Politische Filme – Aktuell

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  10. Februar 2014, 17:14  -  #Filme


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Eine mächtige Genrebezeichnung! Und sicherlich gibt es auch hier entsprechende Einwände und angestrengte Nörgler, die nochmals nach Thriller und Drama differenzieren.  Ich persönlich halte es ja mit Filmen -aus cineastischer Sicht- ehr mit amerikanischer Gelassenheit. Etwa so, wie James Schamus (Produzent vieler Ang Lee Filme, Ex-Vertriebsleiter bei Miramax und Jurypräsident der diesjährigen Berlinale); der auf die Frage, ob er denn die kommenden Filme des Festivals als Produzent oder als Drehbuchautor betrachte, die einzig richtige Antwort gab: „Nein, als kleiner Junge der mit Popcorn im Kino sitzt und Filme liebt!“.

In diesem Artikel soll es sich aber auch nicht um die Definition einer Genrebegrifflichkeit handeln, sondern um zwei aktuelle Filme, die man vielleicht irgendwo zwischen „Die Unbestechlichen“ und „The Ides of March“ einordnen kann.

Vielleicht dann aber doch noch eine persönliche Sicht, um Missverständnisse zu vermeiden!

Ich sehe überhaupt keine Renaissance des politischen Films in Amerika. Filme die sich mit
Geschichtsbewusstsein, aktuellen Bedrohungen oder inneren Transmissionen beschäftigen gab es immer. Natürlich ist die Referenz zur aktuellen politischen Lagen und der Weg zum Mainstream, immer
dann interessant, wenn die amerikanische Regierung in Hollywood seine Aktien ausspielt und die Dramen außen- und innenpolitisch beeinflusst. 
Zusammengefasst: „Denn mindestens so wichtig wie das Bild, das einem im Film begegnet, ist der Blick, mit der es der Zuschauer betrachtet!“, wie Autor Michael André es richtig zum Thema „Der
politische Film“ unter www.getidan.de zusammengefasst hat.

Die Filme „The East“ (Zal Batmanglij) und „The Company You Keep“ (Robert Redford) sind aus mehrfachen Gründen interessant!

„The East“ (2013) war der letzte Film an dem Deckards und mein Lieblingsregisseur der
zweiten Reihe, Tony Scott,  als Produzent beteiligt war, während Robert Redford natürlich neugierig macht, ob er im  gleichen Produktionsjahr, also 2013, noch immer in der Lage ist, eine komplexe Geschichte, unterhaltsam zu erzählen und dabei den ewigen jugendlichen Dandy weiterhin verkörpern kann.  „The East“ ist weiterhin als interessant zu bewerten, da auch Tony‘s Bruder Ridley einen Hauptteil des Produktionsetats
mit beisteuerte und der Film im Gegensatz zu „The Company You Keep“ eine echte Indie-Produktion ist.

Beide Filme beschäftigen sich mit der „inneren Unsicherheit Amerikas“. Während Redford
seine Terroristengeschichte politisch gesehen bei einer Undergroundorganisation zu Zeiten des Vietnamkrieges ansiedelt, die Konsequenzen der Einzelnen Protagonisten aber in der Gegenwart spielen
lässt, bezieht sich „The East“ auf eine Gruppe von Umweltterroristen im Jetzt. Das zentrale Thema Tod des Idealismus ist in der sachlichen Gewichtung beider Filme mehr Unterhaltung, weniger
politische Abwägung des Handels. Worunter weder die Glaubwürdigkeit der Charakter im aktuellen Wiederstandsaufgebot „The East“ noch bei den Old-School-Rebellen aus vergangen Tagen leidet.

Beide Filme leben von den sehr guten Schauspielern, der spannenden Geschichte und einer
flüssigen Erzählform, wie wir es ehr von Filmen aus der großen alten Zeiten gewohnt sind. „The East“ gewinnt hier mit einem leichten Vorteil, weil er auf einem seltsamen subtilen Weg, einige
kluge Metaphern findet, die für unpolitische und meinungslose Zuschauer ehr verstörend sind. Redford ersetzt diese von ihm nie erwartete Kunst, durch ein angenehmes sensibles Old School
 Erzählkino.

Interessant ist der unterschiedliche Aufbau der Dramaturgie. Redford setzt auch bei dieser
Disziplin auf das Pferd Unterhaltung,  und zwar,  von der ersten Minuten an. Der  vorweg genommene Höhepunkt des Films ist eine atemberaubende  Dialogsequenz zwischen der nach 30 Jahren verhafteten
Terroristin Sharon Solarz (Susan Sarandon) und dem Alter Ego Robert Redford, Ben Shepard (wirklich, wirklich sehr gut: Shia LaBeouf). 

„The East“ wartet mit konsequent geführten Spannungsbogen in hektischer Tony Scott Manier
auf, während die ruhiger geführten Sequenzen in der bewaldeten Zentrale der grünen Terror-Kids ehr von esoterischen Gleichmut geprägt sind. Manchmal hat man den Eindruck, dass dem charismatischen
Alexander Skarsgard (Benji) gleich ein Einhorn hinter dem Baum erscheint. Schlimmer wird es aber nicht! Denn alleine die innerliche Verwandlung von Brit Marling (Sarah Moss), die auch in Redfords
Film in einer Nebenrolle glänzt, ist sehenswert und trägt den Film.

Obwohl Handlungen und Charaktere nachvollziehbar sind, fehlt zeitgemäß eine konkrete
Stellungnahme, bei beiden Filmen.  Das Miss- bzw. Vertrauen in die Zurechnungsfähigkeit des Wiederstandes wird nicht thematisiert.

…und da ist es wieder dieses unangenehme Gefühl der Divergenz. Einerseits die entspannte
Haltung des anfänglich zitierten Schamus, andererseits der fehlende Wille eine klare Oppositionshaltung einzunehmen. Denn die Frage nach der Moral und der Rebellion wird in beiden Fällen
aufgerufen, aber final nicht beantwortet. Redford und insbesondere das Gespann Batmanglij/Marling (beide sind verheiratet, kommen vom Indipendent Kino, haben selbst Monate im Wald gelebt und
stellen sich in Interviews ehr sympathisierend auf Seite der alternativen Bewegungen) sind zu gleichmütig, was das Thema politische Haltung angeht. Und dabei geht es ja immer noch Fragestellungen
die das Gemeinwesen angehen und nicht die der eigenen (Unter-)Haltung.

Trotzdem zwei absolut sehenswerte Filme, zum Streiten, nachdenken, sich mitreißen lassen
oder zum Popcorn essen.

Alan Lomax

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