Wem kannst du trauen – „The Sentinel“ und „Der Auslandskorrespondent“

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  3. November 2009, 16:36  -  #Filme


 

Es gibt immer wieder Filme die einem so durchrutschen und die man nicht gesehen hat, als sie noch aktuell waren. Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt der Fernsehausstrahlung und man kann das Übersehene nachholen.

 

Am Sonntag habe ich den Politthriller (diese Bezeichnung für einen Film ist unendlich vielsagend) „The Sentinel“ gesehen. Ein sehr schneller Film, der unfassbar unlogisch ist, aber ebenso viel Spaß macht.

 

Pete Garrison ist Agent und für den Schutz der Ehefrau des US-Präsidenten zu ständig. Präsident Ballentine wird gespielt von David Rasche. Lustigen Menschen auch bekannt aus der Serie „Sledge Hammer!“. Rasche ähnelt in diesem Film Gerhard Schröder und unterhält schon deswegen! Garrison hingegen sieht aus wie Michael Douglas und ist es auch. Der alte Frauenversteher beschützt die Gattin des Präsidenten nicht nur, sondern hat auch ein Verhältnis mit ihr. Dummerweise wird zeitgleich ein Anschlag auf den Präsidenten geplant. Garrison wird verdächtigt mit den Attentätern zusammenzuarbeiten.

 

Was beginnt ist eine atemberaubende Verfolgungsjagd und eine gute Schlusssequenz, die am Rande des G8-Gipfels in Toronto spielt.

 

Der Anspruch des Filmes wird immer minimaler, die Spannung allerdings maximiert sich. Zudem hat man den Eindruck ein best of der amerikanischen Serienstars zu sehen. Neben Rasche, laufen auch Kiefer Sutherland, Eva Longoria und Gloria Reuben durchs Bild. Beim Teutas! Es ist gerade mal 72 h her, dass ich den Film gesehen habe, aber Fragen Sie mich bitte nicht, welche Rolle die da gespielt haben.

 

Äußerst amüsant und schon fast eine Alex-Baldwin-Leistung (was das genau ist, wird Ihnen Herr Dr. Deckard erklären können) liefert Kim Basinger ab. Krampfhaft versucht sie, der langweiligen Rolle der First Lady eine tiefere Ebene zu geben. Scheitert allerdings gnadenlos.

 

Hingegen überhaupt nicht scheitern tut Joel Mc Crea, der die Hauptrolle in Alfred Hitchcock’s „Der Auslandskorrespondent“ spielt.

 

Joel Mc Crea ist so etwas wie ein frühzeitiger Eric Roberts. Er spielte in aber tausend Filmen mit, auch mit großen Regisseuren wie z. B. King Vidor, hatte Affären mit legendären Hollywood-Schönheiten wie Greta Garbo, Marion Davies und Dolores del Rio und war in L.A. bekannt wie ein bunter Hund. Weltweit allerdings, ist er völlig vergessen und nur Cineasten und Filmfreaks ein Begriff.

 

In dem Propaganda-Thriller (diese Bezeichnung für einen Film ist noch vielsagender) spielt Mc Crea den amerikanischen Journalisten John Jones der nach Europa geschickt wird um eine Reportage über den androhenden zweiten Weltkrieg zu schreiben. Im Verlauf der aberwitzigen  Geschichte, gerät er in die Planung eines Attentats. Somit bekommt er seine Story. Allerdings ändert Jones auch seine Einstellung und politisch inaktive Haltung. Am Anfang des Filmes sieht man Mc Crea, der über Kleinkriminelle in New York berichtet, wie er kunstfertig mit einer Schere Muster aus Papier schneidet. Am Ende des Filmes hält er eine flammende Rede für die Einbeziehung Amerikas in den zweiten Weltkrieg. Grandios, soweit kommt nur Meister Alfred!

 

Der Dreh des Filmes muss für Hitchcock die Hölle gewesen sein. Außenaufnahmen, wechselnde Drehorte, neue Länder, riesige Sujets. Zudem Schauspieler, die er nicht selbst casten konnte, da es sich bei dem Film um eine Auftragsarbeit handelt.

 

Dennoch muss es für damalige Verhältnisse ein Sensationsfilm gewesen sein. Hitch soll vor Drehbeginn zu dem ausführenden Produzenten Walter Wanger folgendes gesagt haben: „Ich brauche Länder, ich brauche Flugzeuge, ich brauche Schiffe, ich brauche Straßenbahnen und Hotels und ich brauche Windmühlen.“ Hat er alles bekommen. Der Film ist für damalige Verhältnisse spektakulär ausgestattet.

 

Visueller Höhepunkt sind dann auch die von Wanger besorgten Windmühlen vor den Toren Amsterdam. Der Zuschauer sieht ein offenes Gelände mit Windmühlen. An sich eine Ansichtskartenperspektive. Hitchcock allerdings gelingt es, durch Beleuchtung und Kameratechnik eine visuelle Bedrohung zu erzeugen.

 

Der Auslandskorrespondent ist kein typischer Hitchcockfilm. Er ist besonderst unterhaltsam und hat seine eigenen Reize, die man entdecken sollten, wenn man bereits alles von dem Meister des Kinos kennt.

 

Insbesondere ist der Film sehr humorig. Der englische Komödiant Robert Benchley, hat die Dialoge geschrieben. Benchley spielt den betrunkenen Kollegen von John Jones. Weiterhin spielt der unvergessene Albert Bassermann einen holländischen Politiker. Dieser spricht in dem Film kein englisch und rezitiert seinen Dialog aus den auswendig gelernten phonetischen Lauten.

 

Und lieber solche Laute als die neue Synchronisation die auf arte gezeigt wurde. In der „Originalversion“ spricht z. B. Harald Juhnke den Hauptdarsteller, in der neuen Version ist es Sigmar Solbach. Irgendwie ist das gar nicht synchron, obwohl die Dialoge vor Witz unschlagbar sind. Eine wunderbare Wiederentdeckung.

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