Vergessene Helden – Jeff Bridges
Sicher, wenn meine Generation an Jeff Bridges denkt, denkt sie automatisch an The Big Lebowski. Jefferey „The Dude“ Lebowski ist eine grandiose Charakterstudie eines Alt-Hippies. Ein Typ der seine Ruhe haben will und in eine für ihn viel zu schnelle Geschichte rein stolpert. Wie Bridges immer wieder betont uninteressiert und moody in der Gegend rumschlurft ist sensationell und macht den guten Film der Coen-Brüder zu einem sehr guten Film.
Jeff Bridges wurde übrigens als Jeffrey Leon Bridges in L.A. geboren und ist der Sohn des ebenso großartigen und unvergessen Lloyd Bridges und Bruder des oftmals verkannten Beau.
Das erste mal gesehen habe ich Bridges Ende der Achtziger Jahre in Peter Bogdanovich’s „Die letzte Vorstellung“. Das war in der Zeit als ich das amerikanische Kino täglich mit der Suppenkelle gefressen habe. Innerhalb weniger Monate habe ich dann Cimino’s „Den letzten beißen die Hunde“, den ersten computergenerierten Film „Tron“, das Meisterwerk „Heavens Gate“ ebenfalls von Michael Cimino und die „Fabelhaften Baker Boys“ gesehen. Wunderbare Zeit der Programmkinos, der guten Filme im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen und glorreiche VHS-Zeit, haben es ermöglicht.
Bridges ist mir immer als angenehmer, unaufdringlicher und extrem präsenter Schauspieler aufgefallen. Ein Typ den man gerne mag und sieht, aber nicht unbedingt als seinen Lieblingsschauspieler bezeichnet. Ähnlich verhält es sich mit Tim Robbins oder John Cussack. Gerne gesehen, immer gelobt, aber nie vergöttert.
Diese Rubrik ist von Rick Deckard und mir erschaffen worden, um eben diesen merkwürdigen, diffusen Zustand zu rechtfertigen und Helden der zweiten Reihe zu würdigen oder einstige wahrhaftige Menschen erneut in den Vordergrund zurücken.
In einem der besten Jeff Bridges Filme spielt er mit Tim Robbins zusammen (Joan Cusack ist hier nun ein Zufall und Schlingel ist der, der mir unterstellt, dass nicht gemerkt zu haben). Ich spreche hier von dem kleinen Meisterwerk „Arlington Road" von 1999. Bridges und Robbins spielen in diesem zutiefst hintergründigen Film ein geniales Sympathiespiel mit dem Zuschauer. Rollen verwischen, Charakter werden ausgetauscht, nicht scheint so wie es ist.
1995 spielt Bridges in einem seiner wenigen Western (relativ gesehen) mit. „Wild Bill“ ist ein wenig uninspiriert von Hollywoodlegende Walter Hill inszeniert worden. Er zeigt die abenteuerliche Geschichte der Western-Legende Wild Bill die tragisch in Deadwood endet. By the Way: Deckard haben wir eigentlich schon einmal über die geniale HBO-Serie berichtet? Ich hätte Lust sie mir noch einmal anzusehen! Bridges ist scheinbar auch diese Rolle auf den Leib geschrieben. Insbesondere wenn man ihn heutzutage als abgehalfterten Countrysänger Bad Blake sieht. Eine Ähnlichkeit ist dem allen nicht abzusprechen.
Bridges hat schon oft die Rolle des Losers übernommen, obwohl man als Zuschauer genau weiß, dass so ein Typus von Mann nicht klein zu kriegen ist. Crazy Heart zeigt nun aber auch einen Mann, der nicht nur verloren hat sondern Dank seiner Persönlichkeit und seines verschmitzen Humors nicht aufgibt. Das die unendlich niedliche Maggie Gyllenhaal sich im Film als Jean Craddock in ihn verliebt, haben viele Kritiker als unglaubwürdig bezeichnet. Wenn man sich mit Bridges beschäftigt und ihn vielleicht verträumt als einer der letzten seiner Generation bezeichnet, kann man dies Romanze nachvollziehen. Es muss erwähnt werden, dass auch der großartige Hollywood-Veteran Robert Duvall in "Crazy Heart" mitspielt. Der mich persönlich immer zu einer Träne der Bewunderung verleitet, wenn ich ihn auf der Leinwand sehen.
In dem besten zivilisationskritischen Film aller Zeiten „Heavens Gate“, spielt Bridges wieder einen Namensvetter: John L. Bridges! Auch hier gibt es offensichtlich geheimnisvolle Zusammenhänge. So hat der Musiker T-Bone Burnett, der auch schon mit den Coen Brothers den wundervollen Film „Oh Brother, Where art thou?“ gemacht hat, zu der Musik in „Crazy Heart“ gesagt: „Wir gehen alle zurück auf Heavens Gate, vor dreißig Jahren, auf Kris Kristofferson. der all seine Musikerfreunde mitbrachte, und jede Nacht nach der Arbeit wurde gejammt.. Das ist irgendwie die Geburt dieses Filmes“. T-Bone hat auch die Musik für "Crazy Heart“ geschrieben.
Bridges ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Sänger, Komponist, Maler und Fotograf. Seine Bilder werden in renommierten Galerien ausgestellt. Bereits 1994 wurde Jeff mit einem Stern auf dem Walk of Fame geehrt.
Nun hat er endlich den Oscar bekommen. Mein persönliches Highlight der letzten Nacht und längst überfällige Huldigung für den „am meist unterschätzten großen Schauspieler seiner Zeit".
Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung: Ich sehe Bridges auch immer gerne, weil ich dann an einen guten Freund in Hannover denke, der ihm wie aus dem Gesicht geschlagen ist. !Dirty D. beste Grüße!
Alan Lomax