Public Enemy - Splash Festival 2011

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  10. Juli 2011, 11:26  -  #Vergessene Helden

 

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Das der Hip Hop neben der Jazzmusik eine wesentliche Rolle in meiner musikalischen Sozialisierung spielt und ich beide Genres gleichberechtigt, für die eindringlichste amerikanische musikalischen Erfindung überhaupt halte, dürfte den meisten Lesern nicht entgangen sein. Das ich immer wieder den HipHop aufrecht halte, an ihn glaube und doch so selten damit hausieren gehe, liegt zum einen an seiner Komplexität, zum anderen am ständigen Desinteresse aller Menschen die ich kenne!

Dies ist gar kein Vorwurf, denn HipHop ist eine in sich geschlossene Kultur, ein komplexes Universum mit Verflechtungen und netzartigen Dialogen. Was bleiben könnte, neben der persönlichen Leidenschaft, ist die Mission. Vielleicht beginnt sie erneut, mit der Erinnerung und der Wiedergeburt von Public Enemy.

ZDF Kultur hat gestern das Konzert der Amerikaner vom Splash-Festival gezeigt. Es hat mich wortlos, streckenweise staunend, aber ständig anbetungswürdig  zurückgelassen.

Vor ca. 10.000 schwitzenden, tanzenden und euphorischen Menschen sah man dort eine extrem wütende, fantstische, rootige und doch weiterführende HipHopShow der Sonderklasse. Und natürlich Chuck D. und Flavor Flav wiedervereint. 

Flav hatte in letzter Zeit merkwürdige Dinge getan, die einem alten Fan, Tränen und Unglauben in die Augen getrieben haben. Der kultivierte, politische und unfassbar aktive Chuck D. konnte einem da in der Vergangenheit schon leid tun. Musste Flav doch massiv dazu beigetragen, seine Erfindung HipHop, Public Enemy und Rap, wie ein Kartenhaus zusammenbrechen zu lassen.

Aber scheinbar, vergessen und gut. Chuck D. und Flavor Flav ergänzen und agieren superb miteinander! Die bereits über fünfzig jährigen Erfinder, tanzen, rappen, politisieren und unterhalten als wenn es kein gestern gab. Dabei das ganze HipHop-Gewürz auf dem Löffel was so eine Show braucht und glaubwürdig macht. Zwei Tänzer in Gefängniskleidung. Eine ganze Crowd von Bodyguards und Posse um Chuck und Flav rum, die aufpassen und Handtücher halten und eine furiose Band, bestehend aus Schlagzeug, Gitarre, Bass und DJ Lord, der mal eben gezeigt hat, welche Bedeutung der Plattenspieler und das Scratchen als Instrumentierung in dieser Musik hat.

http://www.youtube.com/watch?v=8c3adp1K2eA&feature=related

Chuck D. wehrte sich 1980 als Rick Rubin (damaliger Mitbesitzer und Begründer von Def Jam) ihn auf seinem Label haben wollte. Kunst war dem jungen Mann wichtig und seine Crew! Er wollte sich nicht reinreden lassen. Chuck D. hat immer die Vision gehabt, die Welt mit seiner Musik zu verändern. Koste es was es wolle, aber nicht auf den Schultern seiner Beats, seiner Raps und seiner politischen Texte gegen den Rassenhass, gegen die amerikanische Politik und gegen den Weltfrieden und auf Kosten des Erfolgs.

Die nebenbei gesagt, fantastischen Samplings und die unbedingt tanzbaren Grooves von "It Takes A Nation of Millions to Hold us Back" bleiben so zeitgemäss, dass sich sämtliche zeitgenössische R'n'B Künstler schämen sollten.

Inhaltlich am meisten fasziniert hat mich immer der PEmische Kampf um die Rechte der Schwarzen. Seit Spike Lees -immer noch in meinem Kopf vorhandenen Meisterwerk- "Do the right thing" und dem Titeltrack "Fight the Power" war es um mich geschehen. So viel Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit bleibt bei mir und geht nie.

Nun umso schöner, dass ich mit einer fetten Gänsehaut am Sonntagmittag hier sitze und mir bereits im dritten Durchlauf das Album "It takes a Nation of Millions to Hold us back" anhöre. Die Sinnhaftigkeit des Albums ist übrigens sehr gut auf wikipedia dargestellt: http://de.wikipedia.org/wiki/It_Takes_A_Nation_Of_Millions_To_Hold_Us_Back

...ein sehr guter Beitrag, der auch mal wieder zeigt, dass HipHop Fans authentisch, leidenschaftlich und interessiert sind!

Was für mich bleibt, ist die Tatsache, dass Gevatter HipHop niemals tot ist, niemals sterben wird, bei den neuen Künstlern immer noch Bewusstsein vorhanden ist, um die Sache weiterzuentwickeln und mit z. B. Public Enemy eine Gruppe vorhanden ist, die eine immer noch wichtige politische Aufgabe haben. Unvergesslich wird somit wohl auch immer der Prolog von Flav gestern beim Splash-Festival bleiben....

Don't belive the Hype

Alan Lomax 

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