A Quiet Place – John Krasinski

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. Januar 2019, 16:44  -  #Filme

A Quiet Place – John Krasinski

„A Quiet Place“ ist mehr als ein furioser Suspense-Thriller der den Zuschauer dauerhaft den Angstschweiß auf der Stirn spüren lässt. Dieser Film ist eine Metapher für Glück, Unschuld, Schweigen und Angst.

Nach einer Invasion von spinnenartigen, überlebensgroßen Reptilien lebt ein der Teil der Bevölkerung der USA in einem besetzen Terrorszenario. Die Wesen sind blind, haben ein sehr sensibles Hörverhalten. Somit sind sie in einem dauerhaften Alarmzustand und reagieren tödlich bei dem geringsten Geräusch, dass von Menschen verursacht wird.

Der Film beginnt Genregerecht in einem Supermarkt: …wir lernen eine Familie Abbott kennen, die sich gerade mit Vorräten eindeckt. Der jüngste Sohn Beau findet ein Spielzeugmodell des Space Shuttles. Lee Abbott (John Krasinski) ist sofort klar, dass dieses Spielzeug eine Geräuschbombe ist und missbilligt klar die Mitnahme. Trotz Batterieentfernung und sehr direkter Ansprache des Sohnes, setzt sich der Junge durch. Die Challenger wird dennoch heimlich eingesteckt von dem Jungen, der in seiner verzweifelten Alltagsrealität davon träumt mit der Rakete zu flüchten.

Familie Abbott vermitteln direkt einen klaren Ansatz mit der unmöglichen Situation irgendwie klar zu kommen. Glück im Unglück! Tochter Regan ist hörgeschädigt und die nonverbale Kommunikation, ist bei den Lees bereits Alltag.

Die Erzählung ist bereits in der ersten Viertelstunde des Filmes erkennbar elegant. Die beiden Drehbuchautoren Beck und Woods scheinen viele Schwesterfilme analysiert zu haben, um signifikante Ungereimtheiten oder desaströse Handlungsstränge direkt zu vermeiden. Der Fokus der Erzählung liegt bei der Situationsbeschreibung der Familie und der geschickten Täuschung des Zuschauers bei der akustischen und visuellen Wahrnehmung des Filmes.  

Weiterhin fällt zu Beginn des Filmes der grandiose Look von Kamerafrau Charlotte Buus Christensen auf. Die physische Nähe von Weitwinkelobjektiv und Protagonisten erzeugen eine unglaubliche Intimität. Die Darsteller werden von der Linse klar umrissen und es entsteht eine wunderbare Tiefenschärfe in der das Auge sich wohlfühlt und das reine Aufnehmen der Situation zweitrangig wird. Bei dieser Technik gleicht das menschliche Auge automatisch Erinnerung im Gehirn ab. Das Gehirn driftet förmlich ab und wird natürlich für Hörereignisse sensibilisiert, was zur Folge hat das unsere auditive Wahrnehmung während der Erzählung in einen Alarmzustand versetzt wird. Dieses technische Spiel zwischen Kamera- und Tonediting ist fulminant und ein echter Trip.

Die dänische Kamerafrau fiel bereits mit ihrer Arbeit für „Girl On The Train“, „Fences“ und „Molly’s Game“ auf. Rick Deckard und ich sind seit je her Fanboys von Kameramännern wie Janusz Kamiski, Robert Burks, Vilmos Zsigmond oder Freddie Young. Um nur einige zu nennen. 2019! Eine Frau war bisher nicht dabei und das ist wirklich unglaublich? 2019?

Die Arbeit der dänischen Kamerafrau für diesen Streifen kann gar nicht genug würdigen werden und erfordert sicherlich bald einen eigenen Blogeintrag.

Eine der größten Herausforderungen für Filmemacher der Gegenwart ist es den Zuschauer bei der (legendären) Stange zu halten. Die Menschen werden überflutet mit Sinneswahrnehmungen und schellen Shots. Ist der erste Schockmoment erstmal vorbei, kann und muss es Steigerungen geben.

Das Mainstreamkino fährt dann meist nach einem mittelprächtigen Mittelteil übertriebene Actionsequenzen auf.

Anders „A Quiet Place“. Dieser Film foltert uns mit dem sechsten Sinn. Nämlich mit der Tatsache das unsere Vorahnung bestätigt wird! Denn Mutter Evelyn Abbott ist schwanger.

Der Rest des Filmes ist bereits schon jetzt Kinogeschichte. Die folgenden Sequenzen sind eindringlich, unendlich spannend und das Ende dann auch überraschend.

(Achtung der nächste Absatz enthält einen kleinen Spoiler!)

Es wäre unfair an dieser Stelle die ebenso unglaubliche Performance des Ensembles, angeführt von Regisseur, Hauptdarsteller und Lebensechtehemann von Emily Blunt und John Krasinski bis hin zu den Söhnen nicht zu erwähnen, ohne dabei die Darstellung von Millicent Simmonds zu erwähnen. Die Schuldgefühle (!) der Tochter der Familie sind beklemmend und sie unterstellt sich ihrem Vater auf eine wunderbare Art, die völlig menschlich, nachvollziehbar und schmerzhaft gespielt ist und als Counterstory sehr rührend und Mind blowing ist.

Hitchcock hat einmal gesagt, dass es absolut sinnlos ist, die Frauen verstehen zu wollen, wo doch ihr größter Reiz in der Unergründlichkeit liegt.

Emily Blunt ist in diesem Film unglaublich. Alleine ihre Performance, ihr Aussehen, ihre Fähigkeit tatsächliche Angst wiederzugeben, aber ihre glaubwürdige kämpferische Art macht sie ab sofort unsterblich. Emily Blunt trägt diesen Film. Sie ist nicht dabei nicht nur wunderschön -sondern auch und das muss erwähnt werden, weil mir das bereits in dem Film „Looper“ (2012) aufgefallen ist-, die Frau der Filmgeschichte der ein Jagdgewehr im Anschlag so gutsteht, dass man eigentlich keine anderen Bilder mit Frau und Phallussymbolen mehr sehen möchte.

Ich könnte endlos weiter schwadronieren. Angefangen bei den Kintopp Sequenzen in der Enge des Wohnhauses, den Geräuschen usw.

Ich korrigiere meine Filmliste 2018! Natürlich ist das der Film des Jahres. Aus cineastischer Sicht, meiner persönlichen und subjektiven Erwartungshaltung an die Filmkunst ist A QUIET PLACE ein Meisterwerk. Mit der klaren Berücksichtigung dieses Wort nicht mehr inflationär einsetzen zu wollen.

Zudem ist es wundervoll, dass Cast & Crew der zeitgenössischen Filmkritik einen derben Mittelfinger zeigen. Denn offensichtlich ist sehr wohl noch möglich mit einen geringen Budget, einer vermeintlich bekannten Story und einem gängigen Plot in einem ebensolchen Genre Kreativität, Innovation, Intelligenz und Empathie zu zeigen und darstellen zu lassen.

Aus einem Silo

Alan Lomax

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: