Sounds and Silence - Unterwegs mit Manfred Eicher

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  7. September 2011, 20:47  -  #Jazz

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An einer Stelle im Film sagt Gianluigi Trovesi in etwa: "Früher hatte die Musik Magie, weil sie selten war". Ich denke dieser Satz ist ein Leitfaden für den Film und unterstreicht den Titel in seiner Aussage. In einer Zeit, in der durch die neuen Medien Musik ebenso zur Massenware "verkommen" ist wie viele andere Dinge in unserem Leben, ist es von Bedeutung sich darüber bewusst zu werden, was Musik eigentlich bedeutet. So zumindest empfinde ich nach dem Film darüber.

Die beiden Regisseure Peter Guyer und Norbert Wiedmer gehen in der Darstellung einen eher unkonventionellen Weg, was den Genuss des Films dadurch erhöht. Es ist kein klassischer Dokumentarfilm im üblichen Sinne, sondern eine Meditation über den Klang und die Töne, ja über den Sound, aber auch über die Stille die notwendig ist, um die Musik zu geniessen. Der Untertitel lautet 'Unterwegs mit Manfred Eicher'. Diesen lassen sie jedoch nur selten zu Wort kommen, sondern beobachten ihn aus der Ferne, aus der Stille. Das hat in der Essenz eine sehr beruhigende Wirkung auf den Zuschauer. Hier geht es nicht um Selbstdarstellung, sondern um die Darstellung derjenigen Personen, mit denen Manfred Eicher zusammen ihre Musik produziert.

Der Film hat einen wunderbaren, entspannten Rhythmus und erklärt sich selbst, gäbe es nicht die Musik, hätte man einen Stummfilm drehen können. Musik beginnt, geht fliessend über in Bilder und kehrt über Umwege an den Ort ihrer Entstehung zurück. Das hat bei Zeiten fast einen romantischen Charakter, man wird fast genötigt auf Reisen zu gehen.

Wir werden Zeuge von Musikern rund um den Globus, sehen Bilder aus Griechenland, Tunesien, Italien, Argentinien. Über all auf der Welt machen Menschen Musik und sie dabei zu beobachten ist ein grosser Genuss, denn hinter ihrem Faible für die Musik steck ein Wort, welches auch Maxime dieses Blogs ist: Leidenschaft. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes interessant zu sehen, wie sehr sich die Musiker gehen lassen und mit absoluter Hingabe ihren Instrumenten Töne entlocken. Musik als Mittel der Kommunikation, die das ausdrückt, wozu die Sprache nicht in der Lage ist.

Man kann Musik hören oder Musik hören, darin steckt bei aller Offensichtlichkeit auch ein grosses Stück Wahrheit. Faszinierend, wie hingebungsvoll und hoch konzentriert Manfred Eicher den Tönen und Klängen lauscht. Ich kann diese Art des sich völligen gehen lassen gut nachempfinden, ist es doch genau die Weise, mit der ich auch Musik höre, ohne mir anmassen zu wollen, die gleichen feinen Ohren wie Herr Eicher zu haben.

Wieder haben sich durch einen solchen Film weitere Horizonte für mich eröffnet, denn zum einen kannte ich bis auf Jan Garbarek die wenigsten der hier spielenden Musiker, zum anderen war es wichtig darauf "hingewiesen zu werden", dass man seine eigenen Stereotypien der Wahrnehmung und Hörgewohnheiten verlassen muss um Musik in ihrer Gänze zu verstehen, auch im Hinblick auf das Wort 'Toleranz'.

'Sounds and Silence' ist ein sehr beruhigender, sehr aufschlussreicher und auch innovativer Film, der bekannte Pfade verlässt und das tut, worauf es in der Musik ankommt: sich vorwiegend nur auf sie zu konzentrieren.

Ein idealer Film, nebenbei, um den Herbst einzuleiten.

Das Verlangen sich wieder intensiv der Musik zu widmen wächst.

Rick Deckard

 

 

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