Vergessene Helden – Bill Murray

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  17. September 2010, 13:41  -  #Vergessene Helden

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“Sechs Menschen gibt’s noch auf der Welt und einer davon ist Bill FUCKING Murray“ (Woody Harrelson in dem Film Zombieland)

 

Eigentlich ist diese Rubrik nicht die richtige. Denn der Komiker Bill Murray ist alles andere als vergessen. Aber sein lakonischer Humor wird es mir nicht übel nehmen, dass ich ihn als „Vergessen“ einordne.

 

Er selbst hat ja kürzlich auch seinen eigenen Abgang inszeniert. Vielleicht als kleiner Seitenhieb auf Clint Eastwood, der in dem Film Gran Torino, seine persönliche Abschiedsvorstellung als Schauspielermythos gibt, damit seine Blutschuld endgültig abgegolten ist.

 

Bill Murray sieht man in dem Film „Zombieland“ als verkleideten Zombie sterben. In dem lustigen Film beschließt eine Gruppe Überlebender nach Hollywood zu fahren. Die ganze Welt hat sich mit einem Virus infiziert, die die Menschen zu fürchterlichen Zombies hat werden lassen. Die Gruppe beschließt sich mal in der Villa von Bill Murray umzusehen. Womit keiner rechnet, Bill Murray taucht wirklich auf. Er ist noch nicht infiziert! Die Überlebenden sehen sich in Murray’s Privatkino „Ghostbusters“ an. Murrays Humor hat offenbar auch die letzte Katastrophe der Menschheit überlebt. Er verkleidet sich als Zombie, erschreckt die Gruppe und wird irrtümlich getötet. Bevor Bill Murray die Augen schließt findet folgender wunderbarer Dialog statt, der auch Anlass für den Start meiner persönlichen Metaphermaschine ist:  Tallahassee: "Bill, ich fürchte mit ein paar Stichen ist das hier nicht getan" / Bill: "Die Wunde ist noch frisch" /Tallahassee: "Kommst du über die Runden?" / Bill: "Nein" / Columbus: "Falls es Ihnen irgendwie hilft, es tut mir so Leid!" / Bill: "Es war mein Fehler! Ich habe die Leute noch nie zum Lachen gebracht."

 

Im Fall der grandiosen Komödie „Ich glaub’, mich knutscht ein Elch (OV: Stripes)“ kann ich bestimmt auch im Sinne von Kollegen Deckard sprechen, dass dies unser gemeinsamer Murray Liebglingsfilm ist. Wenn überhaupt jemals ein Schauspieler einen Typen gespielt hat, dessen Gesichtsausdruck den Eindruck „teilnahmslos“ vermitteln sollten, dann Murray. So sind die allerbesten Dialoge in diesem Film auch direkt mit diesem vom Schicksal gebeutelten Gesicht von John Winger alias Bill Murray verbunden. @Deckard: …ich würde Dich persönlich bitten im Kommentar oder einem gesonderten Eintrag, die 3 besten Zitaten dieses Filmes zu posten!

 

Als Steve Zissou in Wes Andersons „The Life Aqutic…“ spielt Murray dann schon wieder den ultimativen Typ der „unerfüllten Sehnsüchte“. Irgendwie hat man insbesondere bei dieser Rolle den Eindruck, dass er sich hier als Schauspieler am nächsten kommt. Leicht pikiert, leicht amüsiert, aber auch oft enttäuscht. Anderson hat Murray nicht nur in diesem Film genial besetzt. Fast unmöglich, dass dieser Film ohne den begnadeten Komiker funktionieren würde. Auch in „Rushmore“ und „The Royal Tennenbaums“ ist Murray so etwas wie Andersons Bestbesetzung, vielleicht auch Vaterersatz  geworden.  Ähnliche oberflächliche Beweisführungen für die Besetzung von Bill Murray in der Gegenwart lassen sich auch bei „Broken Flowers“ und natürlich bei „Lost in Translation“ ableiten.

