Vergessene Helden – Herb Alpert
Was wir hier sehen ist schon fast rarer Museumskram! Der erste Auftritt von Miss Piggy im „The Herb Alpert Special“ der Muppet-Show zusammen mit Lani Hall der Ehefrau von Alpert und ehemaligen Sängerin von Sergio Mendes & Brasil 66.
Das war bereits in 70ziger Jahren als Alpert sein unfassbares Medienimperium A&M aufgebaut hatte.
1969 hatte Alpert einen ungefähren Jahresumsatz von 100 Millionen Mark gemacht. Das ist für damalige Verhältnisse so unfassbar viel Geld gewesen, dass es nach heutigem Maßstab an die Billionengrenzen kommen würde. In den 60ziger Jahren waren Herb Alpert & The Tijuana Brass Band mit Ihrer Ameriachimusik die höchstbezahlten Esemblemusiker der Welt. Laut Spiegelartikel (10/1969) wurden Gagen von 200.000 bis 400.000 Mark bezahlt.
Kein Wunder also, dass man nach Live-TV-Auftritten im Deutschen Fernsehen lange suchen muss! Auch Konzerttouren waren rar, bekannt sind vier Konzerte in Deutschland aus dem Jahre 1969.
Was war damals los, als Albert kam? Wer hat diese Musik gehört? Warum fehlt in der heutigen Zeit ein Mann wie der Trompeter mit dem kalten Klang? Und was ist das eigentlich, dass diesen Sound und diesen Typen so völlig unfehlbar, einzigartig und bleibend macht?
„Es ist gut zu wissen“, sagt Alpert, „dass so viele Leute meinen Geschmack teilen“ – es ist kein sehr anspruchsvoller Geschmack. Albert war sich dessen immer bewusst, aber er hat einen Trompetensound entwickelt, der für immer erkennbar bleibt. Das Geheimnis des Sounds ist einfach: Eine der beiden Tijuana-Trompeten intoniert stets ein wenig zu hoch, zu tief oder hinter dem Takt. Zu recht sagt Alpert dann später in dem Spiegelinterview: „Wie viele originelle Trompetenspielweisen gibt es schon? Vielleicht sieben oder acht“.
Alpert ist immer auf dem möglich stärksten und unabdingbar größten kommerziellen Weg gewesen. Undenkbar diese Einstellung für einen amerikanischen Jazzmusiker oder europäischen Musiker. Auch das macht ihn einzigartig. Denn mit seinen Musikverlagen, Promotion-Agenturen, Konzertdirektionen, Film-Produktionsgesellschaften und einem der größten Schallplattenlabels der USA über mehrere Jahrzehnte hinweg verlieh er sich Macht!
Bereits Anfang der sechziger Jahre achtete Alpert auf einen unvergleichbaren Look und erfand mit aber tausenden kleinen Filmchen, quasi das Musikvideo. Die Mischung und die Stimmung in den Musikfilmen stimmt heute ehr heiter. Entweder man sieht Alperts „Tijuana Brass“ irgendwo im bunten, schwerelosen Party-Mexico. Oder man sieht einen extrem entspannten und smarten Herb Alpert der mit seiner Trompete, zwischen schönen Frauen irgendwo am kalifornischen Strand rum läuft. „Easy Living und -Listening“, natürlich!
Jazzmusiker hassen Alpert. Krude Plattenkäufer und Musikinteressierte haben ihn Ende der 90ziger Jahre neu entdeckt und es aufgrund des regen Interesses geschafft einige Neuerscheinungen u. a. auch von den wirklich furiosen Geschwisterduo The Carpenters und dem ebenso unvergleichbaren Burt Bacharach zu erzwingen. Der kurzfristige Hype „Easy Listening“ schwebte auf einmal revitalisiert in der Musikwelt.
Leider alles wieder vergessen! Hoffentlich nicht bei den Leuten die den einsamen Stier (Alpert) oder die unfassbar einzigartigen The Carpenters damals neu entdeckt haben.
Unvorstellbar für mich, diese Melodien zu vergessen! Denn mich begleiten diese einfachen Melodien im Vierviertel-Rhythmus seitdem ich denken kann. Meine allererste musikalische Erinnerung ist die Melodie von „Raindrops keep fallin on my Head“. B. J. Thomas Version aus dem legendären Film „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ stieg 1970 in die deutschen Charts. Unzählige Coverversionen folgten. Bei mir muss es 1974/1975 gewesen sein. Als ich in dem VW-Käfer meines Vaters saß und mit meiner wesentlich älteren Schwester, die damals bereits ein Führerschein hatte, die Marienstraße in Hannover runter gefahren bin. Es war ein Frühlingstag. Die Sonne schien, es war warm, ein perfekter Tag. Aus dem Radio kam diese Melodie und ich sang mit bzw. versuchte zu pfeifen. Anmerkung an meinen Biographen: Diese Geschichte wird variable erzählt. In Abhängigkeit des Momentes, kann man auch „Moon River“ nehmen. Dies war allerdings die erste Melodie die ich tatsächlich pfeifen konnte.
Außerdem erinnere ich mich an „Feten“ meiner Eltern. Dort wurden Tanzmusik und Blasorchester gehört. Rock’n’Roll, Schlager, Disko oder vielleicht bereits schon existierende noch modernere Sachen wurden nicht zugelassen. So blieben James Last, Bernd Kaempfert und eben (zum Glück) Herb Alpert übrig.
Die eingängigen Terzen und Sexten werden den heutigen durchschnittlichen Musikhörer wohl ehr nerven, ihm vielleicht ein Lächeln abzwingen.
Wie kein anderer Musiker, Produzent und Komponist hat „der einsame Stier“ die Musikwelt verändert. Tausende von Gruppen haben ihn imitiert, aber keiner hat diesen Stil jemals übertroffen bzw. überhaupt einen neu erfunden.
Und kein anderer Musiker hat für mich persönlich so viele unvergessliche Melodien geschaffen, wie Alpert, die ich natürlich nach wie vor in meinem Herzen trage. Nach oben blickend in den warmen, blauen Frühlingshimmel von Hannover oder daran denkend, dass das Leben eine ewige Party zwischen Schirmchen-Drinks und einer Packung Lord extra ist!
Alan Lomax