Hell On Wheels – Joe Gayton, Tony Gayton
Ich liebe den amerikanischen Mythos der Eroberung des Westens. Schon immer! Natürlich wie jeder Junge habe ich Cowboy & Indianer gespielt, ich habe mir Personen und Handlungsorte per Trivialliteratur einverleibt. Im wesentlichen waren erst Renè Goscinny und dann Karl May für meine Bilder im Kopf zuständig. Später haben Regisseure wie Fred Zinnemann, Howard Hawks und John Ford das Bild vervollständigt, bevor Sergio Leone und insbesondere Michael Cimino es wieder zerstört und neuaufgebaut haben.
Insbesondere die beeindruckenden und realistischen Bilder des Meisterwerks „Heavens Gate“ und die pessimistische Abrechnung mit dem Mythos „Wilder Westen“ haben mein Denken selbsterneuert.
Denn natürlich war das Alltagsleben der Menschen im Westen, deprimierende Wirklichkeit. Genau davon erzählt auch der derzeit auf TNT Serie laufende Mehrteiler „Hell On Wheels“.
In Nebraska bewegt sich der Bau der ersten transkontinentalen Eisenbahn immer weiter. Der ehemalige Sklavenhalter und Soldat Cullen Bohannon, macht sich auf die Suche nach seiner Frau. Im immer weiterziehenden Dorf „Hell On Wheels“ wird er Vorarbeiter des Eisenbahnbaus. Die Dinge stehen schlimm! Die Cheyennen lungern ständig im Feld rum, die Arbeit ist hart, die Abende dumpf, die Männer dumpfer. Ex-Sklaven hauen sich mit Iren, Iren mit anderen usw. Dreck, Prostitution, ein Tyrann (Mr. Schwede) und der Vorsitzende der Union Pazifik regieren die Stadt.
Die ersten beiden Staffeln waren recht erfolgreich, die dritte ist bereits in Auftrag gegeben. Was überrascht, denn die Serie ist inhaltlich, dramaturgisch und schauspielerisch sehr schlecht!
„Hell On Wheels“ fehlt es an Rhythmus und Logik, an optischer Opulenz, an einer selbstkritischen Haltung und an imponierenden Momenten, die eigentlich nur an der fehlenden Grundstruktur der Hauptfiguren liegen kann. Und das liegt primär an den fürchterlichen Schauspielern.
Allen voran Anson Mount, der den ehemaligen, depressiven und sehr gut aussehenden ex-konföderierten Soldaten Cullen Bohannon gibt. Natürlich ist so eine Einschätzung immer Subjektiv, wenn sie nicht belegt wird. Meine untermauerte Meinung, Vermutung, ist, dass es der Serie komplett an Kontrasten fehlt.
Nimmt man Michael Ciminos „Heavens Gate“ noch einmal als direkten Vergleich, wird man die qualitativen Unterschied direkt sehen. Cimino hat den Film als „Krieg und Frieden“-Epos aufgearbeitet und idyllische Szenen eingebaut. In „Hell On Wheels“ hingegen sehen wir nur Dreck und schlecht gelaunte Typen, die ohne scheinbare Motive handeln und vor sich hinvegetieren. Für die gewollte Lethargie, tritt ungewollte Langeweile auf. Auch ein Motiv! Aber eins das inhaltlich zum Scheitern verurteilt ist. Ähnlich wie es bei der Serie „Spartacus“ geschehen ist, wird es auch dieser Serie ergehen: Brutalität, Hardcoresex, Rassismus und Personenkult, werden vor eine möglich faszinierend zu erzählende Geschichte treten. Die sich zum Beispiel mit der Wiederherstellung der Moral und dem Thema Recht und Gerechtigkeit, auch im Hinblick auf die unterschiedlichen ethnischen Gruppen und dem somit vereinten Amerika beschäftigen könnte.
Leider ist die Serie auch komplett Humorlos und kann somit auch keineswegs die Nachfolge von „Deadwood“ antreten. Lieber die Finger davon lassen und andere Serienprioritäten schaffen!
Alan Lomax