Barfly

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  4. Oktober 2009, 09:06  -  #Filme




Ich habe wenig Bücher in meinem Leben gelesen, häufig wegen fehlender Muße und zum anderen, weil sie mich nach dem lesen lange "nötigten" über den Inhalt nach zu denken. Das kostet viel Zeit und wer hat die schon? Ein Kommilitone machte mich mit dem Werk von Charles Bukowski vertraut und eben dieser Bukowski war einer der wenigen Schriftsteller, deren Bücher ich geradezu verschlang. Ich liebte die Sprache und die Geschichten. Hier schrieb ein Mensch direkt drauf los, ohne viel Aufhebens und Schnörkel. Was aber entscheidend war ist die Tatsache, dass seine Bücher Humor und Witz versprühten. Er brachte mich zum lachen. Egal ob 'Faktotum', 'Schlechte Verlierer' oder 'Fuck Maschine'. Jedes mal hoben seine Bücher die Stimmung. Ich verehrte diesen Mann und tue es noch heute. Sein Geburtshaus in Andernach fotografiert von dem ehemaligen Freund meiner Schwester, dessen Heimatort das auch war, steht noch immer auf meinem Schreibtisch. Charles Bukowski ist eine Legende, einer der ganz grossen.

Ende der 80'er Jahre, eigentlich auch schon in den Jahren zuvor, verbrachte ich einen Teil meiner Freizeit in Videotheken und dem sehen und kritisieren (!) von Filmen. Ich liebte und liebe es immer noch: Filme und Kino. Mit meinem damaligen Schulfreund Heiko S. verbrachte ich einige Zeit in Videotheken. Der Besitzer einer dieser Schuppen war kein ausgemachter Kenner nebenbei bemerkt, jeder Film der neu heraus kam war ein "Spitzenfilm". Insofern ignorierten wir seine Empfehlungen. Letztens hatte Mr. Lomax in der Kategorie 'Filme raten' einen Film von z.B. Michael Dudikoff vorgestellt. Solche Filme liehen wir uns auch aus. Mickey Rourke war damals ein Held und Idol und einer der talentiertesten Schauspieler. Ich musste Heiko S. einige Zeit überreden 'Barfly' auszuleihen, da auf der Rückseite des Covers keine Explosionen, Action und Waffen zu sehen waren. Er liess sich überzeugen, da ich ihm von der ordinären Komponente Bukowski's in seinen Büchern erzählte und seinem Witz. 'Barfly' wurde zu einem der (persönlich) am meisten gesehenen und zitierten Filme aller Zeiten.

Ich habe 'Barfly' gestern nach fast über 15 Jahren wieder gesehen und der Film hat nichts von seinem Potential eingebüsst. Ich musste von den 90 min fast 80 min ununterbrochen lachen, so sehr, dass die Gesichtsmuskeln schmerzten, die Tränen die Wangen hinunter kullerten und ich keine Luft mehr bekam vor diesen Lachattacken. Nun verhält es sich mit diesem Film nicht so, dass er als Komödie ausgelegt ist, eher als 'Drama', wobei ich eher sagen würde 'eine filmische Bestandsaufnahme' und insofern hat er nicht dieses spezielle Timing was Komödien ausmacht, aber er macht einfach Spass, von der ersten bis zur letzten Minute.

Die ersten 16 min sind das ohnehin das lustigste und furioseste überhaupt. Sensationell in der Rolle des Barkeepers: Frank Stallone, schön wie es sich für die 80'er gehörte mit einer akkuraten Rotzbremse im Gesicht und einem Mittelscheitel. Was für skurrile, interessante, witzige Typen allein in dieser Bar herumsitzen, was für Kommentare sie von sich geben ist unübertrefflich und sowohl die Einzeiler als auch die Dialoge, die sich eher im Hintergrund abspielen, sind atemberaubend komisch. Ich musste den DVD Player ein ums andere mal anhalten, weil ich mich nach dem lachen erst einmal sammeln musste.

Das ist v.a. ein Verdienst des grandios spielenden Rourke und es tut einem in der Seele weh mit anzusehen was aus ihm wurde. Was für ein begnadeter und brillanter Schauspieler! Er spielt das Alter Ego von Charles Bukowski, namentlich Henry Chinaski. Eine richtige Handlung gibt es in dem Film eigentlich nicht. Chinaski's Welt sind die Bars und Kneipen, sowie deren Hinterhöfe und der reichlich fliessende Alkohol. Nebenbei schreibt er Gedichte und Erzählungen und wird von einer Herausgeberin eines Independent (!) Magazins entdeckt. In einer der Bars entdeckt er 'Wanda', ebenfalls grossartig gespielt von Faye Dunaway, mit der er so etwas wie eine Freundschaft schliesst.

Die Welt eines Charles Bukowski kann man nicht erklären. Entweder man "versteht" sie oder nicht. Dazwischen gibt es nichts und es lohnt auch nicht darüber zu diskutieren. Ich kann diesen Film sowieso nur denjenigen empfehlen, die mit seinem Werk vertraut sind (und darüber lachen konnten). 

Es hat gut getan festzustellen, dass es noch immer Filme gibt die nichts von ihrer Qualität eingebüsst haben und es tat auch gut diesen unglaublich talentierten Schauspieler wieder zu sehen. Ich könnte jetzt ganze Passagen aus dem Film zitieren, sensationelle Dialoge zwischen Chinaski und 2 Rettungssanitätern beispielsweise, aber ich lasse das. Der Regisseur dieses Films heisst Barbet Schröder. Mit 'Weiblich, Ledig, Jung sucht' wurde er bekannt. Mit Jeremy Irons und Glenn Close drehte er das fantastische Drama 'Reversel of Fortune' um die Geschichte des Claus von Bülow, der des Mordes an seiner Frau angeklagt wurde. Danach wurde es leider still um ihn. Produziert wurde der Film von Francis Ford Coppola, sowie dem Produzentenduo der 80'er Jahre M. Golan & Y. Globus mit deren Firma 'Cannon Films'. Zu den anderen Produktionen dieses Duos gehören u.a. 'Eis am Stiel', 'Sahara', 'Missing in Action', 'Die City Cobra', 'Masters of the Universe'. Danke, Mr. Golan und Mr. Globus, dass Sie auch 'Barfly' finanziert haben!

Ein Kultfilm. 


Rick Deckard 

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