Talihina Sky: The Story of Kings of Leon
Langweilig! Kings of Leon das ist doch die Band mit den Radiohits „Sex On Fire“ und „Use Somebody“. Ist doch schon uralt, die letzte LP „Come Around Sundown“ erschien 2010! Was ist los, Lomax? …hast Du keine Ideen mehr? Es gibt doch derzeit so viele gute Bands und Alben.
Aber ich hatte einen Traum!
Ich war im Tal der Appalachen. Das ist mitten in Nordamerika, im Bundesstaat Tennessee. Zwischen dem French Broad River und dem Holston River. Ausgedehnte Wälder, Seen und Moorlandschaften prägen das Bild. Der Great-Smokey-Mountains National Park ist der größte Urwald der USA. Es gibt Schwarzbären und unzählige Amphibien-und Reptilienarten.
Tennessee, Alabama, Kentucky, Mississippi, Missouri und Georgia haben eine lange Geschichte. Bürgerbewegung, Martin Luther King und natürlich Nashville und Memphis als Heimat der Country- und Westernmusik sind wichtige Stichworte um sich eine virtuell Kulisse vorzustellen.
Gerade sitze ich auf einer Holzbank, vor einer Holzhütte. Ich mache mir eine weitere Dosenbier auf. Es vormittags. Daher tut es auch eine Dose Miller Lite. Die Nacht war lang. Ich war mit Onkel Bob auf Schlangenjagd. Als es hell wurde, lag die fette Sau auf der Ladefläche seines Pick-Ups. Ich erreichte leicht panisch den Wagen, nachdem ich ein paar Stunden hilflos im Schilf rumgekrochen bin.
Noch ist alles ruhig. Die Familie von Onkel Bob schläft noch. Ich kenne noch immer nicht alle Schwester, Brüder, Neffen, Onkels und Tanten mit Namen. Unmöglich es sind Hundertschaften. Ebenso wie die Köter der Familien, die in Kohorten ihre lauten Bahnen vor meiner Nase ziehen. Es ist 35 Grad heiß, feucht und unangenehm. Bob meint ich soll mich mit meinem Urin einschmieren, wegen der Moskitos, aber dafür bin ich noch nicht lang genug hier.
Heute Abend kommen weitere Familien zum See. Bob macht ein gewaltiges Barbecues, wir werden uns wieder besaufen, sinnloses Zeug reden, Hufeisen werfen und blonden Mädchen in engen T-Shirts hinterherpfeifen, die letztendlich auch irgendwie mit uns verwandt sind.
Bereits vor zwei Wochen bin ich hier angekommen. Zum Glück bin ich aber nicht die ganze Zeit hier gewesen. Auch wenn mich Bob und seine Brüder gewarnt hatten, ich habe mir ein Mietwagen genommen, um ein paar Tage die Gegend zu erkunden. Nach dem mich Bob bei der Leihwagenfirma abgesetzt hat, hatte ich ihm noch zugerufen: „Alter, ich bin auch ein Redneck, ich schere mich ein Dreck darum, was jemand anderes über mich denkt!“ Bob lächelt, zeigte mir den Mittelfinger und hauchte mir ein „FCUK YOU“ entgegen.
Will man die Geschichte der USA verstehen, muss man in diese Gegend um Tennessee und Oklahoma reisen. Wer es nicht schafft, sollte zumindest Steinbecks „Früchte des Zorn“ gelesen haben oder mal einen Song von Woody Guthrie gehört haben. Neben der Rassenbewegung und den „Dust-Bowl“ Gebieten, wird man dann auch verstehen, dass ein Redneck kein Prolet ist, aber vielleicht konservativ, patriotisch, stereotype und weiß! Um den Redneck mit den Worten von Jeff Foxworthy zu beschreiben: „…es fehlt ihm die Feinsinnigkeit“.
Inzwischen hat mich Bob wieder abgeholt. Meine kleine Kulturtour ist beendet. Auf dem Rückweg zum See, lege ich ein Tape der Band Wilco in den Player des alten Pick-Ups. Die ersten Akkorde von „Jesus, Etc.“ erklingen. „What th‘ Fcuck..“, schreit Bob, während er seine Bierdose aus dem Fenster wirft. „Fcuking Americana, Alternative Roots Rock, Wilco…“. „Americana?“, Bob nimmt mein Tape, wirft es der Bierdose hinterher und legt „Back Down South“ von seinen Neffen „Kings of Leon“ auf…
Wake up! Der Traum ist vorbei! Schade! Aber es gibt eine dauerhafte Fortsetzung und ewig schöne Erinnerung. Der Dokumentarfilm „Talihina Sky“, der die Geschichte der Kings of Leon wie eine Urgewalt präsentiert.
Von ganz unten im Westen!
Alan Lomax