 

Murray hatte in seinen jungen Jahren nicht das beste Leben und schlug sich als Golfcaddy und Drogendealer wie aus einem Buch von James Ellroy durch.

 

Aufwärts ging es ab 1977 als er fester Bestandteil der wohl besten Ära der amerikanischen Fernsehsendung „Saturday Night Live“ wurde. Das war die Zeit als Chevy Chase, Dan Aykroyd, John Belushi und Steve Martin zu den festen Mitgleidern zählten. Dort lernte er auch den Regisseur Ivan Reitman kennen, mit dem Murray „Stripes“ und „Ghostbusters“ verfilmte und letztendlich den Durchbruch schaffte.

 

Nach dem wohl bekanntesten Murrayfilm „…und täglich grüßt das Murmeltier“ gab es ein Tief in seinem Leben, bevor er von Sofia Coppola und Wes Anderson wiederentdeckt wurde.

 

Das erstaunliche an Bill Murray sind zwei Tatsachen. Tatsache 1: Bill Murray als Mensch und als Schauspieler ist nicht zu trennen. Als Fan stellt man sich ja immer vor, wie so ein Mensch wohl als privat Person ist. Nun kann ich mir nicht vorstellen, dass Murray sich von seinem merkwürdigen Humor, der so unweigerlich mit seinem „egal Gesicht“ verbunden ist im normalen Leben trennen kann. So eine These kann man vielleicht mit einer aktuellen Meldung belegen. Am Set von „Get Low“ beschwert sich Kollegin Sissy Spacek über Murray, der seine Arbeitskollegen mit lauter Rap-Musik aus den 80er Jahren nervt! Spacek zum New York Magazin: „Das war entsetzlich. Der Kerl ist absolut durchgeknallt!“  Tatsache 2: Ein Film mit Bill Murray ist ein lustiger Film! Es ist kaum möglich die humoreske Ausstrahlung von Murray zu unterbinden. Anderson und Coppola haben das ansatzweise mit melancholischen Untertönen geschafft, aber Murray bleibt komisch!

 

Nun ist der Sonderling und Komiker in dieser Woche 60 Jahre alt geworden. Er dreht neben dem erwähnten „Get Low“ auch den dritten Teil von „Ghostbusters“. Seine Filmografie ist weitreichend, ausfüllend und vielfach. Alle Filme, alle großen Szenen, unglaublichen Gesichter und komischen Szenen zu beschreiben, könnte Bücher füllen. Murray aber muss man sehen, erleben! Im Zuge der kommenden Listenrenaissance, daher hier auch meine 10 liebsten Bill Murray Filme:

 

1.) Ich glaub’, mich knutscht ein Elch (1981)

 

Nachweislich der erste Filme ab 16 Jahren, den ich als 11-jähriger gesehen habe. Dann lange vergessen, bis ich einen uns wohl bekannten Herren vor den Raschplatz-Kinos in Hannover traf. Die Mono- und Dialoge in dieser „Militär-Klamotte“ sind von einer einzigartigen Größe!

http://lomax.over-blog.de/article-kultszenen-der-filmgeschichte-neue-reihe-40818619.html

 

 

2.) Zombieland (2009) und Darjeeling Limited (2007)

 

Zwei Cameoauftritte die zusammen für Platz 2 herhalten müssen. Der Auftritt in Dajeeling Limited ist mehr als cool. Handlungsfern, aber komisch! Zombieland wurde vom Autor mehrfach erwähnt. Eine glänzende Selbstdarstellung!

 

3.) Broken Flowers (2005)

 

Kritiker dieser Seiten erinnere ich daran! Es geht nicht um die besten Filme, sondern um meine liebsten Bill Murray Darstellungen! In dem Jim Jarmusch Streifen, erreicht Murrays legendärerer ausdrucksloser Gesichtsausdruck, die Liga einer eigenen Kunstform!

 

4.) Lost in Translation (2003)

 

Sofia Coppola hat Murray die Rolle auf den Leib geschrieben, aber auch eine Generation von Filmemachern beeinflusst. Sicherlich Murrays wertvollster, nachhaltigster Film.

