The Magic Numbers – The Runaway
Das musikalische Repertoire der Magic Numbers ist begrenzt. Dieser ehr ungewöhnlichen negativen Aussage muss man nachgehen. Denn begrenzt sind sie nur in ihrem Bandkosmos. Dieser ist klassisch! Gitarre, Schlagzeug, Bass und einige Keyboards. Zweifelsohne ist der markante Mehrstimmengesang das wohltuende Indiz dieser Ausnahmeband. Ebenso markant und wahnsinnig süchtigmachend ist Romeo Stodarts Gibson ES-335, die er weites gehend direkt spielt. Seine klaren Jazz- und West Coast Harmonien sind alleine eine neue Platte wert.
Mit dieser haben sich die Magic Numbers nun vier Jahre Zeit gelassen. Das berühmte, schwierige dritte Album, nach dem Meisterwerk „Those the Brokes“ steht an. Doch wie weiterentwickeln, wenn man sich nicht von den einschmeichelnden, warmen und positiven Melodien und Harmonien, die, die Band auszeichnet, trennen möchte. Das Repertoire hätte durch ein großes Orchester aufgebrochen werden können. Der Mut, vielleicht das Geld, hat leider gefehlt. Denn wenn Musiker bzw. eine Band in der Lage wäre, einen Meilenstein á la Pet Sounds für’s neue Jahrtausend zu schreiben, wäre es zweifelsohne die Band aus London.
Man hat sich für die Fortsetzung mit gleichen Mitteln entschieden und fährt gut damit. Der sichere, langsame Weg. Trotzdem kann man „The Runaway“ als Weiterentwicklung betrachten.
Atmosphärisch und Lyrisch ist das neue Album wesentlich düsterer ausgefallen, als die Vorgänger. Die Texte sind nachdenklicher und weniger freundlich und euphorisch, trotzdem kontextuell und teilweise bedrückend schön.
Der verehrte geschätzte und hoch verehrte Kollege und alter Kumpane Deckard, schrieb kürzlich zu dem Nick Drake Album „Bryter Layter“: „...es enthält viele Ideen, ist sophisticated, glänzt durch eine Vielzahl an ausgeklügelten Arrangements und schafft es ein durchgehend hohes Niveau zu halten...“, diese Worte für das vorliegende Album wieder zu verwenden macht Sinn. Für die Arrangements beider Alben zeichnet sich der im vergangenen Jahr verstorbene Robert Kirby verantwortlich. Insbesondere bei den düsteren, ruhigeren Nummern wie „Restless River“ und „Only Seventeen“ scheint man den Geist Nick Drakes zu spüren.
„The Song That No One Knows“ steht mit seiner reinen Schönheit und den bewussten bacharchesken Streichern über allem. Ein Jahrhundert Song, der seine volle Pracht und melodienbehangene Vielfalt unter Alkoholkonsum vollends entfaltet.
„The Runaway“ beschreiben die Magic Numbers dann auch voller Stolz als klassische Popmusik, die sich klar an den Beach Boys, Phil Spector und Motown orientiert. Vollends gelungen! Aber in der Reichweite des musikalischen Repertoire.
Ich persönliche traue dieser Band mehr zu, bin nicht enttäuscht, kann es nur nicht erwarten, das große Meisterwerk, welches uns dann noch bevorsteht, abzuwarten.
Alan Lomax