Oblivion – Joseph Kosinski
Vielleicht ist es ja so, dass Sie sich gar nicht für Filme interessieren! Sich mit erhobenen Hauptes abwenden, wenn die Sprache auf einen Film wie „Oblivion“ von Joseph Kosinski fällt. Oh je und dann hören Sie noch, dass es sich um einen Science Fiction Film handelt („ich hasse Science Fiction“), in dem auch noch dieser Tom Cruise mitspielt.
Nein, nein, das ist nichts für Sie! Dann lieber einmal im Monat ins Programmkino Ihrer Wahl in einen Art House-, spanischen- oder koreanischen- Film. Eine Geschichte möchten Sie erzählt bekommen? Etwas über andere Länder, deren Kulturen und deren Gesellschaft erfahren? Generell ist es so, dass Sie sich sowieso lieber mit den „schönen“ Dingen in diesem Leben beschäftigen. Mit lyrischen Büchern, nachhaltigen Fragen, Objektkunst und Kunsthandwerk?
Das sind die zentralen Themen in ihrem Leben. Gerne fahren Sie dafür am Wochenende auch mal ein paar Hundert Kilometer, um sich eine Ausstellung anzusehen. Vielleicht ist es die formal-ästhetische Funktion die Sie daran interessiert, vielleicht aber auch die technisch-praktische Funktion. Wie auch immer mit Objekten kennen Sie sich aus, aber wenn die Grenzen der Kunst ins Fantastische ausgedehnt werden und sich die Formenwelt in das Wechselspiel von Science-Fiction und Design begibt, dann machen sie intellektuel dicht.
Vielleicht könnte man Sie noch überzeugen, wenn man die Begrifflichkeit Pop-Art verwendet oder stilprägende Filme wie Kubricks „2001 – Odysee im Weltraum“, wo Alltagsgegenstände wie Sessel oder Lavalampen in der spezifischen Gestaltung auf einmal Mainstream wurden.
Falls Sie sich nun angesprochen fühlen und einen roten Kopf haben, empfehle ich Ihnen erst einmal durchzuatmen. Meine Kritik an Sie ist gar nicht böse gemeint und noch nicht mal Gesellschaftskritisch, sondern soll Sie einfach anspornen einmal Ihren „Horizont zu erweitern“. Und diese Phrase ist diesmal tatsächlich visuell gemeint. Dazu gleich mehr. Glauben Sie mir. Ich selbst war auf Ostereiermärkten und kunsthandwerklichen Ausstellungen. Ich habe interessante Dinge gesehen, die mir auch von der ästhetischen Seite gefallen haben. Auch ich mag „schöne Dinge“ um mich herum. Daher möchte ich Sie nun in „meine“ Welt einladen:
Eine Welt die sich um das Geschichten erzählen kreist und von der Schönheit und der Kunst des Filmes erzählt. Einer Form der Kunst, die als EINZIGE alle anderen Kunstform beinhaltet. So auch die Kunst des Designs.
Die Vorlage für den aktuellen Joseph Kosinski Film (nach Tron:Legacy) basiert auf einer mit Arvid Nelson geschrieben, aber nicht vollendeten Graphic Novel. Die zum Unterschied zu einem Comic, den Leser über mehrere Seiten alleine im Tunnel der Zeichnungen lässt und wie bei einem Stummfilm, zwischen durch die Handlung textlich resümiert. Kosinski hat sich auf diesen Erzählrhythmus eingelassen und für seinen Film zugelassen. Vielleicht nicht die beste dramaturgische Wahl, da der Film so etwas zerbrochen und episodenhaften erzählt erscheint. Aber das ist auch schon der einzige Makel dieses ansonsten absolut zu empfehlenden Films.
Erzählt wird die Geschichte des Flugdrohnenmonteurs Jack Harper und seiner Partnerin Victoria, die auf einer entvölkerten Erde, den Abbau lebenswichtiger Resscourcen überwachen. Harper der auf seinen täglichen einsamen Außeneinsätzen nebenbei immer wieder auf Szenen seines früheren Lebens stößt, muss zudem mit allerhand weiteren Konflikten kämpfen.
Mehr sollte man zum Inhalt des Filmes nicht wissen, bevor man ihn sieht. Denn wiedermal ist sich „jeder seines eigen Glückes Schmied“. Nehmen Sie sich der komplexen Geschichte an, die durchaus eine Herausforderung des Verstehens ist oder tauchen Sie ab in tiefen, philosophischen Fragen, die der Film durchaus aufwirft und sich somit nicht vor Vergleichen zu anderen großen Filmen des Genres der letzten 40 Jahre scheuen muss!
Stars des Films sind Tom Cruise, die Ausstattung und die visuelle, fast hypnotische Kraft des Filmes. Tom Cruise ist die allerbeste Wahl für den Film. Seine Leistung als Jack Harper, muss ab sofort in einem Atemzug mit Bruce Derns Darstellung als Freeman Lowell in „Silent Running“ oder Sam Rockwell’s grandiosem Spiel als Sam Bell in Ducan Jones famosen „Moon“ genannt werden. Nur das Cruise es schafft sich selbst zu spielen. Eine außerordentlich abstrakte Leistung. Cruise erlernten Fähigkeiten der coolen Actionmoves aus der M.I. Serie, sein sowieso jugendliches Aussehen und seine Fähigkeit Sensibilität, Gelassenheit und Wut in einer Sekunde darzustellen sind mehr als anbetungswürdig.
Die Optik des Filmes ist überwältigend! Gemeinsam mit den bis ins letzte Detail durchdesignten Alltagsgegenständen, Möbeln, Raumschiffe und Drohnen, gesetzt in unglaublich wunderschöne leer, warme und kalte mit Tageslicht durchfluteten Landschaften, müssen einem jedem Cineasten die Tränen kommen bei diesen Bildern.
Überhaupt ist es das Tageslicht, was den Film auch insbesondere für einen Si-Fi-Film besonders macht. Mir fehlte streckenweise der Atem und ich bedauere es sehr, diesen Streifen nicht im Kino gesehen zu haben. Ob er das Zeug für einen Klassiker hat, wage ich einmal nicht zu vermuten. Wahrscheinlich ist es letztendlich die Story die für viele Menschen zu knifflig, kleinteilig, kompliziert ist. Vielleicht sind es die fehlenden handfesten „Charaktereigenschaften“ die die Hauptpersonen hinterlassen. Vielleicht ist es auch die fehlende Liebe zum Kino der Zuschauer, die einen solch Detailversessen, liebevoll Ausgestatteten und durch Designten Film nicht mehr zu schätzen wissen. Schnell ins Parkhaus wollen oder sich bloß nicht mit der Frage auseinander setzten wollen, was mit unserem Planet, unserem Leben und unserem Erbe eigentlich passiert?
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Alan Lomax