The Big Three - Ein unnötiger Vergleich
In der amerikanischen Autoindustrie werden die „Großen Drei“ beschrieben. Es handelt sich dabei um die Konzerne Chrysler, Ford und General Motors.
Wenn man so täglich Einträge in einem blog hinterlässt, müssen solche Alliterationen manchmal herhalten, um zu beschreiben, was so in einem vorgeht. Warum? Nun ich habe Freitag, Samstag und Sonntag folgendes gesehen: Einen Spielberg Film, einen Kubrick Film und einen Stone Film.
Mal sehen, ob das funktionieren kann mit einem Vergleich, bin selbst mal gespannt:
„Saving Private Ryan“ habe ich ausgegraben wegen „The Pacific“. Ich wollte einfach noch mal sehen, wie Spielberg 1998 vor „Band of Brothers“ und der neuen Serie mit dem Stoff umgegangen ist. Nun gehörte der Streifen noch nie zu meinen Favoriten, was sich aber nach dem dritten Sehen schlagartig geändert hat.
Es bleibt, dabei, kennt man die Story eines Filmes, weiß man was einen erwartet, dann kann man sich auf das wesentliche konzentrieren und stellt bei diesem Kriegsfilm erneut schnell fest, dass es Spielberg drauf hat.
Die Zweiteilung des Filmes (Landung in der Normandie und Die Suche nach James Ryan) ist zwar etwas holperig, dafür im Detail aber umso spektakulärer. Die ersten 30 Minuten sind verstörend und bleiben eine meisterhafte, vielleicht ultimative Umsetzung, des schwierigen Themas Invasion. Der zweite Teil erzählt die Suche nach dem Soldaten Ryan, der bereits 3 seiner Brüder verloren hat und deswegen nach Hause geschickt werden soll. Die oftmals diskutierte Sinnfrage der Mission innerhalb der soldatischen Gruppe ist dabei nur ein oberflächlicher gelungener Versuch eine moralische Fragestellung zu vermitteln. Spielberg hatte das damals bereits verstanden, konnte es aber aus meiner Sicht nicht bis zum dramaturgischen Ultimo, wie in „The Pacific“ bringen. In der Serie, verzichtet er ja weitestgehend komplett auf die inzwischen überflüssig gewordene Frage nach der Moral des Krieges in der Inszenierung. Sie stellt sich ja von selbst! Der aufgeklärten Menschheit muss das inzwischen klar geworden sein. Vielleicht war das in den neunziger Jahren noch anders. Es ist daher auch nicht treibende Story und die moralische Wahrheit, die Private Ryan zu einem großen Film macht. Es sind die geschliffenen Dialoge, die unglaubliche Kameraführung des Genies Janusz Kaminskis, die extrem gute Besetzung (allen voran der wieder mal bis zum Erbrechen intuitiv aufspielende großartige Tom Hanks) uns ganz insbesondere Spielbergs Hang zum großen Kino mit allen wichtigen Variablen die dazugehören. So muss doch jeder Filmliebhaber zugeben, dass die finalen 40 Minuten des Filmes, der Kampf um die Brücke, spektakuläres, befriedigendes und unterhaltendes Western-, Action- und Heldenkino ist, welches unterhaltsam ist, obwohl der Krieg das Sujet ist. Zum Teufel mit der moralischen Verantwortung muss Spielberg gedacht haben, jetzt lasse ich mal die Sau raus. Und ganz ehrlich, dafür liebe ich den Mann und seinen Film. Und ganz ehrlich, die Schlußsequenz auf dem Soldatenfriedhof, unterlegt mit der Williamschen Trompete, ist ein großes Finale.
Sagen wir also mal, dass Spielberg der General Motors Vertreter meines Ansinnens der „großen Drei“ ist. Ein global, operierender Filmhersteller mit den größten Abverkaufszahlen über einen langen Zeitraum. Der aber nicht nur Opel fürs Volk herstellt, sondern eben auch mal einen Lotus baut, unter Filmliebhaber bringt.
Tja, Chrysler ist eine komplizierte Marke. Die Autos wie den Plymouth, den Imperial, den Dodge, aber eben auch wie den Lamborghini oder eben Mercedes Benz unter sich hält.
Kubrick als Chrysler zu bezeichnen ist nicht nur gewagt, sondern Schwachsinn. Aber ich komme aus der Nummer hier nicht mehr raus und bleibe jetzt auch dabei. Vergessen wir das also direkt wieder und wenden uns seinem Film „Shining“ zu, den ich am Samstagabend das erste Mal in meinem Leben gesehen habe und der damit einen großen Kreis schließt.
Ehrlich gesagt bin ich nicht sonderlich beeindruckt! Shining ist sicherlich der schlechteste Kubrick Film aller Zeiten. Was nicht zeitgleich bedeutet, dass der gesamte Film keine Qualität hat. Denn der Film hat natürlich künstlerische Visionen und Einstellungen, die wie ein Gang durch ein phänomenales Museum erscheinen. Die langen leeren Gänge des Museums, die unerträglichen hallenden Geräusche und die ewig in sich zoomende Kamera machen tatsächlich Angst und lassen einen die Unheimlichkeit des Spukhauses permanent spüren. Auch der tiefere Sinn der eigentlich banalen Story ist ablesbar. Nicht funktionierende Kommunikation ein Thema, welches mich immer interessiert und bei Kubrick permanent ist. Genial umgesetzt und nicht ermahnend, sondern auffindbar, wenn man es möchte. Einzig und alleine Jack Nicholsons fast spastische Schauspielleistung, machen den Film zu einem unzeitgemäßen Relikt. Wahrscheinlich hat man ihn damals dafür abgefeiert und es ist ja auch so, dass der Wahnsinn perfekt von Nicholson verkörpert wird, auf mich wirkt das aber inzwischen etwas überdreht und overactet. Wenn man dann noch weiß, dass Kubrick, Nicholson einige Szenen über 200 x spielen lies, bis sie perfekt waren, entschlüsselt man auch schnell das Geheimnis, warum Nicholson so überdreht scheint. Was bleibt ist ein sehr guter Film, den ich mir höchst wahrscheinlich nie wieder ansehen muss. Kubrick Lamborghini sind andere Filme, das hier bleibt vielleicht ein Benz, welches ja auch ein schönes Auto ist. Und im Vergleich zu Spielberg, war Kubrick ein komplizierter, langatmiger, schwerfälliger Hersteller von Filmen.
Ich könnte mir vorstellen, dass Oliver Stone den Raum verlassen würde, wenn ich ihn mit einem Ford vergleiche. Ausprobieren würde ich es trotzdem gerne. Wahrscheinlich müsste man sich eine Ellenlange Protestrede anhören. Bis hin zur Sanierung des Unternehmens mit dem Verlust von 50.000 Arbeitsplätzen.
Oliver Stone gehört definitiv nicht zu meinen amerikanischen Lieblingsregisseuren. Das liegt daran, dass ich ihn und seine Filme immer ein wenig zu dramatisch finde und mich dabei nie von dem Gedanken loslösen kann, dass sich dieser Mann zu ernst nimmt. Somit haben seine Filme auch selten eine empathische Stelle, die ich für mich als unvergesslich einstufen würde. Aber es sind gerade diese Regisseure die mich interessieren, weil sie einen anderseits auch immer fordern. „Wall Street“ hat mich nun interessiert, weil ich mir umgehend die Fortsetzung ansehen werde. Das ist der Grund und kein anderer! Natürlich ist das Börsendrama ein großer Film. Ich erinnere nur an den von mir gehasst Dieter Wedel, der mit einem achtfachen Zeitkonto und in 100 Teilen, an so einer kompakten und dennoch verschachtelten Erzählung scheitern würde.
Eine Fortsetzung war dringend notwendig, da der achtziger Jahre Charme, weniger charmant, sondern teilweise lächerlich wirkt. Inhaltlich hat der Streifen nichts von seiner Schärfe verloren. So könnte ich mir die Diskussion um Stunden vorstellen, wenn man mit Deckard zusammen sitzt und Gekko’ Weißheit „Gier ist gut“ auspackt. Die klassische Handlungsstruktur in drei Teilen nervt zum Schluß etwas, wenn die Moralisierung stattfindet. Hier könnte man den Vergleich zu Spielberg und Kubrick herstellen, die das Motiv besser und weniger anstrengend verbal gelöst hätten. Vielleicht ist das sogar die größte Schwäche des Filmes!
Also ich bleibe dabei. Der Vergleich zu den drei Autokonzernen hinkt, wenn ich mir Mühe gegeben hätte, wäre es besser verpackt gewesen. Aber darauf kommt es auch nicht an. Ich habe drei sehr gute Filme von drei sehr guten, wichtigen Regisseuren gesehen. Ab und zu sollte man insbesondere diesen Dinosauriern Respekt zollen und verstehen was sie für das Kino geleistet haben.
Alan Lomax