PRIMAVERA SOUND 2014 BARCELONA
Nachfolgend ein Bericht unseres rasenden Reporters John Ross Ewing! Er war in Spanien beim legendären PRIMAVERA SOUND FESTIVAL und schildert uns seine grandiosen Eindrücke. Wir bedanken uns, aus der Tiefe unseres Herzen, für diesen unterhaltsamen, fachlich versierten und empathischen Artikel, bei unserem Freund und Förderer! Alan Lomax P.S.: Pictures ebenfalls bei John Ross Ewing...
Die Besetzung des Festivals ist auch in diesem Jahr brillant und verheißungsvoll, gespickt mit einem gewaltigen Ablaufdilemma, das konkrete Pläne und Entscheidungen im Vorfeld fordert, denn man kann viele Acts aufgrund der Zeitplanüberlappung auf keinen Fall sehen. Im Nachgang habe ich zu verschiedenen verpassten Konzerten dann nicht allzu überragende Wertschätzungen gehört, damit lässt sich das leichter verschmerzen. Einzig Teardo/Bargeld hätte ich wirklich dringend sehen wollen.
So lässt sich sagen, dass die Auswahl der Konzerte vollkommen richtig war, die ich so wahrgenommen habe:
JUEVES
REAL ESTATE - Heineken Stage
Die Sonne geht steil und schießt durch die strandnahe Hochhaus-/Hotelkulisse auf das Festivalgelände. REAL ESTATE aus New Jersey flashen und verzaubern mich umgehend mit herrlicher Popmusik. Here comes the summer, was für ein angemessener Auftakt, qualitativ und moody. „It‘s real“ hallt mir wahrscheinlich noch in einigen Wochen durch den Kopf, wenn ich die Barcelona-Atmosphäre still und heimlich immer wieder einatme.
MIDLAKE - Sony Stage
Die Band, die mit „The trials of Van Occupanther“ einen Stimmungssoundtrack sondergleichen geschaffen hat, fiel live und auf den beiden Folgealben in den letzten Jahren etwas ab. Hier in Barcelona haben sie gezeigt, dass sie den Weg auch mit ihren neuen Songs wieder finden werden. Die ausgezeichneten Musiker sind jederzeit gewillt, sich in den Stücken völlig gehen zu lassen, der Sound ist satt, die Songs gehaltvoll und umarmend, das funktioniert live. „Young bride“ und „Roscoe“ sorgen für erste feuchte Augen. So hört sich ganz sicher Emoslowcorepop an.
WARPAINT - Heineken Stage
Wie gern hätte ich dieses Konzert ganz gesehen. Im Halderner Spiegelzelt haben die uns vor drei Jahren derart weggehauen… Verheissungsvoller Beginn, eine frühes furioses “Undertow”, was für ein Hit, aber Warpaint fallen leider dem guten Hooky zum Opfer, deshalb keine Wertung.
PETER HOOK & THE LIGHT performing “Unknown pleasures” - Heineken Hidden Stage
Für Konzerte auf dieser verborgenen Bühne muss man sich nachmittags um halb fünf anstellen und man erhält spezielle Eintrittskarten für diesen neu installierten Club gleich unterhalb des Photovoltaikmonsters. Zwei Fragen sollten vorab geklärt sein: Darf er “Unknown pleasures” spielen? Hier ein klares ja, er war dabei und hat ein ehrliches und kein kommerzielles Interesse am Vermächtnis von Ian Curtis. Und darf er eine Gastsängerin einbeziehen, die Ians Songs singt? Nein, nein, nein, das geht nicht, es ist vielmehr ganz schlimm. Rowetta hat schon auf der 1102/2011-EP “Insight” und “New dawn fades” gesungen, so auch heute. Wir breiten den Mantel des Vergessens darüber aus.
Hooky spielt selbst nur bei diesen Stücken Bass, ansonsten ist er zu aufgeregt bzw.es liegt ihm parallel zum Gesang nicht.
Front of stage. Das Konzert ist eine Wucht. Eine ganze Joy Division Platte habe ich live noch nicht dargeboten bekommen, New Order haben live in den vergangenen Jahren ja immer wieder Stücke gespielt, aber so geballt ist das neu. Hooky ist ja seit 2010 mit den Sachen unterwegs und ich war wirklich aufgeregt, wie das sein wird. Das Album wird in exakter Reihenfolge gespielt. Mit “She’s lost control” geht auch im Publikum die Kontrolle verloren. Ein großer junger Mann und ein kleiner älterer Vertreter mit Sonnenbrille eröffnen einen anhaltenden Körpertanz. Die Kraft dieser Musik ist ungebrochen, die Wut und Verzweiflung fortwährend und für die Ewigkeit.