 

5.) The Life Aquatic with Steve Zissou (2004)

 

Man kann nicht unbedingt sagen, dass die Rolle als Ozeanographen Steve Zissou, Murrays komischste Rolle ist. Zissou ist ein Typ mitten in der Midlife Kriese. Eine merkwürdige schwierige Rolle zwischen Captain Ahab und Jacques Cousteau. Murray muss nicht viel machen. Die Darstellung seiner Person alleine reicht. Was ihn aber noch interessanter macht…

 

6.) Rushmore (1998) und Die Royal Tenenbaums (2001)

 

Zugegeben schon wieder geschummelt! Aber in beiden Filmen, trägt Murray nicht die Hauptverantwortung und somit bilden die Wes Anderson Filme eine Ausnahme in der sonstige Aufzählung! Herman Blume (Bill Murray) freundet sich in Rushmore mit dem jugendlichen Max Fischer (Jason Schwarzman) an. Beide verlieben sich in die Lehrerin Rosemary Cross. Die Darstellung des Millionärs und die Freundschaft zu dem 15-jährigen ist seltsam rührig, aber auch interessant. Interessant auch Murrays  als überspannter Neurologe. Der Tenenbaumfilm ist ein Ensemblefilm, der durch die Gesamtheit der Schauspieler besticht. Murray in der Menge von hervorragenden  Darstellern zu sehen, macht Spaß.

 

7.) Ghostbusters (1984)

 

Bill Murray als großmäuliger Dr. Peter Venkman, an der Seite von Dan Akroyd und seinem alten Kumpel Harold Ramis, hat nach eigenen Aussagen noch nie soviel Spaß an einem Film gehabt! Ich in den 80er- Jahren auch nicht

 

8.) Groundhog Day (1993)

 

Mal ehrlich was wäre dieser Film ohne Bill Murrays als gleichgültig gewordener menschenverachtender Zyniker? In zwischen ist der Murmeltierfilm ein Klassiker geworden. Der Streifen hat von seinem Esprit, von seinem Timing und von seiner Moral nichts verloren, davon kann sich jeder, jederzeit überzeigen.

 

9.) Kingpin (1996)

 

Diesen völlig unterschätzen Film der Farrelly Brüder gilt es ein größeres Forum zu geben. Bill Murray spielt in diesem überdrehten Streifen den Profi-Bowler Ernie McCracken. Zu diesem Film gibt es jede Menge zu sagen. Auch muss in diesem Zusammenhang unbedingt ein Eintrag über Woody Harrelson, aber auch über Bobby und Peter Farrelly geschrieben werden. Das ist eine eigene Kunstform von Film. Der Film ist durch und durch Tabuüberschreitend und sinnlos. Bill Murray hat scheinbar trotzdem Spaß und spielt den fiesen Gegenspieler des aus der amischen Gemeinde stammenden Ishmael, der von dem einarmigen, Handprothesen tragenden Ex-Profi-Bowler Munson trainiert wird. Herrlich!

 

10.) Was ist mit Bob?

 

Ein Film der häufig in den Weihnachtsferien gezeigt wird, obwohl er nix mit Weihnachten zu tun hat. Vielleicht liegt es an boshaften Idee der Fernsehredakteure, dass man eben zu dieser Zeit auf viele Leute trifft die man nicht mehr los wird!. Der Film lebt vom Gegeneinander des multiphobischen Neurotikers Bob Wiley (Bill Murray) und des an sich entspannten Dr. Leo Marvin (Richard Dreyfuss). Dreyfuss kann einem im Laufe des Filmes wirklich leid tun, denn Murray bringt ihn fast zum Wahnsinn. Bill Murray braucht sich auch hier nicht sonderlich anzustrengen um diese Klette/Nervensäge zu spielen!

 

“Too Many Days To Get Lost, Many, Many People I've Known Got Lost” (Gorillaz – Bill Murray)

 

Alan Lomax

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