Ausblicke, Erwartungen und Aussichten 2010 - Kino und Musik

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. Januar 2010, 18:41  -  #Kommunikation

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Eine anstrengende Arbeitswoche liegt hinter und ein spannendes Jahr vor mir.

Draussen zeigt sich endlich mal ein Winter wie man sich ihn schon lange gewünscht hat mit viel Schnee und Kälte, trotzdem regt sich die Sehnsucht nach wärmeren Jahrestagen und der Sonne, so viel heimelige Atmosphäre die kalte Zeit auch versprühen mag. 

Ich habe mir meine Interessen betreffend dieses Jahr einiges vorgenommen, sofern mein bester Freund und Feind 'die  Zeit' dieses zulässt. Das französische
Kino steht im ersten Quartal, was das Kino betrifft, wie bereits erwähnt an erster Stelle und gleich heute Abend werde ich mir 'I wie Ikarus' ansehen, auf den ich mich sehr freue und über den ich morgen berichten werde. In den nächsten Wochen werde ich mich dann auch endlich mal Monsieur Jacques Tati und wahrscheinlich seinem Film 'Playtime' widmen. Der Grund hierfür ist der, dass ich wissen möchte wie ein Franzose aus dem Jahr 1967 die 'Moderne' sieht/ sah und warum er diese "kritisiert". Dazu habe ich mir überlegt parallel 'Modern Times' von Charles Chaplin anzusehen, sozusagen als 'Double Feature'. Ich bin sehr gespannt wie dieser Film auf mich wirken wird. Nachfolgend werde ich mich einigen französischen Kriminalfilmen widmen und wahrscheinlich mit einer Jean Pierre Melville Retrospektive den Winter in Richtung Frühling ausklingen lassen.

Zeitgenössisches Kino hat dieses Jahr ja einiges zu bieten, wie Mr. Lomax vor einigen Tagen berichtet hat und bei aller Liebe zu Schauwerten und Special Effects bin ich gespannt darauf zu sehen, ob die Regisseure in der Lage sind auch eine Geschichte spannend zu erzählen. Der Trailer zu 'Inception' ist diesbezüglich atemberaubend und ich hoffe, dass Christopher Nolan sein Erzähltalent und seinen Sinn für Dramaturgie beibehält. Von Ridley Scott's 'Robin Hood' erwarte ich nicht viel. Nachdem beide versucht hatten 'Gladiator' neues Leben einzuhauchen, aber an der Tatsache gescheitert sind, dass es schwierig sein würde 'Maximus' wieder zum Leben zu erwecken, ist es nicht verwunderlich, dass die Vorschau sehr an diesen Film und 'Kingdom of Heaven' erinnert.

Ich war sehr froh zu lesen, dass Tim Burton sich eines Klassikers mit 'Alice in Wonderland' angenommen hat, da der Inhalt dieser Erzählung fast wie eine Parabel auf die Generation der Menschen der 90'er und 00'er Jahre auf mich wirkt. Ein ganz grosser Stoff und auch hier versprechen die ersten Bilder einiges. Die Devise, dass "Burton bisher keinen einzigen schlechten Film gedreht hat" (Zitat Mr. Lomax) gilt es erneut zu beweisen.

'Invictus' von Clint ist natürlich Programm, ebenso 'Shutter Island' von Scorsese. Vielleicht nimmt Scorsese den Faden dort auf, wo er ihn bei dem grossartigen 'Cape Fear'- Remake verloren hat. Der Stoff verspricht zumindest spannendes Kino. Was die darstellerischen Qualitäten eines Leonardo Di Caprio betrifft, kann ich Mr. Lomax ohne zu überlegen zustimmen - ebenso wie Shia La Beouf, ich kann beim besten Willen nicht verstehen, was ein Steven Spielberg an diesem "Schau"spieler findet, hat der absolut kein Talent und man hat bei beiden Regisseuren den Verdacht, dass diese die grossen Lücken, die de Niro einerseits und Harrison Ford andererseits hinterlassen haben, versuchen mit aller Gewalt zu füllen. Ein hehres Anliegen, aber bitte mit Schauspielern die auch über die nötige Präsenz und das Talent hierfür verfügen!

Endzeit-Filme versprechen seit 'Mad Max' visuell und dramaturgisch ansprechendes Kino und sowohl 'The Book Of Eli' (kann schon ahnen was für ein Buch das ist), als auch und noch viel mehr 'Die Strasse' von C. McCarthy sind da grosse Hoffnungen für 2010. Nebenbei ist McCarthy jemand, der mich nach Jahrzehnten der Leseabstinenz fast dazu motiviert hätte eben dieses Buch zu lesen. Mir gefällt, zumindest wenn man den Coens glauben mag, seine Gedankenwelt.