Herausragend ist Hooky mit persönlicher Note bei “Interzone”, das steht ihm gut zu Gesicht. Er ist nun 58 Jahre alt und will den JD-Schatz bewahren. Die Zugaben lassen Herzen und Konzertsaal explodieren. Bei “Ceremony” kann ich unter meiner Sonnebrille hemmungslos Weinen vor Glück und Ergriffenheit. Bei “Transmission” können alle Gefühle herausgeschrien werden und bei “Love will tear us apart” findet jeder seine persönliche Verknüpfung Erinnerungen aus der Vergangenheit. Chapeau Hooky, und danke.
CHROME - Vice Stage
Helios Creed lehrt uns in der Dunkelheit, wo die first steps of noise & industrial denn so herkommen. Wahnsinn, wie viele Legenden hier in BCN immer wieder auf die Bühnen am Meer gezaubert werden. Keine leichte Kost, aber genau richtig, um nach Hookys Blutdoping runterzukommen und seine Initialen in den Asphalt zu kratzen. “New age” und “March of the chrome Police” zeigen in aller Ernsthaftigkeit, dass San Francisco nicht nur für Unbeschwertheit steht, sondern dass da auch noch einige Leute den Wahnsinn hart verarbeiten. No acid, please, hier ist die Musik die Droge.
ARCADE FIRE - Sony Stage
Die Headliner.
Ein wunderbares Feuerwerk, ein Best of inkl. der Nummern der neuen Platte. Unendlich viele Uh uhs und Oh ohs ohne einen Hauch von Pein. Every time you close your eyes…
Traumhafte Bandbesetzung, fette Bläser, super Backing Sänger, Charme und Schönheit des Pop paaren sich trotz der Neonbühnenklamotten. Eine Band, die sowohl den Kampf um die Aufrichtigkeit führt als auch Kunst und königlichen Kollaborationen (Bowie, Corbijn) front, ist nicht mehr aufzuhalten (wie man bei uns in Köln so gern von sich gibt).
“Ready to start” ist mir noch tagelang in den Ohren und im Kopf, ich ertappe mich dazu singend in Barcelonas Plattenläden.
If I was scared, I would
And if I was pure, you know I would
And if I was yours, but I'm not
Now I'm Ready to Start
Auch wenn der spaßhaft erwartete Gastauftritt von King David Bowie nicht erfolgt: ARCADE FIRE sind so groß. Sie teilen sich zusammen mit Phoenix den Pop-Olymp der Neuzeit.
Kraftlos auf dem Weg das Gelände in die Nacht zu verlassen bleiben noch 15 minutes of fame für
CHARLES BRADLEY - Ray Ban Stage
Da findet gerade ein riesiges Soul Dance Fest statt. Tausende tanzen, schwofen, ausgelassen zu feinstem herzergreifendem Bradleysoul. Mit 60 als Newcomer entdeckt, fährt er damit noch den verdienten Erfolg ein. Mir ist der Scream-Anteil in seinen Songs etwas zu hoch. Wenn ich den rough soul eines James Brown gegen den feinen, subtilen Stoff von Curtis Mayfield abwäge, lande ich halt immer bei Curtis. Aber zum Feiern hat Bradley hier den richtigen Moment erwischt, but to late for me.
VIERNES
Heute müssen wir uns nicht anstellen, da auf der Hidden Stage Wedding Present mit Loop kreuzen. Deshalb beginnt alles nach guten Tapas gegen sechs Uhr.
JOHN GRANT - Heineken Stage
John Grant ist mit seinen beiden Soloalben zu so etwas wie einem persönlichen Held geworden. Großartige Texte, Haltung, das erste Album unverschämt schwelgerisch orchestriert, das zweite elektrolastig mit Remixversion erschienen. Das zeigt Herrn Grant sehr versiert. Das erste mal live war er beim Haldern Pop zusammen mit dem Tim Isfort Orchester, beim zweiten Mal hat er dann im Gloria nahezu zum Tanz aufgespielt. Hier in Barcelona gibt es einen wohlfeilen Mix beider Alben und beginnend mit “Marz” folgen reihenweise Hits. Bei strömendem Regen frönen wir dem GMF. Gut, dass er wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist, nachdem die Czars am Ende waren, er den Drogen frönte und mit seinem späten Coming out jetzt endlich die Befreiung für große Taten gefunden hat.
Auf den Grant-Shirts steht “G.M.F. – Meaning: I’m the greatest Motherfucker you’re ever going to meet.”
LOOP - ATP Stage
Heute spielen de ganzen Legenden, die über 20 Jahre nirgendwo mehr aufgetreten sind: Loop, Slowdive und Slint, am nächsten Tag dann noch Television. Bei allen kann man nicht wissen, was kommt. Insbesondere von den Loop-Herren war lange nichts zu hören. Ende der Achtziger Jahre waren die ganz vorne und sind eine zeitlang auf Augenhöhe mit Spacemen 3 gewesen. Sie sind live großartig und schaffen es mühelos, uns mit dem alten psychedelic-drone stuff richtig was mitzugeben. Dem Loop-Sound hat im Vergleich zu Spacemen 3 immer das Stück mehr Melodie gefehlt, das macht sie aber auch zeitlos und auch heute beeindruckend interessant. Ganz herrlich, Heute ist das Gestern Heute.
SLOWDIVE - Sony Stage
Slowdive sind neben Peter Hook das emotionale Highlight in Barcelona. Auf solche Auftritte wartet man gern mehr als 20 Jahre, denn so lange sind die letzten Live-Auftritte her. Da entsteht eine gewisse Sehnsucht, die ganzen Lieblingsplatten live aufzusaugen. Es ist unglaublich schwer, dieses Setting so zu verarbeiten. Dieser übermächtige Slowdive-Banner, Abendsonne, glückliche, weinende Menschen. Rachel Goswell geht das genauso. Sie ist ergriffen, kann das Szenario nicht ganz verarbeiten und zeigt immer wieder wie dankbar und glücklich sie ist, so was von appreciated. Neil Halstead sieht ja seit einiger Zeit mit dem massiven Haarwuchs etwas verschroben aus. Auch er zeigt, wie wichtig das für alle ist, hier zu spielen. Er sprießt sozusagen vor Spielfreude, die Stücke mäandern, geraten zu lang, so dass am Schluss nicht alles gespielt werden kann. Ihn habe ich vor kurzem noch im Kölner Club King Georg vor 100 Besuchern gesehen, hier aber erhält er die angemessene Anerkennung für seine Werke. “Slowdive”, “Avalyn”, “Catch the breeze”, ein warmer Regen jagd den Nächsten. Unangefochtener Höhepunkt ist “When the sun Hits”, mein ewiges Slowdive-Lieblingslied. Der Sound ist satt, intensiv, man kann gleichzeitig Chor und Luftguitarre übernehmen, die Gitarren liegen sauber geschichtet übereinander. Überragend auch die elfenhafte Rachel Goswell beim Syd Barrett Tribute “Golden hair”. Insgesamt zu kurz leider, und etwas zu leise. Die Slowdive-Reunion ist eine wirklich notwendige unter all den Shoegazing-Bands, sie sind hymnisch, brilliant, unwiderstehlich. Normalerweise kann man nach so einem Konzert nichts anderes mehr aufnehmen, nur einpacken, und ab nach Hause.
Setlist
Slowdive
Avalyn
Catch the breeze
Crazy for you
Machine gun
Blue skied an' clear
Souvlaki space station
When the sun hits
She calls
Golden hair
Aber nicht bei diesem Line-Up, Sehnsucht und desparation abschütteln, schnelles Bier und dann zu den
PIXIES - Heineken Stage
Die neue Platte der PIXIES ist in allen Print- und Onlinemedien übel verrissen worden, wahrscheinlich auch weil ohnehin alle voneinander abschreiben und die Scheiben nicht selbst oder nicht richtig oder nicht häufiger als mit einem Skipdurchlauf hören. Mir egal, ich finde, dieses Doppelalbum hat einige Highlights und setzt auf Bossanova auf; in den guten Momenten im besten wild style der “alten Pixies”. Kim Deal kann man vermissen, muss man aber nicht. Ihr Barcelona-Auftritt mit den Breeders im vergangenen Jahr war eher schwach.
Black Francis kommt direkt zur Sache, jeder Song wird gefeiert, neben uns scheint der spanische Pixies Fanclub zu sein, bis zum letzten Atemzug textsicher. Immerhin gelingt es mit der “Vorsitzenden” dieser Gang eine Sternschnuppe vom Himmel zu holen. Schreien, Tanzen, ausgelassen Feiern, ein Geschenk der Pixies, Helden aller Zeiten.
Debaser!
Gigantic!
Monkey gone to heaven!
