Navajo Joe - Sergio Corbucci

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  15. April 2012, 10:50  -  #Filme

Navajo-Joe.jpg

Die volle Bandbreite des Italo-Western in 88 min lässt sich in dem Film aus dem Jahr 1966 bestaunen und macht wieder Lust auf ein Genre, dass abseits der Mythen eines John Ford oder Howard Hawks für Furore sorgte.

Der Westen ist dreckig, schmutzig, staubig und abgrundtief böse. Keine Figuren mit denen man sympathisieren möchte, keine Helden, kein Pathos. Schnell und ohne unnötige Verzierungen kommt Sergio Corbucci zur Sache: eine Bande ruch- und skurpelloser Banditen meuchelt Indianer um der Skalps willen. Auf ihrem Weg zurück nach dem Massaker sehen sie plötzlich auf einer Anhöhe einen Indianer, der die Bösewichte verfolgt und begleitet von den Klängen Ennio Morricones nur noch eines im Sinn hat: Rache!

Das archaische Motiv des Western schlechthin, welches von Sergio Leone in Vollendung zelebriert wurde, dient Corbucci für einen Feldzug geprägt von Brutalität, Sadismus und Unnachgiebigkeit. Ausführender Racheengel ist der später zu Ruhm gekommene Action-Star Burt Reynolds (warum gibt es auf dieser Seite noch keinen Eintrag in 'Vergessene Helden'?).

Navajo Joe ist einer der ganz wenigen Italo-Western, der dem Native American eine tragende Rolle zukommen lässt. Allerdings hat Reynolds hier kaum Text und auch wenig Möglichkeiten schauspielerisch aufzutrumpfen. Seine Rolle ist fast ausnahmslos physisch angelegt: Er reitet, springt und kämpft wie ein Besessener. Dabei kommt dem ehemaligen Stuntman seine Ausbildung zu Gute und sorgt für Authentizität. Auch physiognomisch ähnelt der Mime den Ureinwohnern Amerikas nicht von ungefähr: Ein Teil seiner Vorfahren waren Cherokees.

Sein Gegner ist Aldo Sambrell und der von ihm dargestellte Charakter ist wie alle Bösewichte und Schurken in den Italo-Western: keine Gewissenslast, haltlos böse und ohne jede Moral.

Es kommt zu einem Showdown auf einem Indianer-Friedhof.

Koch Media hat den Western Ende letzten Jahres in einer liebevollen Edition veröffentlicht und mit einem sehr informativen Booklet von Steffen Wulf versehen, der sehr leidenschaftlich und ausführlich nicht nur über den Film schreibt, sondern diesen Western auch in einem filmhistorischen Kontext beleuchtet. Man muss an dieser Stelle die Macher wirklich loben, da es solche Editionen nur noch selten gibt. Auf der DVD werden die Witwe des verstorbenen Regisseurs interviewt, als auch sein damaliger 1. Regieassistent.

Für mich als Cineasten und Bewunderer des Western-Genre war das ein Anstoß für ein persönliches Revival des Italo-Western, insbesondere auch die Filme eines Sergio Corbucci. Als nächstes werde ich mir seinen eindrucksvollen Western 'Il Grande Silenzio' ansehen mit Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski in den Hauptrollen, in dem schlicht alles negiert wird. In seinem Nihilismus ist er fast als Vorläufer von 'Se7en' zu sehen, auch wenn das sehr weit hergeholt ist.

Navajo Joe bietet 90 min lässige Unterhaltung mit Action Szenen und Shoot-Outs, einem Titelhelden mit Berserker-Qualitäten, herrlich nachlässig-schlampiger Inszenierung und trotz der Ernsthaftigkeit auch mit vielen humorvollen Momenten.

Aus Almeria,

Rick Deckard

 

Bildquelle: Copyright Koch Media, United Artists/ MGM

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: