Sonntag, 22.08.2010 - Kristof Schreuf, Christoph Schlingensief, Meuterei auf der Bounty und The Book of Eli
Gegen halb Zwölf aufgewacht und Interview mit Kristof Schreuf gelesen. Auf die Feststellung des Journalisten, dass die Feuilletons wegen Copyrightdiskussionen voll sind, Antwortet der Bourgeois mit Gitarre:
„Du meinst die Diskussionen um „authentisch“ und „nicht authentisch“? Für authentisch gehalten wird ja zum Beispiel: Die alte Zeit, wann immer die war. Fleiß, Anstrengung. Schweiß. Handgemachte Musik. Deutsche Wertarbeit. Emotionen, angezeigt durch Rumschreien und Heulen, wie es Menschen müssen, die im Fernsehen in vielen Formaten auftreten. Authentisch ist ansonsten noch mein Schwein, das auf dem letzten Loch pfeift.
Unauthentische Kunst präsentieren zu können, ja, unauthentisch zu sein, wird dafür zur Zeit als besonderes Qualitätsmerkmal ausgegeben. Aber keiner ist clever oder elegant, weil er zitiert. Keiner hat Mut, weil er sich in Fragen des geistigen Eigentums wenig zimperlich zeigt. Keiner ist souverän, weil er so sehr neben sich steht. Finden aber viele trotzdem. Deshalb wirkt das Unauthentische zur Zeit wie das neue Authentische. Etwas Besseres als authentisch und unauthentisch finden wir – hoffentlich bald.“
Ich denke lange über diese Zeilen nach. Mir fällt Christoph Schlingensief ein, der vor einigen Tagen gestorben ist. Schlingensief ist mir sehr sympathisch gewesen. Obwohl ich nie ein Theaterstück oder Film von ihm gesehen habe, ist er mir immer wieder als Provokateur aufgefallen der etwas zusagen hatte. Authentisch war er auf jeden Fall, sein Werk irritierend. Gerne hätte ich ihm noch die Frage gestellt, ob das „Deutsche Wertarbeit“ war, was er geschaffen hat.
Es regnet, der Herbst fängt an. Mein Lieblingsmonat, die Leute kommen langsam zur Ruhe. Nach der quirligen Aufgeregtheit des Sommers und des ständig „draußen“ sein müssen, entfällt ein weiterer Zwang.
Auch wenn ich heimlich hoffe, dass der September noch viel Sonnenschein und Wärme bringt, deklariere ich für mich selbst gerne im Vorfeld die Jahreszeiten. Dann ist man wenigstens vorbereitet. Kontrolle zum Selbstzweck!
Wenn ich als Kind krank war und mit einer profanen Erkältung oder Magenschmerzen das Bett hüten musste, habe ich Hörspiele gehört. Meine Lieblingsplatte war die Geschichte um Käpt’n Blight, Fletcher Christian und dem legendären Brotbaum. Die EUROPA-Langspielplatte mit Lutz Mackensy als Erzähler und der Stimme von Volker Brandt als Fletcher Christian ist in meinem Kopf tätowiert.
Die kleinen Lomaxe und ich war gestern, wegen „Heavy Rain“ auch an das Bett bzw. Sofa gefesselt. Wir haben und den dreistündigen Abenteuerfilm "Meuterei auf der Bounty" des gleichnamigen Hörspiels angesehen. Was für ein wunderbarer Film. Noch mal möchte ich gerne das Wort „Abenteuerfilm“ benutzen, da diese Genre weites gehend ausgestorben ist. Leider! Frau Lomax (die die Zeit übrigens draußen verbracht hat, sie liebt es draußen) sagte kurzweilig beim vorüber gehen, fast geistesabwesend: „Marlon Brando ist so ein schöner Mann gewesen!“. Interessanter Weise habe ich das noch nie so gesehen. Aufmerksam betrachte ich mir diese Legende genauer! Und sie hat recht. Zu überpräsent sind mir seine Darstellungen als Pate und als Kurtz in Apocalypse Now.
Der Film hält nach den ganzen Jahren immer noch was ich meinen Kinder versprochen habe. Große Gesten und eine spannende Geschichte. Wie ich damals, ist mein Sohn am meisten von der „9-schwänzigen Katze“ beeindruckt. Ich fliege zwischenzeitlich weg. Zu schön ist dieser dreistündige Film. Insbesondere das Tahiti-Thema von Bronislau Kaper schwirrt mir nachhaltig im Kopf rum (Deckard, ich kam nicht drum herum den Namen Bronsislau Kaper mehrfach laut durchs Wohnzimmer zu rufen).
Im Anschluss habe ich mir den Endzeitfilm „The Book of Eli“ angesehen. Die Story um den einsamen Helden (Denzel Washington) ist gelinde gesagt ultratrashiger Mist. Die Mystifizierung der Bibel, als Retter der Menschheit, als Grundlage für einen Actionfilm allerdings schon wieder amüsant. Besonders mit der Vorstellung, das der Vatikan diesen Film mitproduziert hat. Natürlich unter vorgehaltener Hand. Im Papst eigenen Kino könnte der Streifen auf und ablaufen und so etwas wie ein Edelspätzeitwestern für Bibelfreunde werden. Genauso lustig, wie diese Vorstellung ist aber der Streifen. Es gibt jede Menge sehr guter Querverweise, spektakuläre Kampfsequenzen für einen ultracoolen Washington und verdammt gute Unterhaltung.
Nicht immer alles so ernst nehmen und „Was zu lesen ist immer gut…“ ist dann auch mein Fazit dieses verregneten Spätsommer Tags.
Alan Lomax.