Tja und Oliver Stone? Hat er noch die nötige erzählerische Wut und Energie um mit der 'Wall Street' Fortsetzung an Glanzzeiten anzuknüpfen? Insgeheim hoffe ich das, bin aber skeptisch nach allem was da in den letzten Jahren kam, von 'W' mal abgesehen, wobei der auch deutliche Schwächen hatte.

Der Franchise mit Verfilmungen von Konsolen Spielen verspricht natürlich immense Renditen für die Studios wenn man es richtig anpackt. Jerry Bruckheimer hat das mit seiner 'Piraten-Trilogie' vorgemacht und die ersten Bilder des Prinzen aus Persien versprechen bildgewaltiges Kino, ebenso wie das Remake von 'Clash of the Titans' (die Musik zum Original von Laurence Rosenthal, insbesondere das 'Main Theme' ist eines der besten überhaupt). Die Neuverfilmung erinnert eher an den Stil von '300'.

George Clooney meldet sich gleich mit mehreren Filmen wieder, sowohl 'Up in the air', als auch 'Men who stare at goates' versprechen (wie immer bei Clooney) qualitativ anspruchsvolles aber auch unterhaltsames Kino. Dann soll er in einem weiteren Film auch einen Profikiller spielen, der irgendwann Ende 2010 in die Kinos kommt, in dem er in Italien seinen letzten Job erledigt. 

'The Show must go on' und in diesem Sinne produziert die Traumfabrik unablässig Filme. Mal sehen wie viele von denen im Gedächtnis hängen bleiben werden. Der Oscar 2010 wird in dieser Hinsicht sicherlich die Weichen stellen.

Musikalisch habe ich mir in der ersten Woche des neuen Jahres viel Zeit gelassen, einiges überdacht und schwenke nach Jahren der PoP-Musik wieder um in die Gefilde, in denen meine musikalischen Wurzeln verankert sind und die ich nie werde ablegen können, nämlich Klassik und Filmmusik . Ich kann gar nicht genau sagen wie es zu dieser Wandlung kam, aber mit Sicherheit war es kein Schnellschuss, sondern ein Prozess, der sich kontinuierlich durch 2009 hindurch gezogen hat.

Nun ist das nicht absolut und keineswegs dogmatisch zu verstehen und mit Sicherheit werde ich hier und dort auch ein neues Pop-Album hören, aber keineswegs mit dem Enthusiasmus, der mich die letzten Jahre begleitet hat. Musikalisch sehne ich mich wieder länger nach etwas, das emotional und auch rational einen gewissen bleibenden Wert hat, etwas was mich auch länger beschäftigt und meine 'grauen Zellen' wieder fördert. Ich kann diesen Anspruch derzeit in der Popmusik leider nicht entdecken (und den kann man dort wohl auch nicht erwarten) und wenn auch viele Menschen, inclusive Ihnen alter Knabe!, das anders sehen, kann ich dem nicht folgen. Popmusik ist für mich zu schnelllebig und inhaltslos geworden und im Konsum oder Verbrauch oder Rezeption ähnlich 'nutzlos' wie die Mehrzweckverpackungen. Das letzte grossartige Album in diesem Zusammenhang, welches ich guten Gewissens als Meisterwerk titulieren kann, ist die Kollaboration zwischen Bacharach und Costello. Ein überragendes Album mit zeitlos (!) grossen Songs. Wahrscheinlich habe ich aber auch einen zu abgehobenen Anspruch an diese Musikgattung und werde aufgrund meiner Sozialisation vieles einfach nicht verstehen. Das habe ich nunmehr eingesehen. Gewiss habe ich mir auch 2009 in dieser Hinsicht einige Mühe gegeben, aber wenn man selbst keine "Haltung" an den Tagen legen konnte und kann, dann wird man die der Popmusiker wohl auch nie verstehen. Man muss im Leben mit einigen Dingen einfach über Jahre kontinuierlich aufgewachsen sein um vieles zu begreifen und da klaffen bei mir eben in der sehr sensiblen Zeit eines jeden Menschen in dieser Hinsicht gewaltige Lücken, die man nicht mehr nachholen kann.

Nachdem sich 'Blumfeld' aufgelöst haben, haben alle nochmals Jochen Distelmeyer einen kleinen Bonus gegönnt und scheinen sich nun auf 'Tocotronic' zu stürzen. Nach der euphorischen Rezension von Arne Willander im aktuellen Rolling Stone wurde ich 'heiss' auf dieses Album um gleich wieder abzukühlen, nachdem ich die erste Singe Auskopplung gehört habe: Mir wurde schlecht! Das hört sich wieder an nach dieser Musik, die ich nie wieder hören wollte, als ob ein paar pickelige Schüler einen auf 'Band' machen. Grauenvoll! Wenn das ganze Album so klingen sollte, dann werde ich den berühmten Klassiker "Gute Nacht Marie ... " auspacken. Nicht gerade viel versprechend. Trotzdem werde ich Augen und Ohren offenhalten, was sich popmusikalisch so tut dieses Jahr, sowohl deutschsprachig, als auch international.

