Mezcal und die Blondine: Der Italowestern und die Werbung auf der Suche nach Alkohol. Eine Reminiszenz an zwei Trash-Klassiker.

von Rick Deckard  -  21. Dezember 2012, 13:54  -  #Klassiker

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Trash wird auf diesem Blog zu wenig abgehandelt. Dabei hat er ebenso seine Berechtigung. Im übrigen wird die Verwendung dieses Begriffes, ähnlich wie 'Kult', in hiesigen Zeiten inflationär missbraucht. Das hat der Trash nicht verdient. Heute ist fast alles Müll, was keine Mainstream-Qualitätskriterien erfüllt. Vorsicht mit dem übermässigen Gebrauch!

Es gab im Jahr 1988 einen Klassiker in der Fernsehwerbung, der einen Satz enthielt, der zum geflügelten Slogan wurde, aber auch schnell wieder in Vergessenheit geriet. Es war der legendäre Ausspruch:"Wo ist der Deinhard?" Wir sehen eine Party, auf der eine Frau sehnsüchtig nach Sekt verlangt. Es ist nicht auszumachen, ob sie schon welchen konsumiert hat oder ohne Alkohol nicht auskommt. Selbst ein Typ mit einer schlechten Frisur, der dumm herumsteht,  kann ihr die Frage nicht beantworten. Erzürnt durch den Mangel an Information schreitet sie selbstbewusst zu einem Schlagzeug um die Aufmerksamkeit der Masse auf sich zu lenken und spielt ein exzellentes Schlagzeug-Solo. Nachdem sie nicht nur eine Trommel, sondern auch unser gleichnamiges Fell zerfetzt hat, stellt sie ihre Frage nochmals. Was ich bis heute nicht weiß: Hat sie jemals eine Antwort auf diese Frage bekommen? Wo ist er denn nun, der Deinhard? Die folgende Werbung mag als Beispiel stehen für die 80'er Jahre, ein Jahrzehnt, dass nebenbei in allen Gazetten rückblickend euphorisch verklärt wird, v.a. in der Musikszene. Doch zurück zur Werbung:

 

 

 
Kameraführung, Schnitt und Erzählrhythmus sind grossartig. Fast hat es den Anschein als hätten Tony oder Ridley Scott Regie geführt.
Doch kommen wir von dieser Werbung, die als inhaltliche Einführung gedacht ist, zu dem eigentlichen Thema dieses Beitrages.
Zu Beginn der 70er Jahre erlebte der Western eine Renaissance. Sergio Leone hatte das Genre in einem letzten, grandiosen und epischen Atemzug nocheinmal in ungeahnte und ungesehene Sphären geführt um es schlussendlich zu begraben. Zu Beginn der 70er Jahre wurden viele Menschen Zeuge eines Wandels in diesem Genre und einhergehend mit dieser Veränderung stieg der Stern zweier seiner Hauptvertreter: Mario Girotti und Dr. Carlo Pedersoli. Man tut diesen beiden Schauspielern unrecht, wenn man sie zu bloßen Klaumauk-Typen stilisiert, denn das sind sie bei näherer Betrachtung nicht. Hinter der Fassade steckt eine grosse darstellerische Kunst, wie wir sehen werden.
Das Verlangen nach Alkohol war nicht nur eines der ausgehenden 80er Jahre, sondern auch der beginnenden 70er Jahre. Exemplarisch hierfür ist eine berühmte Szene aus dem Film mit dem vielbezeichnenden Titel 'Die rechte und die linke Hand des Teufels' aus dem Jahr 1970. Regie führte der italienische Meisterregisseur E.B. Clucher. In den Hauptrollen waren die Herren Girotti und Pedersoli sowie auch der ewig unterschätzte Remo Capitani zu sehen. Seine Schauspielkunst können sie unter anderen in folgenden Filmen bewundern:
- Vier Fäuste und ein heisser Ofen (1975)
- Zwei linke Hände in der rechten Tasche (1972)
- Höllenhunde gehetzt bis zum verrecken (1969)
- Stoßgebet für einen Hammer (1968)
Diese hier gezeigte Szene ist ein exzellentes Beispiel für den anarchischen Humor einerseits und die grandiose Dialogkunst andererseits. Mezcal, gespielt von Capitani, überfällt mit seinen Banditen einen Siedlertreck mit Quäkern und friedlichen Pionieren. Als man ihm ein Getränk anbietet, erkennt er, dass es Wasser ist und dreht durch. Darauf kommt es zu legendären Szene mit dem berühmten Satz:"Wo ist der Wein?" Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich auf die Mimik und das Method Acting eines Carlo Pedersoli hinweisen. Das 'Brummen' vor der ausgeführten Aktion wurde zu seinem Markenzeichen, wobei der berühmte Hammer in dieser Szene nicht zu sehen ist.
Hinweisen möchte ich auch auf das Drehbuch von Clucher und Gene Lutto: "Bruder, ich möchte Dich nur darauf hinweisen, dass diese beiden Herren einer anderen Konfession angehören. Sie halten sich streng an das Bibelwort: Auge um Auge, Zahn um Zahn!" Ganz gross!
Geniessen Sie, meine Damen und Herren, diese einmalige Szene, vielleicht mit einem Glas Deinhard, wenn er denn mittlerweile gefunden wurde:
Meisterhafter Trash!
Rick Deckard
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