Red Cliff - Der neue Film von John Woo
Es ist immer schwer sich in fremde Kulturen hinein zu versetzen und hinein zu fühlen, insbesondere im Kino, da dort binnen weniger Minuten und Stunden gewaltige Eindrücke, Namen und wie in diesem Fall Geschichte auf einen prasseln. Ich hatte mit Filmen wie 'Tiger & Dragon',der ohne Zweifel sehr schön war, meine Probleme, weniger wegen der Handlung mehr im Hinblick auf die Geschichte und v.a wie sie erzählt wurde. Gewisse Dinge bleiben einem verborgen, wenn man sich nicht gründlich mit der Geschichte und Kultur eines anderen Landes beschäftigt hat. Daher "weigere" ich mich bis heute die Filme eines Akira Kurosawa anzusehen, ohne den es wegweisende Filme in und um Hollywood als auch Europa nicht gegeben hätte. Natürlich sprechen diese Filme für sich, aber mein Anspruch geht darüber hinaus. Diese Sorgen hat John Woo nicht, nie gehabt und auch bei seinem neuen Film 'Red Cliff' braucht man sie nicht zu haben. Wie es sich für Ihn gehört geht er diesen Film schnell, klar und präzise an. Wie jedes Land, hat auch China Schlachten in seiner Historie erlebt, die Geschichte geschrieben haben. Waren es 'Little Big Horn' in Amerika, 'Waterloo' in Europa, so war es die Schlacht am 'Red Cliff' in China, bei der sich das Reich im Westen und Süden gegen den Premierminister im Norden verbündete. Woo führt die wesentlichen Charaktere in einer Einleitung zügig in die Handlung ein und die Fronten sind somit schnell geklärt. Man wird als Zuschauer in die Handlung und in die Geschichte hineingezogen und folgt gebannt dem Geschehen auf dem Schirm. Was in den nächsten 2h folgt ist episches und monumentales Kino mit spektakulären Action Szenen, grossen Massenszenen und - schlachten, weitläufigen und romantischen Bildern und einen Hauch fernöstlicher Symbolik und Kultur. Es werden aber keine Klischees zelebriert, sondern kulturelle Eigenheiten gekonnt in die Handlung eingewoben. Hätte vor einigen Jahren Oliver Stone seinen 'Alexander' so straff und dramaturgisch raffiniert inszeniert, wäre das Werk mit Colin Farrell in der Hauptrolle erfolgreich gewesen.
Die Darsteller sind alle ohne Ausnahme, ob gut oder böse, einnehmend und spielen nie über Ihre Verhältnisse. Alles samt sehr nuancierte und glaubwürdige Darstellungen. Es gibt keinen Protagonisten mit dem man mitfiebert, dazu sind die Charaktere nicht differenziert genug ausgearbeitet, was aber auch nicht von Nöten ist, denn bei diesem Film geht es um Schauwerte, Action und Spannung. Gewisse stilistische Mittel als Eigenheiten verlässt auch John Woo hier nicht, seien es die weissen Tauben oder auch spektakulär inszenierte Kämpfe, wobei hier das 'Heroic Blood Shed' nicht durch Kugeln ausgelöst wird, sondern durch Lanzen, Pfeile und Schwertern. Die Kulissen wirken imposant und zum Schluss wandelt sich der Schnitt des Films fast ins künstlerische, wenn auch gelegentlich zu offensichtlich. Musikalisch entscheiden sich Woo und die Produzenten für ein klassisches Symphonieorchester mit asiatischen Instrumenten und entsprechenden Klangfarben, wodurch die Musik an vielen Stellen fehl am Platz wirkt, denn als Zuschauer verbindet man Grosssymphonik eher mit dem Abendland. Das aber nur nebenbei.
Erstaunlich, dass sich John Woo nach all seinen bisherigen Filmen einem historischen Stoff zugewandt hat. Aber der Wechsel zurück nach China hat ihm gut getan wie ich finde, denn sein Ausflug in die Stadt der Engel war, wenn man ehrlich ist, nicht von Erfolg gekrönt, finanziell ja, aber nicht künstlerisch. Aus dieser Zeit ragen höchstens 'Im Körper des Feindes' und 'Mission Impossible II' heraus. Die anderen Filme werden oder sind schon in Vergessenheit geraten ('Operation Broken Arrow', 'Windtalkers', 'Paycheck'), vom furiosen Finale in 'Hard Target' mit Jean Claude van Damme mal abgesehen. Bleibt für die Zukunft zu hoffen, dass John Woo sich seiner Qualitäten erinnert. 'Red Cliff' ist ein viel versprechender Neuanfang.
Rick Deckard
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