Momentan lese und höre ich mich wieder vermehrt und mit sehr grossem Elan in die Klassik und Filmmusik ein. Ich warte 'Hände ringend' auf 2 Päckchen von meinen Sountrack Retailern, insbesondere auf eines mit CD's voll mit französischer Filmmusik. Darauf bin ich höchst gespannt und werde auch berichten, u.a. enthält die Lieferung auch eine CD mit Musik zu 'Fantomas' mit Louis de Funes! 
Über die Komponisten des Golden Age der Filmmusik bin ich zu Ralph Vaughn Williams, Charles Ives und auch Aaron Copland gelangt, über deren Werke und Kompositionen ich gerade lese und deren Musik ich mir in den nächsten Wochen vermehrt anhören werde. Insbesondere die 'zeitgenössischen' amerikanischen Komponisten haben es mir sehr angetan. Gerade vor einigen Tagen habe ich mir Musik von Copland angehört und es war interessant zu entdecken, in welcher Weise er mit seiner 'Americana' viele berühmte Filmmusik-Komponisten beeinflusst hat, insbesondere auch John Williams zu einigen seiner Partituren. Daneben möchte ich mich aber auch mit Igor Strawinsky und 'Sacre Du Printemps' als auch Bela Bartok und seiner Musik beschäftigen, weil beide nachweislich Jerry Goldsmith inspiriert haben. Es ist interessant für mich sehen und zu entdecken, wie die Ideen dieser Komponisten in filmmusikalische Kompositionen umgesetzt wurden. Auf der Suche nach den Werken dieser Komponisten stösst man irgendwann unweigerlich auch auf Leonard Bernstein, Howard Hanson (der wiederum Goldsmith zu seinem überragenden 'Alien' beeinflusst hat mit einer seiner Symphonien) und auch Komponistinnen wie z.B. Joan Tower, die ihrerseits wieder Querverweise liefern. 

2010 wird aber auch das Jahr der "Idole" meiner Jugendzeit, vornehmlich Mozart und Beethoven. Gerade vorhin habe ich den Klaviersonaten von Christoph Eschenbach gelauscht und überlege mir alle Sonaten diesbezüglich zuzulegen. In der Melodie und Aussagekraft sind diese ohne Gleichen und mir wird warm ums Herz, wenn ich dieser Musik wieder lausche. Was für durchdringende und erhebende Musik!

Der Jazz geriet letztes Jahr merkwürdigerweise etwas in Vergessenheit, keine Ahnung warum. Gerade zu Anfang des Jahres wollten Lomax und ich uns dem europäischen Jazz und ihren Vertretern widmen, was aber im Sande verlief. Dieses Jahr werde ich wieder verstärkt Ausschau halten nach Vergangenem aber auch dem, was das neue Jahr zu bieten hat. Christian Scott hat sich beispielsweise mit einem neuen Album angekündigt. Ausserdem steht noch Abdullah Ibrahim mit der WDR Big Band seit Wochen in den Startlöchern. Ich glaube das wird ein viel versprechender Anfang. Vielleicht gelingt auch wieder der Einsteig nach Europa.

Alles in allem sind keine Leidenschaften erloschen, sondern gehen wie jedes Jahr neue Wege. Insofern gilt es alte Wege neu zu entdecken und sich in in Fragen der Popmusik erneut zu prüfen. Gerade letzteres ist ein Thema, was mich sehr beschäftigen wird. Sieht man sich die Jahrespolls der gängigen Gazetten und entsprechender Web Sites an, dann kann einem ob der Ideen-, Mut- und Lustlosigkeit 'Angst und Bange' werden. Die Alben und Singles des Jahres glichen sich wie ein Haar dem anderen. Wie langweilig!

Eines nicht zu vergessen: Natürlich ist die Freude und die Erwartung als auch Spannung riesengross zu erfahren, was in 'Lost' passieren wird, definitiv die bisher vielleicht beste Serie (!) aller Zeiten. Was führt ein Benjamin Linus im Schilde? Was ist diese Insel? Man muss es den Machern lassen: Noch kein Film, keine Serie hat es jemals so virtuos geschafft seine Zuschauern im dunkeln tappen zu lassen!

Morgen werde ich mein Kicker Team für die Rückrunde umstellen und hoffen, dass ich einige Punkte bekomme. Ob Felix Magath mit seinen Schalkern "das Unmögliche" schafft ist die Frage der Fragen und im Sommer erwartet uns Südafrika und die Fussball-WM. Herrlich!

Hang loose!

Rick Deckard
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