The Tree Of Life - Terrence Malick

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  27. Dezember 2011, 18:32  -  #Filme

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Ich bin froh, dass es Regisseure wie Malick noch gibt.

'The Tree Of Life' ist ein wuchtiger, bildgewaltiger, extrem streitbarer, langweiliger (im wahrsten Sinne des Wortes!), anstrengender, fesselnder, religiöser, philosophischer und diskussionswürdiger Film, dessen Bedeutung man vermutlich erst in einigen Jahren und Jahrzehnten richtig verstehen wird, denn durch einmaliges sehen kann man sich diesem Werk nicht nähern. Das ist unmöglich.

Diesen Film einem Genre zuzuordnen ist nicht möglich, am ehesten 'Experimentalfilm'. Er weigert sich den narrativen Gesetzmäßigkeiten des Kinos zu folgen, es gibt keine richtige, bzw. dreiaktige Handlung, er fordert vom Zuschauer das Äusserste.

Warum also bin ich froh, dass es Regisseure wie Malick gibt?

Weil sie Mut haben und gegen den Strom schwimmen, sie folgen eigenen Visionen, Idealen und Ideen und erweitern den filmischen Horizont. Weil sie Filme drehen, die sich nicht am Mainstream orientieren.

'The Tree Of Life' ist ein Film voller Symbolik und tief religiös, ohne jedoch missionieren zu wollen. Er überlässt die Interpretation dem Zuschauer und wirkt lange nach. Wer sich in der Literatur auskennt und die 'Stream of consciousness' Technik schätzt, gar James Joyce, der wird an dieser Bilderflut und den mit ihr verbundenen Gedanken seine wahre Freude haben.

Kritiker und Journalisten weltweit haben den Film mit Stanley Kubrick's Meisterwerk '2001 - A Space Odyssey' verglichen und das kommt nicht nur inhaltlich von ungefähr. In einigen Sequenzen werden Cineasten seine Handschrift sofort wieder erkennen: Douglas Trumbull ist ein wahres Genie der Spezialeffekte. Nicht nur 2001 adelte er durch seine Kunst, sondern auch 'Blade Runner' und 'Brainstorm'. Seine Kunst und seine unglaubliche Phantasie und Vorstellungskraft sind atemberaubend. Er und Malick erschaffen so auf der Leinwand noch nie gesehene Bilder, die in Kombination mit der Musik für ein audio-visuelles Erlebnis sorgen, welches einen nur staunen lässt.

http://douglastrumbull.com/

Kino ist und bleibt zuerst Bild und dann alles andere, sonst könnte man den ganzen Tag auch lesen oder Hörbücher hören. Ich bedauere es zutiefst, dass ich diesen Film nicht im Kino gesehen habe und hoffe, dass er in Zukunft auf Festivals aufgeführt wird, vielleicht idealer Weise auch im Freilichtkino.

Bei aller Euphorie muss man immer auch die Kehrseite der Medaille sehen. Der Film ist streckenweise extrem anstrengend und fordert unendlich viel Geduld. Denn er folgt nicht einer klassischen Dramaturgie, sondern einzig dem filmischen Ideal seines Regisseurs. Entweder man lässt sich darauf ein oder lässt es gleich, dazwischen gibt es nichts. Die, die es wagen und mutig sind, werden belohnt werden.

Worum geht es in diesem Film? Das ist schwer zu beantworten. Folgt man einer wagen roten Linie, ist er eine einzige persönliche Trauerarbeit um den Verlust eines geliebten Menschen. Auf der anderen Seite aber wird man als Zuschauer mit sehr persönlichen und existentialistischen Fragen konfrontiert, die so im Kino noch nie gestellt wurden. Auch Kubrick ging dem nach und sein Film führte nach der Uraufführung zu einer grossen Diskussion über Jahrzehnte.

'The Tree Of Life' hat die gleichen Qualitäten. An Malick und seinem Film haben und werden sich die Geister scheiden.

Er zeigt Hollywood immer wieder, über welche wahrhaftigen Qualitäten das Kino verfügt.

Ein Meisterwerk.

Rick Deckard 

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