The Bling Ring – Sophia Coppola

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  2. Januar 2014, 14:29  -  #Filme

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Fassen wir mal kurz zusammen: Mit zwei Attributen ist Sophia Coppola nachweislich hervorragend ausgestattet: Nämlich mit den Genen einer echten Hollywoodlegende und mit der Liebe und dem Verständnis für Popmusik und Popkulturellen Zusammenhängen.

Sie hatte alle Möglichkeiten sich in einem enorm interessanten Umfeld zu bilden. So hat Sie Malerei und Fotografie studiert und sich dann an den inzwischen zum Klassiker mutierten Buch, „The Virgin Suicides“ von Jeffrey-Eugenides, gewagt. Die Kritiker und das Publikum jubelten, zu Recht! Vier Jahre später zeigt uns Frau Coppola ihr Citizen Kane und somit verfrühtes Meisterwerk „Lost in Translation“. Der sich inzwischen in der zweiten Generation zu einem Kultfilm entwickelt hat.

Bei den Dreharbeiten zu „Marie Antoinette“ (2006) verliebt sie sich in den Sänger der französischen Popband Phoenix. Ein Kreis schließt sich. Die Verfilmung der österreichischen Erzherzogin und späteren französischen Königin Marie Antoinette, wird ein pralles, strahlendes, flimmerndes und weitestgehend unterschätztes Bildspektakel, welches sich im Prinzip inhaltlich schon mit den späteren beiden Filmen „Somewhere“ und insbesondere „The Bling Ring“ auseinandersetzt. Letztendlich ist die weltabgewandte Dekadenz von Versailles, auch zu einem inzwischen wichtigen und absurden Teil der Popkultur geworden.

Der mediale Wahnwitz, der oberflächliche Glamour von Hollywood und der Irrsinn des weltweiten Filmzirkus, der nur noch ein schnell verpuffender Hype ist, weiß die geniale Regisseurin kongenial langsam und in wundervollen Bildern umzusetzen. Und das nicht nur in „Somewhere“. Dennoch hat man seit dem das Gefühl, dass die wohl beste lebende Regisseurin auf der Suche ist.

Ihr neuster Film „The Bling Ring“ zeigt, aber erzählt nicht. Offensichtlich ist das die anvisierte Kernprovokation und eine Art Zusammenfassung der gegenwärtigen Kunst der Coppola. Nicht das Sie mich falsch verstehen. Ich bin sehr großer Fan! Allerdings kann ich nunmehr mit „The Bling Ring“  gar nichts anfangen, obwohl ich ihre kluge und radikale Weise diesen Stoff zu erzählen verstehe, respektiere (weil es funktioniert), es aber eben nicht mein Kino ist. Psychologie von Figuren, Erzählen von Inhalten, Formen und Modellieren von Schicksalen, Komödien oder Tragödien und Geschichten erzählen, dass ist meine Art von Kino.

Das Abfilmen einer oberflächlichen Geschichte, von oberflächlich agierenden und denkenden Jugendlichen, die Ernst und Spaß nicht unterscheiden können, mag für viele „Erwachsene“ dann auch langweilig sein. Ebenso wie die bestohlenen Promis! Paris Hilton stellt für den Film sogar ihr Haus, als echte Betroffene zur Verfügung, weil sie vor Sophia Coppola als Künstlerin und Teil von Hollywood so viel Respekt hat. Obzöne Dummheit an der man sich nun erfreuen kann oder es eben bleiben lässt.

Der Standpunkt der Regisseurin ist relativ klar. Künstlerisch ist der Film sehr direkt umgesetzt, die Bilder sind Hochglanz, Pop und L. A. wiedermal selten schön. Eine eigene Ästhetik, vielleicht eine „Utopie des Schönen“. Natürlich ist die Coppola eine Romantikerin. Ansonsten würde sie den Kids nicht die Chance geben, gut auszusehen, cool zu wirken und deren Lust am Leben als Stilmittel zu zeigen. Sie hat Verständnis, stellt eben keine Fragen, sondern setzt auf die Intelligenz der Zuschauer.

Natürlich ist das eine Herausforderung! Und jeder wird sein eigenes Urteil haben, denn der Film polarisiert und wird aus meiner Sicht in der „Erwachsenen Welt“ gar nicht stattfinden, weil diese den Kopf schütteln und alles aus dieser Welt automatisch ablehnen, wenn man kein perverses Herz für den Boulevard haben.

Ach ja, mit Sophia Coppola ist übrigens alles in Ordnung. Sie ist eine Chronisten unserer Zeit und eben keine Psychologin. Menschen in ein paar Jahrzehnten werden Ihr dafür dankbar sein!

Alan Lomax

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