Stars on 45 – Auf der Suche...
Derzeit übe ich mit meiner alten Herren Band einige Klassiker aus dem Rock- und Jazzbereich, für einen kleinen Auftritt am kommenden Freitag.
Wenn man verstärkt selbst musiziert, wird die Jagd, aber auch die Empathie selbst Musik zu hören minimiert. Ich beobachte dieses Phänomen bereits seit Jahren. So laufen auch die meisten Musiker die ich kenne, jeglichen musikalischen Entwicklungen, neuen Bands und wichtigen Alben hinterher.
Eine Erklärung dafür wäre die Aufnahmefähigkeit/Speicher des Menschen, der offensichtlich einfach irgendwann voll ist. Denn die andere Theorie ist nicht logisch: ...insbesondere wenn man selbst Musik macht, möchte man doch wissen, wie es andere besser machen, schließlich könnte man sich einiges absehen. Nach meiner kleinen Studie ist das aber nicht so.
Ende der Achtziger Jahre habe ich Zivildienst gemacht. Einige meiner Kollegen waren begnadete Musiker, die zum Teil internationale Wettbewerbe gewonnen hatten und alle in irgendwelchen „Bundesjugendorchestern“ gespielt haben. Selbst gehört haben sie Sting, Phil Collins und viel Schlimmeres. Die Kollegen von damals waren allerdings auch in der Klassik verhaftet. Vielleicht hört man dann diese teils gruseligen Schocker zur Entspannung.
Mit großem Interesse verfolge ich in den Musikzeitschriften meines Vertrauens immer sog. „Blind-Sessions“ oder „Lieblingstapes“, also kleine Berichte über die Vorstellung von aktueller und älterer Musik bei bekannten Musikern oder halt die Playlist des geliebten Popstars. Die Ergebnisse sind recht unterschiedlich. Meist aber sehr deckungsgleich mit den in den entsprechenden Zeitschriften vorgestellten Bands oder grundsätzlichen musikalischen Aussage des Künstlers. Vorteilhaft könnte man von einem geschlossenen Universum sprechen!
Zurück zu mir. Ich habe in den letzten 14 Tagen auch kaum „neues“ gehört und das Jahr 2010 startet hinsichtlich „neuer musikalischer Qualität“ sehr zäh.
Vorgestern habe ich den Vorab-Download des neuen Shout Out Louds Albums „Walls“ gehört. Nett, wie zu erwarten war.
Gestern hatte ich das Vergnügen nach der „Bandprobe“ etwas länger nach 20:00 Uhr EinsLive zu hören. Um diese Uhrzeit übrigens nicht so quälend, wie tagsüber, da dann die Sendung Plan B läuft. Gestartet wurde mit dem guten Editors Song „You Don’t Know Love“. Die ca. vier Minuten haben mich kurz erinnern lassen, was für eine tolle Band das doch ist.
Sehr gut gefallen haben mir dann noch die Delphics mit der Nummer „Doubt“. Die Band kommt zweifelsfrei aus Manchester, was man insbesondere der letzten Minuten angehört hat.
Das kleine Festival unseres Vertrauens in Haldern hat erste Bands bestätigt, die ich mir direkt angehört habe. U. a. sind „The Low Anthem“ dabei, von denen ich mir direkt das komplette Album geladen habe. Die Band bestreitet eine interessante Gradwanderung zwischen zeitgemässen Vollbart-Folk und merkwürdigen Ausflügen in das Western-Saloon-Genre. Die Vollbartecke gefällt mir besser. Außerdem gibt es noch ein Video auf der Homepage von www.haldern-pop.de zu sehen. Der kleine leidenschaftlich selbstgedrehte Film ist unterlegt mir der sehr schönen Musik des Schweden „The Tallest Man on Earth“, soweit ich weiß, heißt der Song „The Gardener“ und der ist wirklich wunderschön und funktioniert auch ohne den Filmen und den sommerlichen Gedanken an die Kuhwiese in Haldern mit einem kühlen Bier.
„Vampire Weekend“ und Adam Green veröffentlichen diese Woche ihre neuen Alben. Da habe ich überhaupt keine Lust darauf, lasse mich aber gerne belehren, falls ich mich irre.
Wo wir schon beim belehren sind. Könnte mich evtl. jemand über die neuen Werke von „Gordon Gano & The Ryans“ und „Goodnight Unknown“ von Lou Barlow unterrichten. Ich habe keine Lust zwanzig Tacken in den Wind zu schießen für zwei nicht gute Alben.
Einen guten Zeitpunkt haben wahnverwandtschaftlichen Tocotronic gefunden um ihr neues Werk zu vermarkten. Es gibt offensichtlich kaum Konkurrenz, oder doch? Aus meiner Sicht schon. Denn seit Wochen steht die Platte der aus dem Burgenland stammenden Band „Ja, Panik“ ganz oben auf meinem Einkaufszettel. Nach dem Serienstar „Ewing“ mir die Scheibe auch noch mal in meinem mir eigenen Partykeller aufgelegt hat, bin ich ausgiebig begeistert.
Interessieren würde mich auch noch Charlotte Gainsbourgs Album über Leben und Tod. Wahrscheinlich die beste Wahl für das kommende Wochenende. Die Single-Auskoppelung „Heaven can wait“ habe ich bereits gehört und bin schwer begeistert, weil sie mich irgendwie an den verstorbenen Musiker Elliot Smith erinnert. Der mich noch während meiner Sylvesterparty musikalisch begleitet hat, als Ben Folds „Late“ gegen 05:00 im Morgen erklang und ich auf einmal Tränen in den Augen hatte. Unweigerlich muss ich nun natürlich an den vor kurzem gestorbenen Vic Chesnutt denken, den eine Überdosis hingerafft hat und ein tragisches, aber bemerkenswertes Leben geführt hat. Chesnutt hätte musikalisch eigentlich 2010 ein Comeback erwartet. Hat er doch weites gehend alle Vollbartbarden der Moderne beeinflusst. Notiz an mich selbst: Unbedingt die Scheibe „Little“ rauskramen und anhören. Sorry Vic, aber ich Charlottes Bild für diesen Eintrag vorgezogen. Vielleicht bekommst Du im Laufe des Jahres einen eigenen Eintrag unter „Vergessene Helden“.
Gespannt bin ich auf das neue „Midlake“ Album. Das Cover von „The Courage of Others“ ist ähnlich geheimnisvoll, wie das wirkliche Meisterwerk „The Trail of Van Occupanther“. Musikalisch soll es allerdings eine Neu-Orientierung geben. Ich werde mich am 03.02.2010 bei dem Konzert in Köln überraschen lassen und vorher bewusst nichts hören wollen.
Auf Spiegel Online wird derweilen die Renaissance des Jazz-Standards angekündigt. Es gibt zahlreiche VÖ’s die Stücke aus dem „Great American Songbook“ neuaufgenommen haben. Und genau hier schließt sich der Kreis wieder. Musik aus diesem Songbook spiele ich derzeit in Epic mit meiner Band der alten Herren. Die lieben die Stücke, zurecht. Hören aber auch kaum etwas anderes. Ein Phänomen was ungeklärt beleibt.
Stay Tuned
Alan Lomax