Where is my mind?
Sehr sehr glücklich.
SLINT - ATP Stage
Never seen, kommt auch diese verehrte Band aus den Löchern und steht nun hier auf der Bühne. Vereinzelt sind sie wohl in den vergangen Jahren immer mal aufgetreten, aber Platten kommen nicht mehr so richtig nach, statt dessen wurde zum Record Store Day eine unverschämt teuee Box des Gesamtwerks offeriert. Die Urväter des Postrock, vielleicht auch des Slowcore sind live eine Wucht und spielen sehr überlegt und konzentriert. Ein solcher Auftritt zu Mitternacht birgt natürlich die Gefahr des downers, aber im Gegenteil: man muss hellwach sein, um diese wunderbaren Gitarrenkapriolen aufzusaugen und zu kapieren. Wie gern würde ich gleich anschließend Codeine sehen.
DARKSIDE - Ray Ban Stage
Ich beschließe diese Nacht mit Darkside. Das Album habe ich mir letztes Jahr aus London mitgebracht und seitdem sehr häufig aufgelegt. Insgesamt ist es ein ruhiges Werk, so dass ich dachte, hier nun ganz smooth auf den Treppen vor dieser Meeresbühne in die Nacht entlassen zu werden. Dem war nicht ganz so. Denn der Livesound ist überragend, fette Beats, treibende Drums, ein Spektakel. Superguitarre, Lightshow with stripes, dichter Nebel. Sehr deep. Darkside on the seaside.
SÀBADO
Am dritten Tag heißt es früh anstellen, um Buzzcocks - Tickets für die Hidden Stage zu sichern, anschließend lange und entspannt Tapas Essen und dann mit dem Highlight starten:
TELEVISION performing MARQUEE MOON - Sony Stage
Der optische Ausdruck dieser Band ist unspektakulär und unprätentiös, ganz das Gegenteil der Arcade Fire -Performance. Vielleicht spielen die dann in 35 Jahren “Funeral” auch mal so locker aus der Hüfte.
Television haben sich mit DER Gitarre und DER Stimme so tief in mein Herz gebrannt, dass ich sicher nicht objektiv sein kann. Auf unzähligen Musikabenden den Kumpels vorgespielt, diese sauabgenudelte Platte, immer wieder “Elevation”, Prove it”, “The dream‘s dream“, “Marquee Moon”. Wie wunderbar, das live erleben zu dürfen. Mir wurde gesagt, dass in der spanischen Presse tags darauf bemängelt wurde, dass die Gitarren und der Gesang nicht schräg genug waren. Ja, ich hätte es dazu auch gern lauter gehabt. Aber Tom Verlaine ist dennoch eine Erscheinung und immer wenn die Guitarre flirrte und der Gesang überbrach war die Gänsehaut da. Einzigartig.
Am Schluss hebt Fred Smith, einst RichardHellErsetzter, Blondiemember und PattiSmithEhelicher, den Helden nochmals für alle Ahnungsvollen und Ahnungslosen heraus, Mr. Tom Verlaine.
CAETANO VELOSO - Ray Ban Stage
Es erwartet uns nun der 71jährige Caetano Veloso mit allen Registern. Auffällig ist die arty Bühne mit den Staffeleien; ein Mann, der mit allen Salben gesalbt ist, Brasilia, Tropicalisma, Bossa Nova, Soundtracks, neue Musik, New und No Wave Elemente, der Mann hat in den vergangenen Dekaden alles gemacht. Und mit jedem: Gilberto, Nascimento, Byrne to name a few. Und den Grammy eingeheimst. Outstanding, hochrelevant und das Volk dabei umarmend. Coole Band dabei, jung.
Bei “A Bossa Nova è foda” flirrt seine Stimme davidbyrnesque, Baby ist eine wunderschöne, spröde Ballade, hier ist nichts peinlich, alle können sich einigen auf diesen großartigen Performer. Starbarde mit Prädikatsfalsett? No, no, das wäre zu wenig, er ist ein weltumarmender Held. Obrigado.
GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR - ATP Stage
Mit dem Wissen, dieses Konzert nur 40 Minuten von den angesetzten zwei Stunden sehen zu können, kann man sich leider nur auf zwei Songs dieses fulminanten Kollektivs freuen. Ganz darauf einlassen und abtauchen fällt deshalb leider etwas schwer. Here comes Epic Post Rock Galore, Soundschichten zum abarbeiten, Luftgitarre spielen, Augen zu machen und bei den explosionsartigen Ausbrüchen jubeln.
