Jacques Rivette - Es geht nicht darum der beste Regisseur zu sein...
Es waren Francois Truffaut, Jean-Luc Godard, Eric Rohmer und Jacques Rivette deren "Nouvelle Vague" das Kino veränderten.
Dabei veränderten die vier französischen Männer das Kino nicht nur mit ihren bescheidenen Filmen, sondern mit einer komplett anderen Sicht auf das Kino. Die Faszination für diese Pioniere des modernen Films liegt bei mir persönlich, abgesehen vom Truffaut Werk, nicht in der Kunst komplexe, glaubwürdige und wahrhaftige Filme gedreht zu haben, sondern eben darin, wie leidenschaftlich sie das Medium liebten, dafür lebten, darüber im "Cahiers du Cinéma" schrieben und sich ein eigenes Bild, entwarfen Filmkunst zu entschlüsseln.
Alle vier Freunde, waren zeitgleich kluge Kritiker und zum Teil autodidaktische Künstler, die sich intensiv und im vollen Umfang ihres Lebens, zum Teil unter bedingungsloser Armut, der Kunst im allgemeinen zu widmen und die gesamte Textur im Film wieder zu finden. Denn neben ihren unterschiedlichen Qualitäten selbst Filme zu drehen, waren sie alle enthusiastische Nerds und ultra-brutale Hardcore kunstinteressierte in Sachen Literatur, Theater und Malerei.
Ein kluger Mann sagte mal: "Wer nur vom Kino etwas versteht, versteht auch davon nichts. Jaques Rivette ist letzte Woche in Paris gestorben. Jean-Luc Godard ist nun der letzte Überlebende des Quartetts.
Zur Wirkung und Einordnung des getrimmten Interesses für diesen blog, sei ganz kurz gesagt und ohne zu langweilen, dass zudem am meisten die Polemik und die gemeinsame Überlegung zur Erneuerung des Films und der theoretische Blick in die Zukunft am meisten beeindruckten.
Rivette selbst war in seiner praktischen Umsetzung neben Godard vielleicht der radikalste Visionär. Allerdings auch gleichzeitig langweiligster Regisseur der vier Regisseure der späteren Filmzeitschrift La Gazette du cinéma.
Eine von mir gehaßte Methode von Rivette war es, dass er kein Drehbuch nutze, was man in jeder Sekunde seiner langen Reihe an Filmen merkt.
Aber ich schreibe diesen persönlichen Nachruf nicht wegen dem filmischen Oeuvre des sympathisch ruhigen, sehr langsamen Intellektuellen, sondern wegen seiner generellen Liebe und Leidenschaft zum Film.
Ich will auch nicht zu weit ausholen und meine romantisierten Kinoträume auspacken, aber die Geschichte der Menschen rund um die CINÉMATHÈQUE FRANÇAISE hat mich schon immer sehr fasziniert.
Männer wie Henri Langlois und Georges Franju könnten auch stellvertretend für den Namen Alan Lomax stehen, wenn es um das SAMMELN von schönen Dingen, Ideen und Erinnerungen geht was mit Film und Kino in Verbindung steht.
Wie gesagt es gibt keinen Film von Rivette der mir gefällt und viele die ich nicht zu ende gesehen habe, weil ich kopfschüttelnd das Kino verlassen habe.
Aber Rivette hätte das verstanden und hätte ich ihn gekannt, hätten wir darüber diskutiert. An einem schönen Frühlingstag im Garten der CINÉMATHÉQUE bei Rotwein und jeder Menge Kippen.
Die CINÈMATHÈQUE wurde auch das Gedächtnis des Kinos genannt. Und dazu hat der Künstler und Cineast Rivette viel beigetragen und gehört verdammt nochmal erwähnt, wenn man den Film und das Kino leidenschaftlich liebt.
Was für ein Quatsch, dass Frankreichs Staatspräsident Hollande den verstorbenen Regisseur als einen der größten Filmemacher überhaupt würdigte. Hätte er lieber Kinoenthusiasten gesagt, er hätte recht gehabt. Und diese Würdigung wäre glaubhaft und gerecht gewesen.
Schlußendlich: Ich bewundere es, dass diese VIER soviel Zustimmung bekommen haben und noch immer im Bewusstsein der Öffentlichkeit stehen. Das Gedächtnis des Kinos ist offensichtlich noch in guter Funktion.
Aus dem 16.Arrondissement in Paris
Alan Lomax