und eine schöne Galerie, aber keine Bilder, keine Kunst in der Mitte des Baus. Dort schreitet man „nur“ eine imposante Treppe hoch.

 

Der Meister mag seine Referenzen bei der historischen Stadtplanung von Maastricht, der Maas und dem ewigen Problem mit den Römer gesucht haben und wollte diesen komplexen Sachverhalt bestimmt auf sein Museum kopieren.

Vielleicht war es auch die Idee von irgendwelchen kommunalen Politikern. Vordergründig ist das auch gelungen, denkt man aber in der verpflichtenden Kombination Architektur/Eitelkeit/Größenwahn/Kunst/Selbstdarstellung nach, gelingt es den Maastrichtern dann leider nicht ein großes Kunstmuseum zu erschaffen.

 

Nun fällt mir gerade auf, dass ich ein neues Feld entdeckt habe. Es gibt nämlich keine Museumskritiker. Pressetexte, Ausstellungsbeschreibungen etc. sind immer strategische PR-Maßnahmen. Kritisch heranwagen tut sich der Kulturkritiker offensichtlich an dieses Thema nicht. Denn was kann es schon negatives an einer Kunstausstellung geben?

 

Ich will es mal kurz und von meiner primitiven Sichtweise aus formulieren: Ich bin kein Kunstkenner und habe bereits Schwierigkeiten, verschiedene Epochen zuzuordnen. Wenn ich in ein Museum gehe, lasse ich mich gerne treiben, gerne anleiten und bestens falls faszinieren für einen Künstler der mich in irgendeiner Weise anspricht. Also wieder mal auf der Suche! Das Treiben im Bonnefantenmuseum ist nicht möglich. Denn es strengt erst einmal an. Die Architektur und der Verlust der Mitte sind so schwierig zu verstehen, dass man sich total unkoordiniert fühlt. Dann sehe ich mittelalterliche Skulpturen, wechsle den Raum und sehe sog. Minimalisten, gehe weiter und stehe auf einmal in einer Sammlung von niederländischen Malern, wie Pieter Brueghel oder Peter Paul Rubens, dann wieder in einem Raum, dem der italienischen Malerei des 14. Jahrhunderts gewidmet ist und dann auf einmal in einem Raum, wo ein Bild von Menschen aus Neon-Röhren beim Gruppensex gezeigt werden.

 

Vereinfacht gesagt: …ich bin überfordert und das Konzept muss mir erst mal jemand erklären.

 

Warum schreibe ich das alles! Ganz einfach, weil mir auffällt, dass Menschen die ein Museum besuchen hörig sind. Besucher von Kunstausstellungen sind blind, taub und nicht urteilsfähig, weil sie von einem Moment auf den anderen eine fremde, ihnen unbekannte Welt betreten. Steht Kunst drauf, muss das schon richtig sein! Die Urteilskraft setzt aus, Maßstäbe werden neu ausgependelt. Ich finde das ist ein interessanter Triumph der Provokation, aber entspricht nicht dem eigentlichen Ziel bzw. der Aufgabe eines Museums. Zumindest nicht hier in Maastricht!

 

Alan Lomax

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