The Pervert's Guide To Cinema - Slavoj Zizek
Der Film wurde im Jahr 2006 von Sophie Fiennes (richtig, die Schwester von Ralph) gedreht. In ihm bringt uns der slowenische Philosoph und Psychoanalytiker seine Ansichten vom Kino näher. Der Film ist in 3 Teile untergliedert und Zizek analysiert ganz bestimmte Szenen aus ca. 40 Filmen, wobei der Schwerpunkt auf Hitchcock ('Die Vögel', 'Psycho', 'Vertigo'), Lynch ('Mullholland Drive, 'Lost Highway', 'Blue Velvet', 'Wild At Heart'), Tarkowski ('Solaris', 'Stalker') und Kieslowski (Drei Farben:Blau) liegt, es werden aber auch sehr viele Szenen aus Klassikern wie 'Alien', 'Fight Club', 'Dr. Seltsam', 'Der grosse Diktator' u.v.a., wie auch aktuellen Filmen wie 'Matrix' oder der neuen 'Star Wars' Trilogie aufgearbeitet.
Der Film ist absolut furios, soviel einmal vorweg!
Zizek sucht die Drehorte dieser Filme auf (wie im Bild oben die Bodega Bay aus Hitchcock's 'Die Vögel') oder stellt sie im Studio nach und veranschaulicht mit sehr grosser Kenntnis, wie Filme zum einen den Zuschauer beeinflussen, ihn in seiner Wahrnehmung lenken und wie tiefreichend Sequenzen sind, wenn man sich diese genauer ansieht.
Das geschieht in einer unglaublichen Tour de Force. Zizek geht bei aller Analyse sehr humorvoll zu Werke und die Lacher stellen sich hundsgemein um 3 Ecken herum ein. Ihn zu beobachten mit seinen nervösen Tics, dem Sprachfehler und der staccatohaften Sprache ist schon allein in höchstem Masse unterhaltend. Viel mehr verwunderlich, aber auch faszinierend ist die Tatsache, wie ein Philosoph und Psychoanalytiker das Kino sieht.
Ich muss gestehen, dass ich gestern kaum bis sehr wenig verstanden habe, was zum einen an der Fülle der Informationen und zum anderen an dem deutsch untertitelten Film lag (Englisch im Original), aber auch an der Tatsache, dass Zizek schnelle Haken schlägt und so rasant in die Materie geht, dass einem kaum Zeit bleibt um Luft zu holen. Trotzdem habe ich alle 3 Teile in einem gesehen, da man sich dem Sog der Bilder und der Analysen kaum entziehen kann. Am Ende des ersten Teils muss man (Garantie!) lachen, weil der Wortwitz so grossartig ist, aber auch extrem hintergründig dazu. Jeden Teil schliesst er mit einem solchen Satz ab, der zum denken und diskutieren anregt.
Ich habe mir den Film deswegen angesehen, weil Zizek eine ganz andere Herangehensweise wählt um diese Klassiker zu bewerten. Nicht bekannte Stilmittel oder Eigenheiten der Filme (die hinlänglich bekannt sind) werden gelobt oder herausgestellt, sondern der Kontext, das Unsichtbare hinter den Bildern wird aus der Sicht eines Psychoanalytikers (!) analysiert. Das hat unfassbare Ergebnisse zur Folge und man sieht plötzlich Meisterwerke wie 'Psycho' und v.a. auch 'Vertigo' aus einer vollkommen anderen Perspektive. Gerade bei den zuletzt genannten Filmen schafft es Zizek ihnen neue, unbekannte Seiten abzugewinnen. Nicht nur die Szenen, die die Filme berühmt machten faszinieren ihn, sondern vielfach andere Einstellungen. Dadurch erkennt man aber auch das Genie solcher Regisseure wie Hitchcock, aber auch Lynch (dessen 'Blue Velvet' ich wirklich nicht mag, dessen 'Lost Highway' und 'Mullholland Drive' mich aber schon immer fasziniert haben, seit gestern umso mehr!).
Es lohnt sich, auch wenn man sich ausserordentlich konzentrieren muss, diesen Film zu sehen, denn er zeigt das Kino aus einer anderen Sichtweise. Mit Sicherheit ist mehrmaliges Sehen mit Pausen erforderlich um überhaupt zu begreifen, worauf der Autor überhaupt hinaus will. Mit der gleichen Bestimmtheit lässt sich sagen, dass man Filme in Zukunft nebst reiner Unterhaltung mit viel präziseren Augen und v.a. anders sehen wird.
"Kino ist die ultimative perverse Kunst. Es gibt Dir nicht was Du begehrst. Es sagt Dir, wie Du begehren sollst."
Slavoj Zizek
Psychoanalytische Grüsse,
Der "perverse" Rick.