Nun warten aber ganz andere Helden vergangener Tage auf uns:
BUZZCOCKS - Heineken Hidden Stage
Manchester 78- Peter hook hat uns zwei Abende zuvor eindringlich darauf hingewiesen: ohne die Buzzcocks hätte es Joy Division nicht gegeben. Zum 15jährigen Bandjubiläum kamen sie damals schon auf Revivaltour, 30 Mark, live Music Hall, das war großartig, jetzt sind es 36 Bandjahre und manche Bands brauchen eben nur die paar Songs, denn sie sind so gut.
Weinen, Lachen, Erinnerungen, Luftgitarre spielen, Tanzen, What do I get, Ever fallen in love, Orgasm addict. I don’t mind.
Pete Shelley trägt einen lustigen Zwergenbart, Steve Diggle ist drahtig und hält die Punk Attitüde von 1978 hoch. Vollgas, mitten in die Fresse, ein exklusiver Punkgig.
SEUN KUTI & EGYPT 80 - Ray Ban Stage
Seun hat nach dem Tode seines Vaters Fela Kuti dessen Band , das Saxophon und den Gesang übernommen. Seit dem Moerser Jazzfestival um die Tanzflashverbreitung dieser Combo wissend, geht es straight ahead direkt vor die Bühne.
Beats, Rasseln, Saxophon, Tänzerinnen, Trance, die Nigerianer hauen alles rein. Die Hintern wackeln wie Pudding, Seuns stählerner Body wird ausgetanzt. Rhythm, rhythm, rhythm. Das Publikum verliert sich im Rhytmusrausch. Grosse Smartphones gewinnen an Bedeutung, man lernt ja nie aus, SpiegelApp angemacht und auf dem Riesensamsung wird tanzend gekokst. Wir bekommen dagegen auf den iphones nicht mal ein Bier abgestellt. Die Songs 8-10 Minuten lang, das könnte immer so weiter gehen, good pusher for the night.
MOGWAI - ATP Stage
Die Konzerte gehen ineinander über, die Stimmungswechsel muss man vertragen können. Für Mogwai bin ich immer bereit. Die haben sich bestimmt auch Slint angesehen. Über Mogwai ist besonders in diesem Blog so viel gesagt, dass ich mir die Huldigungen spare. “Remurdered” vom letzten Album ist auch live wieder eine Erscheinung und sie werden, obwohl es kaum möglich ist, immer besser. Ich werde angesprochen von ein paar Glasgowern, eine davon ist die Freundin von Gitarrist John Cummings. Sie sind unglaublich stolz darauf, welchen Status sich Mogwai erspielt haben, aber ganz erstaunt, dass ich aus Deutschland anreise, um sie zu sehen. Ich erzähle, dass ich seit “Mogwai Young Team” bei allen Touren war und nicht genug von der Band bekomme, weil die Entwicklung so konstant und bemerkenswert ist. Die Glasgower wie die Spanier sind euphorisiert und Bangen die Nacht.
Last but Not least:
BLACK LIPS
Jetzt geht’s um drei Uhr nachts noch mal richtig ab, garage. Atlanta Psychedelic Punk. Zitat zu den Black Lips aus dem US-Wiki: The Black Lips are noted for provocative theatrics – including vomiting (Cole's medical condition), urination, nudity, electric R.C. car races, fireworks, a chicken, flaming guitars and other un-predictable antics. Das gab‘s so hier nicht, aber sie waren wild, das Publikum auch, Drogen waren im Spiel, Aggression, Freude. Die ziehens durch. Die neue Scheibe ist auch wieder so tief und glaubhaft, so Stooges und Sonics, so garagenpop wie der neue Hit „Funny“ Wow. Alles endet hier und heute in einem formidablen Gegenkultur-Slogan: JUSTICE FOR ALL! Wir sehen uns in Haldern.
Im Gegensatz zur Meinung eines TAZ-Kolumnisten http://www.taz.de/!139513/ treibt einen die Besessenheit von Musik zu dem sicher bestbesetzten Festival Europas, dem Primaverasound. Meine Wahrnehmung ist der des nicht genannten Schreibers der TAZ gegenüber diametral entgegengesetzt. Die Masse des Publikums besteht eben nicht aus Mädchen mit Blumen im Haar, sondern überwiegend aus Musiknerds, die ausschließlich zum Erleben besonderer Konzerte vor besonderer Kulisse anreisen. Merkwürdig, dass in einem solchen Artikel keine Musik besprochen wird.
Buenas noches amigos.
John Ross Ewing