The Horseman – Jonas Akerlund
Sind wir doch einmal ehrlich! Am meisten Spaß macht es Filme zu entdecken, von denen wir gar nichts wissen, von denen wir kaum etwas gehört haben. Die dann nach 90 Minuten unsere kämpferische Kraft für den guten Film und das wahre Kino entflammen lässt. Wenn wir dann im Bett liegen und nicht einschlafen können, weil wir am liebsten die 10 Filme, die wir als Referenz verstehen, sofort sehen und unsere gesamte Euphorie in einen gelungen Text oder später wieder hervorhollbare Gedanken verfassen möchten.
Pauschal und wenig differenziert könnte man spontan über das aktuelle Kino aus Hollywood -den für diese Kunstform- zweifelhaften Schleier der Liberalität legen. Die Produktionen sind weitestgehend geclustert und produktspezifisch auf die Zielgruppen zugeschnitten. Gegen das System arbeitet kaum ein Regisseur, sondern alle mit ihm. Aufbruch und Kritik gibt es im derzeitigen amerikanischen Kino kaum zu erleben. Umso erstaunlicher, dass man sich nicht häufiger auf die große Zeit des amerikanischen Kinos der siebziger Jahre bezieht. Schließlich haben es eben im politischen Kino seiner Zeit (Pollack, Pakula...) und in der sog. Phase des neuen amerikanischen Kinos einige Schauspieler, Regisseure und Filmstoffe geschafft den Glanz des alten Kinos „Golden Age“ zu bewahren und trotzdem neue Helden zu etablieren und politisch motivierte Stoffe zu erzählen.
Der deutsche Filmkritiker Holger Kreitling hat es dann auch einmal bestens zusammengefasst: „....Pollacks Figuren leben von Hybris und Menschlichkeit zugleich, sie zeigen ihre Gefühle als Reaktion auf eine ungerechte Welt...“
In der ersten Hälfte des Filmes "The Horseman" muss man unweigerlich an die eben große amerikanische Kinowelt der siebziger Jahre denken. Dem Regisseur Jonas Akerlund ist es gelungen mit seinen grobkörnigen Bildern und einem unfassbar großartigen, zerknauschten Dennis Quaid eine denkwürdige Atmosphäre zuschaffen, wie sie es sie lang schon nicht mehr zu sehen gab!
Die Zugeständnisse an seine Produktionsfirma sind allzu offensichtlich und somit liegt hier ein hervorragendes Beispiel für die Diktatur des Geldes im zeitgenössischen Kino vor. Denn hätte man Akerlund machen lassen, wäre hier ein solider Klassiker der Neuzeit entstanden, der sich zu recht cinematographisch auf die Vergangenheit bezieht. Trotz einer unsagbar schlecht aufspielenden Zhang Ziyi und dem überzogenen moralischen Plot, kann man hier einen der besten Filme der letzten Monate sehen.
Allein wegen Dennis Quaid muss der geneigte Kinogänger sich diesen Film ansehen. Quaids Schauspieleinsatz rettet den Film in der zweiten Hälfte, in dessen Phase er zu vorhersehbar und über weite Strecken an die Grenzen des guten Geschmacks geht. Quaids Erfahrung und Präsenz retten den Film nicht nur, sondern er spielt ihn, trotzt künstlerischer Mängln in der Logik der Abfolge, zurück in die erste Liga. Eine unfassbare Leistung für einen Schauspieler.
Ich habe eine eigene Bezeichnung für die Liga der Schauspieler um Dennis Quaid entwickelt. Für mich gehört er in die Liga der sog. „...der gute, alte XXX“. Eine interne Auszeichnung die ihn zu meinen heimlichen Helden macht.
The Horseman ist ein überaus interessanter Film. Visuell über weite Strecken ein strahlender Diamant, der zwischenzeitlich mit seiner entsetzlichen moralischen Vorstellung und unerträglichen Schauerbildern versagt. Trotzdem muss JEDER der sich für das Kino interessiert, diesen Film gesehen haben, da er ein Paradebeispiel für die Diktatur des Studios über die Kunst ist. Alan Lomax