Jahresrückblick 2012 - Fernsehen / Serien

von Rick Deckard  -  16. Dezember 2012, 16:07  -  #Fernsehen

Fernseher

Die Flimmerkiste, Glotze, Röhre, der Flachbildschirm: Der grösste Zeitkiller des neuen Jahrhunderts.

Wenn ich mir überlege, was Menschen in der gleichen Zeit tun könnten, wenn sie nicht auf den Knopf drückten... . Ein Medium, welches meiner Meinung nach überflüssig geworden ist, stimmt nicht ganz, überflüssig werden sollte. Das Fernsehen, die Medien an sich, haben doch im Zuge des Web 2.0 nicht nur ihr Monopol, sondern auch ihre Bedeutung verloren. Galt das Fernsehen zu Beginn noch als eine Institution, ist es heute nichts anderes als ein Sammelsurium von Unerträglichkeit. An diesem Punkt kommen bestimmt wieder die Meinungsgegner und sprechen vom Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und zitieren die Spartenkanäle. An dieser Stelle sei auf diese Diskussion an anderer Stelle dieses Blogs verwiesen. Auf den Punkt genau trifft die Kritik stets ein Oliver Kalkofe auf der letzten Seite der TV Spielfilm. Wer mag, der kann gerne dort alle 14 Tage nachlesen, wie es um das Fernsehen bestellt ist. Herr Kalkofe trifft den Nagel stets auf den Kopf.

Ich zumindest bin froh, dass ich von diesem Gerät nicht abhängig bin, wie so viele andere Menschen, deren einziger Sinn des Feierabends darin besteht, den unsäglichen Müll stundenlang zu bestaunen. Kleiner Tipp: Statt Fernsehen gibt es folgende Möglichkeiten der Abendgestaltung: lesen, Musik hören, sich an der frischen Natur bewegen, miteinander reden und kommunizieren, gestalterisch-künstlerisch tätig werden, schreiben, die Liste liesse sich unendlich fortsetzen. Der Gewinn ist ein sehr viel größerer, für einen selbst und für die eigene Erkenntnis. Eine Meinung sollte man sich nicht vorgeben lassen, sondern sie sich selbst bilden, im wahrsten Sinne des Wortes.

Doch kommen wir zu einem anderen Thema, welches eng mit dem Fernsehen gekoppelt ist und vermutlich die Zukunft darstellt, zumindest im Hinblick auf das Kino und den vorhergehenden Beitrag. Abseits dieses Blogs habe ich mit Freund und Mitstreiter Alan Lomax in den letzten Tagen eine sehr gute und gehaltvolle Diskussion über das Fernsehen 2012 und insbesondere die Fernsehserien und deren Qualität geführt. Nun mögen Sie gleich aufschreien und rufen, das habe mit nachhaltiger Bildung auch nichts zu tun. Hat es auch nicht, aber mit Unterhaltung und diese ist uns Menschen eigen, seitdem es uns gibt und ich kann es nicht oft genug betonen: Wir sitzen noch immer am Lagerfeuer und hören uns Geschichten an ... . Das liegt in unseren Genen. Wir wollen wissen, welche Möglichkeiten des Lebens, der Emotionen, es abseits unserer Vorstellungskraft gibt und wir träumen so gerne, am Tag oder in der Nacht. Dessen sind sich die meisten Sender bewusst und produzieren deswegen Jahr für Jahr neuen Serien mit immer "neuen" Inhalten.

Lomax sagt, dass sich hier ein Wandel in der Unterhaltungsbranche vollzieht, dass das Fernsehen die Möglichkeiten als Gegenpol zum Kino erkannt hat. Eine Geschichte wird nicht mehr in 90 oder 120 Minuten erzählt, sondern über mehrere Stunden. Drehbuchautoren und Regisseure sowie Produzenten haben die Möglichkeit erkannt, diese Geschichten, v.a. auch frei von Werbung, in die heimischen Wohnzimmer zu bringen. Gebt dem Volk das Brot, dann ist es zufrieden. Panem et circensis im Jahr 2012, auf HD.

Doch wie ist es um die Qualität dieser Serien bestellt? Wie um die Nachhaltigkeit? Hier gingen unsere Meinungen dann doch erheblich auseinander, geschuldet dem eigenen Anspruch und der zur Verfügung stehenden Zeit, denn eines muss man auch hier zugeben: Auch diese Serien sind Zeitkiller. Aber muss man alles immer gegeneinander abwägen? Entspannung und Unterhaltung haben ihre Berechtigung, gerade in der heutigen schnellen, nervösen und extrem hektischen Zeit.

Insofern ist der Jahresrückblick Fernsehen 2012 kein Rückblick auf Sensationen, schlechte Fernsehsendungen, schrillen Unfug und Trash, sondern ein Rückblick auf die Serien, die auf dem Wege sind das Verhalten und die Einstellungen der Menschen zu ihrer Freizeit zu verändern oder es bereits getan haben.

Beste Serien 2012.

The Wire.

Persönlich unangefochten an der Spitze. David Simon erschafft ein hochkomplexes Kaleidoskop der Stadt Baltimore bestehend aus Politik, Korruption, Macht, Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Eine bestechende Aufnahme der kriminellen Verhältnisse in einer modernen Großstadt mit einem hohen Anspruch an die Zuschauer. Man muss sich konzentrieren um zu verstehen. Aus diesem Grund ist diese Serie auch mehr ein Erfolg bei der Kritik als bei den Zuschauern, da keine plumpe Action, kein Sex, keine billigen Schauwerte. Sehr bedauerlich, denn The Wire ist wirklich eine Serie, die über blosse Unterhaltung hinaus geht. Ich zumindest freue mich auf die vorletzte und letzte Staffel. Definitiv eine Serie für das eigene Archiv.

Breaking Bad.

Diese Serie hat, wenn sie vernünftig ausgehen sollte, das Zeug zum Kult (aber nicht im Kavka'schen Sinne). Eine exzellent gespielte und hoch unterhaltsame wie auch phasenweise sehr humorvolle Serie, die abseits der Thrill- und Krimi-Elemente zum Denken anregt. Eine Rarität in der Fernsehlandschaft. Auf eine Stufe zu stellen mit Deadwood. Ein gelungenes Beispiel dafür, wie Unterhaltung funktionieren kann.

Justified.

Die erste Staffel war absolute Extraklasse und vereinte Western, Kriminalfilm, Americana und Thriller auf ideale Weise. Mit Timothy Olyphant exzellent besetzt und jede Folge (auch eine Seltenheit) sehr gute und nie langweilige Unterhaltung. Grosse Vorfreude auf Staffel 2. Sehr cool.

Fringe.

Gegen Ende der 3. Staffel wurde es etwas konfus und auch langweilig. Das Niveau der v.a. 2. Staffel konnte nicht gehalten werden. Nichtsdestotrotz bleibt abzuwarten, was sich die Macher ausgedacht haben. Noch immer unterhält der Mix aus SF, Fantasy und Thrill.

2013 werde ich es genauso halten wie 2012: Kein Fernsehen. Keine News. Ist viel entspannter. Und: Serien kann man auch auf dem Rechner sehen, bevor Sie laut werden.

Zusammen mit Kai aus der Kiste,

Rick Deckard

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